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Die Luft-Show des Bundesheers kostet Millionen an Steuergeldern und niemand weiß, wofür

Ein neuer Rechnungshofsbericht zerpflückt die Schlampereien der "Airpower". Nicht einmal der Veranstalter weiß, warum es sie braucht. Im September findet sie trotzdem wieder statt.

Foto: Horst Gorup / Bundesheer

Fast alles falsch gemacht—so könnte man den eben veröffentlichten Rechnungshofbericht zur Airpower zusammenfassen. Der Rechnungshof überprüfte die 2013 abgehaltene Airpower, zwei Wochen vor der nächsten präsentiert er seine Erkenntnisse. Nur an zwei Stellen des 56-seitigen Berichts kann der Rechnungshof die Entscheidung der Veranstalter "nachvollziehen", überall sonst hagelt es Kritik Richtung Verteidigungsministerium (BMLVS) und Land Steiermark. Ein glatter Verriss, den wir hier für euch zusammenfassen. Bitte zum Facepalmen bereit machen.

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Die Airpower ist ein Millionengrab. Knapp 12 Millionen Euro kostet die Organisation von zwei Tagen Flugzeug-Anschauen. Natürlich ist nicht alles, was viel Steuergeld kostet, schlecht. Je wichtiger der Zweck ist, desto höher müssen die Mittel sein. Das ist allerdings der Punkt an dem der Rechnungshof symbolisch die Hände in die Luft streckt und sagt: "Hallo Freunde, wir würden gerne die Zweckmäßigkeit prüfen, aber in diesem Fall geht das nicht." Die Airpower hat nämlich keinen wirklich eruierbaren Zweck, außer dem schwammigen Ziel, "eine breite Öffentlichkeit über Leistungsfähigkeit und Notwendigkeit von Luftstreitkräften zu informieren". Der Rechnungshof kritisiert, dass es keine messbaren Indikatoren zur Zielerreichung gibt—und auch keine Evaluierung der Ziele. Wer will schon wissen, ob eine der größten Airshows Europas etwas bringt?

Die Veranstaltung ist nicht erst seit diesem Rechnungshof-Bericht in der Kritik. 2009 empfahl der Chef des Generalstabs dem damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ), das Event nur alle drei statt alle zwei Jahre durchzuführen. Andernfalls müsse man ein ständiges Organisationsbüro einrichten. Weder aus dem Drei-Jahres-Intervall noch aus dem Organisationsbüro wurde etwas. Die Entscheidung fiel laut Rechnungshof ohne Kosten-Nutzen-Abwägung. Ein Schelm, wer dabei an Arnold Schwarzeneggers Auftritt in den Simpsons denkt: "Die haben mich gewählt, um zu lenken, nicht um zu denken. Nummer drei!"

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Genehmigungen und Bescheide einholen ist lästig. Das hat sich offenbar auch das Verteidigungsministerium gedacht und gemeint, die Airpower sei eine Sache der Hoheitsverwaltung. Somit galten die vielen Auflagen des steiermärkischen Veranstaltungsgesetz nicht, obwohl auf der Airpower viele privatwirtschaftliche Geschäfte (Gastro-Meile, Go-Kart, Merchandising und so weiter) zu finden waren.

Der Rechnungshof kritisiert, dass es dafür sehr wohl eine behördliche Genehmigung gebraucht hätte. Das Verteidigungsministerium holte sie aber einfach nicht ein; der Bezirkshauptmannschaft Murtal wars egal. Das BMLVS durfte so Grundwehrdiener für zivile Arbeiten einspannen und sparte sich die Amtshaftung, eine Haftpflichtversicherung, und die vielen Maßnahmen zur "Sicherung des ordnungsgemäßen Veranstaltungsablauf". 300.000 Besucher auf einem Event ohne Genehmigung—das ist eine nette Anekdote für leidgeplagte Straßenfest-Veranstalter.

Den Begriff "Waffenschau" vermeidet das Bundesheer in seiner Kommunikation. Der Veranstalter spricht von einer "Airshow" und einem "Familienfest". Foto: Horst Gorup / Bundesheer

Dass die Bezirkshauptmannschaft nichts unternahm, könnte daran liegen, dass sie indirekt Partner des Events ist. Das Land Steiermark fördert die Airpower mit 800.000 Euro, was der Rechnungshof für rechtlich unzulässig hält. Förderungen müssen für mehrere Personen—zumindest theoretisch—zugänglich sein. Das ist hier nicht der Fall. Somit fördert eine Landesregierung ein Bundesministerium (auch das ist nicht erlaubt).

