Wir haben mit echten Horror-Clowns gesprochen
Alle Fotos: Grey Hutton

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Wir haben mit echten Horror-Clowns gesprochen

"Menschen schreiben uns: 'Ich stech dich ab mit Stich ins Herz'. Das sind Leute, die gesehen haben, dass irgendwelche Clowns olle Sachen machen. Jetzt wollen die uns abstechen."

Der Gruselclown-Trend ist in Deutschland und Österreich angekommen. In Wien wurden sie am Praterstern und auf einem Spielplatz in Favoriten gesichtet. Weitere Vorfälle gab es auch in Salzburg, Bruck an der Leitha und in Villach.

In Deutschland ist bisher nur ein einziger Fall bekannt, in dem einer dieser Clowns andere Menschen tatsächlich angegriffen hat—der Großteil scheint sich bis jetzt aufs Erschrecken zu beschränken.

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Diese Aktionen machen immer mehr Leute so wütend, dass sie offen zur Gewalt gegen Clowns aufrufen. Die Bild hat bereits einen Ratgeber mit dem Titel "Darf ich zuschlagen, wenn mich ein Clown erschreckt?" veröffentlicht. Auf Facebook hat die Gruppe "Stoppt die Killer Clowns in Deutschland" bereits über 50.000 Likes, und auch sie ruft zur "Jagd" an Halloween auf.

All das macht nicht nur der Polizei Sorgen, sondern auch echten Clowns. Die Mitglieder der Truppe CLOWNed aus Berlin unterhalten schon seit Jahren Menschen mit ihren gruseligen Kostümen—aber nur auf Veranstaltungen, bei denen alle wissen, dass sie Schauspieler sind.

Letzte Woche hat die Truppe ein Video auf Facebook gepostet, in dem sie sich in aller Form von den ungebetenen Grusel-Clowns distanzieren. Dafür bekamen sie viel Zuspruch, aber auch Gewalt- und sogar Morddrohungen von Usern, die sie offenbar nicht von den böswilligen Grusel-Clowns unterscheiden können. Uns haben die CLOWNed-Mitglieder—Spanky, Penny, Hooter Scooter, Johnny und Kitty—erzählt, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Hobby sich plötzlich gefährlich anfühlt.

VICE: Warum wird eure Botschaft derart missverstanden?
Kitty: Zuerst haben wir nur positive Rückmeldungen bekommen. Dann wurde das irgendwo geteilt und der Zusammenhang ging verloren, oder Leute haben sich nur die Bilder von uns angeschaut. Dann ging das ganz schnell ins Negative über, von Beleidigungen zu Gewaltandrohungen zu Morddrohungen.

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Johnny: "Ich stech dich ab mit Stich ins Herz", war der krasseste Post. Das sind Leute, die gar nicht nachgedacht haben. Die haben gesehen, dass irgendwelche Clowns irgendwo olle Sachen machen. Und jetzt wollen die uns abstechen.

"Johnny Doeh"

Kitty: Ich kann emotionale Reaktionen auch irgendwie verstehen—maskierte Leute sind natürlich unheimlich. Aber Selbstjustiz, Hetze, Beleidigungen und Drohungen, das kann ich nicht verstehen.

Habt ihr jetzt Angst, dass Leute euch angreifen könnten?
Penny: Ja, definitiv. Wir machen ja auch Outdoor-Veranstaltungen, wo wir uns nicht vor Ort schminken können. Normalerweise schminken wir uns zuhause und fahren dann dahin—aber im Moment ist das Risiko einfach zu hoch, dass uns jemand auf dem Weg angreift.

Kitty: So gehen uns momentan potenzielle Jobs flöten.

"Kitty"

Ihr seid also nicht so begeistert von diesem Trend, was?
Alle: Absolut nicht!

Spanky: Es geht ja nicht nur darum, dass wir Jobs verlieren. Sondern darum, dass der Ruf des darstellenden Clowns einfach total in den Dreck gezogen wird von irgendwelchen Idioten, die ein bisschen Medien-Hype wollen und nachts auf der Straße Scheiße machen. Noch schlimmer ist, dass auch wirklich Leute zu Schaden kommen! Dann kommt diese Selbstjustiz dazu, dass Leute allen Clowns auf die Fresse hauen wollen—das ist genauso schlimm.

"Spanky"

Johnny: Das ist ja auch eine Gefahr für die Allgemeinheit. Es gibt jetzt auf Facebook Gruppen, die wollen sich an Halloween treffen und "Clowns klatschen". Der Clown gehört seit Jahrzehnten zum Repertoire des Horrors. Was, wenn jetzt jemand eine Clownsmaske kauft und auf dem Weg zu einer Halloween-Feier von so Blindgängern verletzt wird? Das ist gefährlich für alle, die Spaß an Halloween wollen.

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Wie erklärt ihr euch das Phänomen eigentlich?
Penny: Das hat angefangen mit Prank-Videos in Amerika, wo Leute sich nachts in Parkhäusern oder ähnlichem versteckt haben, um Leute zu erschrecken. Teilweise mit Puppen, wo sie draufgehauen haben und wo es dann so aussah, als ob der Schädel platzt. Die haben halt jede Menge Klicks generiert und so Trittbrettfahrer angezogen.

"Penny"

Kitty: Das ist im Grunde wie die "Yallahs", das waren so Leute die sich als Muslime verkleidet und dann Taschen in Menschenmengen abgestellt haben oder so. Das haben auch ein paar deutsche YouTuber gemacht—und sind damit ganz schön aufgelaufen. Das ist eben nicht lustig.

Hooter Scooter: Wir erschrecken Leute ja auch. Aber nur im Rahmen von Veranstaltungen, wo alle wissen, dass wir da sind. Wenn wir merken, dass Leute echt Angst bekommen, gehen wir sofort auf Abstand und fallen in eine andere, lustigere Rolle.

"Hooter Scooter"

Was glaubt ihr, wie das mit den Grusel-Clowns weitergeht?
Johnny: Das ist bald vorbei. Es wird was Neues kommen, und dann haben das alle vergessen.

Kitty: Halloween ist ja bald vorbei, dann gibt es auch keine Clownsmasken mehr zu kaufen. Und dann kommt erstmal Weihnachten.

Johnny: Da kommt dann einer als Weihnachtsmann verkleidet und überfällt eine Pizzeria. Und dann wollen sie alle Weihnachtsmänner klatschen.