Aber das ist nicht alles: Das Land Steiermark hatte laut Rechnungshof weder eine Strategie noch eine Evaluierung, was dieses Geld dem Bundesland bringen soll. Das Land bekam nicht einmal, was in den Förderbestimmungen gesetzlich festgeschrieben ist—nämlich die Logo-Verbreitung auf allen Werbemittel. Das Bundesheer ließ das Grüne Herz einfach weg und das Land protestierte nicht, sondern überwies brav die 800.000 Euro (und das auch noch auf ein falsches Konto des Bundesheers, wie der Rechnungshof kritisiert).

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Nicht weniger heikel ist die Partnerschaft mit Red Bull. Der Konzern zahlte 905.000 Euro an Sponsoring—ohne Ausschreibung. Ob das Verteidigungsministerium dafür eine Gegenleistung bekommt, wurde nicht geklärt. Fix ist nur, dass den Dosen-Mitarbeitern umfangreiche Beraterkompetenzen eingeräumt wurden. Sie haben die Möglichkeit, an allen internen Sitzungen teilzunehmen—auch bei Themen der Amtsverschwiegenheit, des Datenschutzes und Vergaberechts. Hat sich hier ein privater Konzern in die staatliche Verwaltung eingekauft? Laut Rechnungshof besteht zumindest ein "Spannungsverhältnis".

Mit nur 100.000 Euro mehr als das Land Steiermark ist Red Bull Logo-Partner—und das für immer. Obwohl die Rechtsabteilung des BMLVS vor dieser sittenwidrigen Knebelung warnte, ging das Ministerium mit dem Getränkekonzern einen unbefristeten Vertrag ein. Das Logo bleibt—auch, wenn Red Bull aussteigt oder sein Sponsoring drastisch kürzt. Der Getränkekonzern erreicht somit seine Marketing-Ziele, ohne einen Finger zu rühren, während das Ministerium immer auf diesen einen Sponsor angewiesen ist. Und falls es noch eine Rolle spielen sollte: Einen Bescheid, dass ein privater Konzern das militärische Hoheitszeichen (!) verwenden darf, gibt es nicht.

Auch die "kleineren" Fehler stinken ziemlich oder stoßen zumindest jedem braven Steuerzahler sauer auf. Ein paar Beispiele:

  • Das BMLVS erteilte um 97.500 Euro den Auftrag zur Gestaltung des Airpower-Magazin an ein Red Bull nahe Agentur—ohne Vergleichsangebote einzuholen oder den Preis auf seine Angemessenheit zu prüfen.
  • Das BMLVS holte um 25.000 Euro einen externen Rechtsberater, obwohl laut RH nicht sicher ist, ob Bedarf dafür bestand.
  • Das BMLVS erteilte den Bierauftrag nicht gesetzeskonform. Kurz vor Zuschlagerteilung verbesserte ein Anbieter sein Angebot. Hat ihm jemand die Zahlen des Kontrahenten verraten?
  • Das BMLVS schlampte beim Catering-Auftrag und musste den Anbieter wechseln. Dem alten Anbieter, der 500 Euro teurer war, musste das Ministerium 5.500 Euro Schadenersatz zahlen.
  • Das BMLVS mietete 2013 um rund 100.000 Euro zu viele Parkplätze an. Die Parkplätze waren nämlich durchschnittlich nur zu 46 Prozent ausgelastet.
  • 2011 waren 33 Feuerwehrorgane vor Ort, 2013 wurde ein Vertrag über 43 abgeschlossen. Das Einsatzkonzept erfasste dann 75 Organe, eine sachliche Rechtfertigung dafür fehlte. BMLVS und Land Steiermark zahlten trotzdem.
  • Am Ende der Airpower feierten alle Mitwirkenden beim "Mitarbeiterabend" auf Steuerkosten. Aufzeichnungen der Teilnehmerzahl oder der Gesamtkosten gibt es nicht. Auch über die Aufwendungen für die Getränkeversorgung der Ehrengäste gibt es keine Aufzeichnungen.

An dieser Stelle könnte man einwerfen, dass Großveranstaltungen nie perfekt ablaufen und Menschen nunmal Fehler machen, ehe sie lernen und besser werden. Die Airpower aber wird 2016 bereits zum achten Mal veranstaltet (1997 und 2000 noch unter dem Namen "Internationaler Flugtag"). Nach fast 20 Jahren an Erfahrungen sind Fehler, die leicht zu vermeiden wären, aber viel kosten, nicht mehr so einfach zu entschuldigen. Die großen Fehler, nämlich nicht zu wissen, warum man eine sündteure Waffenschau eigentlich genau veranstaltet, schon gar nicht. Oder vielleicht doch. Ist ja nur Steuergeld.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner