Eine kritische Auseinandersetzung mit den 'Ö3-Sternstunden' von Gerda Rogers
Die Biografie von Gerda Rogers.

FYI.

This story is over 5 years old.

Astrologie

Eine kritische Auseinandersetzung mit den 'Ö3-Sternstunden' von Gerda Rogers

Seit 25 Jahren stellt Gerda Rogers auf dem reichweitenstärksten Radiosender Österreichs die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft sowie die Errungenschaften der Aufklärung indirekt in Frage.

"Meine Lieben da draußen, rufts an! (…) Wir wollen die interessantesten Fälle", sagt Gerda Rogers in einem Facebook-Video von Ö3, "alles, was das Schicksal bietet, versuchen wir hier mithilfe der Sterne zu beantworten." Dann zählt sie ein paar Beispiele auf:

  • Soll ich mich scheiden lassen?
  • Will ich Kinder?
  • Wie schaffe ich die Prüfung?
  • Ich habe mit meinem Freund gestritten: Kommt er wieder?
  • Ich wurde verlassen: Habe ich noch eine Chance?

Anzeige

Gerda Rogers behauptet, anhand der Sternenkonstellation zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen oder der Gründung einer Organisation, jede Frage beantworten zu können. "Woher wir kommen, wohin wir gehen und vor allem: wohin wir gehen sollten – all das sieht man in einem Geburtshoroskop", schreibt sie in ihrer im Jahr 2000 publizierten Biografie. Der Lebensweg sei von den Sternen vorgezeichnet, man müsse die Dinge nur "auf sich zukommen lassen" und verstehen lernen, wie man die Sterne interpretiert.

Sie, die "offenbar in Hinblick auf die praktische Interpretation von Horoskopen über ein besonderes Talent verfügt", ist dafür bekannt, auf unglaublich konkrete Fragen unglaublich konkrete Antworten zu geben. Wie Richard Lugner ist ihr keine Frage zu blöd. Wie Peter Filzmaier gibt sie derartig präzise Antworten, dass sie ohne weiteres Zutun druckfähig sind.

Die Idee, Horoskope weder schwammig noch allgemein zu formulieren, war für sie Anfang der 90er der ganz große Wurf. Die auf den ersten Blick banal wirkende Formel ist nicht nur ihr Sendungskonzept für Ö3, sondern auch ihr mediales Erfolgsgeheimnis und Alleinstellungsmerkmal.

"Der Saturn steht bei ihr genau am Neptun im Partnerschaftshaus. Die Illusion, die sie hat, wird nicht wahr werden. Das Ganze wandert dann weiter. Der Saturn steht jetzt dann im Steinbock. Achtes Haus. Rauf zum Ding. Alles, was im siebten Haus schließt, stirbt im achten Haus wieder. Romance Ja, Ehe Nein." – Beispiel einer Interpretation aus den Ö3-Sternstunden, März 2016

Anzeige

Denn: Medien lieben konkrete Antworten. Je zugespitzter eine Aussage ist, desto besser verkauft sie sich. Kaum jemand interessiert sich für allgemeine Feststellungen und Meinungen, die der Urheber mit vielen Differenzierungen relativiert. Ein gewöhnliches Horoskop liest sich so: "Im November bekommen Sie vielleicht noch einmal die Chance, ihn für sich zu gewinnen." Das kann alles und nichts heißen. "Mit dem sicher nicht", sagt hingegen Gerda Rogers auf die Frage einer Anruferin, ob sie mit der aktuellen Affäre glücklich werde.

Gerda Rogers gibt wohl deshalb so stichhaltige Antworten, weil sie zutiefst von ihren hellseherischen Fähigkeiten überzeugt ist. Astrologie sei "beileibe keine Glaubensfrage", schreibt sie, "es ist eine Erfahrungssache."

Mit dieser radikalen Auffassung über die Macht der Astrologie ist Gerda Rogers in ihrer Branche weitgehend ohne Konkurrenz. Oder frecher formuliert: Sogar Astrologen schrecken vor so viel Hokuspokus zurück. So heißt es etwa in der "Ethik-Richtlinie" der gewerblichen Astrologen, die bei der Wirtschaftskammer als Berufsgruppe gelistet sind:

"Der verantwortungsbewusste Astrologe wird (…) bei der Interpretation von Horoskopen die Klienten mit Empathie und Respekt begegnen, ihre Willensfreiheit anerkennen (…) und sie ermutigen, ihre Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen." Er wird "niemals Klienten durch Horoskop-Interpretationen unter Druck setzen oder ängstigen und im Bewusstsein der Grenzen astrologischer Aussagen darauf hinweisen, dass jede astrologische Konstellation auf vielerlei Arten und in hilfreicher Entsprechung ausgelegt werden kann."

Anzeige

In den Ethik-Richtlinien des Österreichischen Astrologenverbands wird zu ähnlicher "selbstkritischer Zurückhaltung" gemahnt:

"Ich fördere und bestärke sie in ihrer Autonomie, ich helfe ihnen, Entscheidungen vorzubereiten, nehme sie ihnen aber nicht ab. Dazu gehört, dass ich bindende oder gar beängstigende Deutungen unterlasse, ebenso moralisch wertende Äußerungen."

Gerda Rogers' Astrologie steht für das Gegenteil dessen. In den "Ö3-Sternstunden" werden die Anrufer nicht in ihrer Autonomie bestärkt. Sie wird ihnen weitgehend abgenommen. Selbst bei Widerspruch oder Bedenken weicht Gerda Rogers nicht von ihrer Prognose ab. Ende April 2017 ruft etwa ein Mann bei Ö3 an, der sich von seiner ehemaligen Partnerin, mit der er ein gemeinsames Kind hat, nicht lösen kann. Rogers sagt dazu:

"Thomas, das wird nichts mehr. Das müssen wir abschließen – endgültig. Damit Sie wieder endlich frei sind für eine neue Beziehung. Und Sie haben absolut tolle Sterne ab dem Sommer. Diese Chance dürfen wir nicht verpassen, Thomas! (…) Es ist gefühlsmäßig totgelaufen. Freundschaftlich geht's. Aber es ist schwer, von einer Liebe in eine Freundschaft zu kommen. Das heißt, Thomas: Neue Liebe. Wir schließen es ab. Sie ist nur noch die Mutter Ihres Kindes."

Die Ö3-Moderatorin Sylvia Graf sagt daraufhin: "Schönes Schlusswort, Frau Rogers". Thomas kommt nicht mehr zu Wort. Der Fall ist abgeschlossen. Eine Förderung der individuellen Autonomie sieht definitiv anders aus. "Ist es nicht unseriös, so deutlich in der Prognose zu sein? Gerade Astrologen verurteilen das", wird sie bei der Ö3-Sendung "Frühstück bei mir" im April 2017 gefragt. "Die trauen sich's ja nicht, die anderen", antwortet Gerda Rogers, die auf VICE-Anfrage ihr Verhältnis zur Autonomie näher erklärt:

Anzeige

"Ich stehe sicher eher in dem Ruf, eine sehr konkrete, praxisorientierte Astrologin zu sein, die ohne große – für die meisten unverständliche – astrologische Erklärungen auskommt und in der Lage ist, einfache, praktische Lebenshilfe zu geben. Die Klienten, die zu mir kommen, erwarten von mir meist ganz klare Entscheidungshilfen und oft auch eindeutige Empfehlungen."

Oft nimmt Gerda Rogers dadurch Menschen, die Orientierung suchen, die Entscheidung ab. Sie schränkt sie in ihrer Autonomie ein, weil sie das wollen. Das mag in Ordnung sein, aber: "Mittlerweile kommen schon viele frisch gebackene Eltern zu mir, um die Anlagen ihres Neugeborenen in Erfahrung zu bringen" schreibt Gerda Rogers außerdem in ihrem Buch, "wie nicht zuletzt mein eigenes Horoskop beweist, sind diese meist klar zu erkennen, und dementsprechend kann man das Kind dann auch fördern."

Kindern wird damit nicht nur – kurzfristig für eine schwierige Entscheidung – die Autonomie abgenommen. Ihnen wird erklärt, dass es Autonomie nicht gibt. Es ist ein Weltbild, wie wir es vor der Aufklärung des 17. Jahrhunderts kennen. Es unterscheidet sich nur darin, dass nicht ein allwissender, allmächtiger Gott den eigenen Lebensweg vorgibt, sondern alles in den Sternen geschrieben steht. Der freie Wille sowie die eigenen Talente und Träume werden dadurch zweitrangig.

In diesem satirschen Beitrag gibt sich der "Ö3-Callboy" als "Hubert" aus, der sich auf Empfehlung von Gerda Rogers a) von seiner "Bilderbuch-Ehe" scheiden hat lassen und b) seinen Job nach 16 Jahren gekündigt hat und seitdem arbeitslos ist. In Wirklichkeit seien Reklamationen aber eine "sehr seltene Ausnahme", erklärt uns Gerda Rogers. Der Grund für Fehlprognosen liege "immer wieder" an der falschen Angabe der Geburtszeit. Auf ihrer Webseite heißt es: "Die Geltendmachung von Folgeschäden ist ausgeschlossen."

Anzeige

Sie sei sich natürlich ihrer Verantwortung bewusst, erklärt Gerda Rogers – auch, wenn sie die genannten Ethik-Richtlinien nicht kenne. So würde sie niemanden beraten, der unlautere oder böse Absichten verfolge. Auch die Frage nach dem eigenen Tod oder dem eines Bekannten würde sie nur beantworten, "wenn eine eindeutige medizinische Diagnose [des Ablebens] vorliegt". Und weiters: "Bei konkreten Fragen zu Gesundheit oder Krankheit empfehle ich Ihnen, sich bei einem Mediziner beraten zu lassen", so Rogers.

"Ich brauche Hilfe, sonst zerfrisst es mich von innen", schreibt ein 13-Jähriger in einer Mail, die Gerda Rogers als Beispiel für die eingereichten Fälle bei den "Ö3-Sternstunden" in ihrer Biografie veröffentlicht.

Aber stimmt das? Die bei Ö3 behandelten Fälle lassen Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussage entstehen. Deshalb schicke ich – von einem echten Beispiel inspiriert (siehe Foto) – eine fiktive Geschichte an die Redaktion der "Ö3-Sternstunden":

"Mir geht es seit einigen Wochen nicht gut. Ich glaube, unter Depressionen zu leiden und denke auch ab und zu daran, mir etwas anzutun. Wann geht es wieder bergauf?"

Diese Mail ist bewusst radikal formuliert, um herauszufinden, wie Ö3 mit einem medizinischem Hilferuf umgeht. Es passiert nichts. Meine Mail bleibt unbeantwortet, mein Handy klingelt nicht, der Fall geht nicht on air.

"Ich bin mit dem Anspruch angetreten, anderen Menschen bei der Gestaltung ihres Lebens mit Hilfe der astrologischen Erkenntnismöglichkeiten zu helfen", antwortet Gerda Rogers hingegen auf meine Fragen, die ihr Manager mit ihr bespricht (der Manager bittet überdies, das "Interview" ungekürzt zu publizieren. Wir verzichten darauf, weil a) kein Interview angefragt wurde und b) wir das Interview nicht selbst geführt haben. Gerne verlinken wir jedoch auf das PDF des "Interviews").

Anzeige

Verantwortungsbewusst wäre es wohl gewesen, wenn man auf medizinische Hilferufe wie meinen antwortet und einen Termin bei einem Therapeuten oder Sozialarbeiter vorschlägt. Es kann natürlich gut sein, dass Gerda Rogers dennoch ein sehr verantwortungsbewusster Mensch ist, das Korsett des Showkonzepts aber manches nicht zulässt. Einen Hinweis darauf gibt sie in einem Behind-the-Scenes-Video: "Wir müssen ja innerhalb kurzer Zeit zu einem Abschluss kommen – über ein ganzes Leben". Ihre Ö3-Kollegin Sylvia Graf ergänzt:

"Das ist schon ganz wichtig. Weil du hast 3, maximal 4 Minuten, wo du auf Sendung gehst und da geht's darum, 'Soll ich mich scheiden lassen: Ja oder Nein?' Oder: 'Soll ich den Mann an mich ranlassen – Ja oder Nein?' Und da kannst natürlich nicht 15 Minuten lang Laberlaberlaber [machen]. Weil alle, die nicht involviert sind, interessiert das nicht so lang."

Selbst der Ö3-Chef Georg Spatt hat Bauchweh mit der Sendung, betont aber den Show-Charakter in einem VICE-Interview: "Ich kann aus Überzeugung sagen, dass Gerda Rogers wirklich eine großartige Radio-Entertainerin ist. (…) Ich bekenne mich auch zu der Sendung, weil sie sehr gut unterhält." "Primär" sei es eine Unterhaltungsshow meint auch Gerda Rogers, die Sendung habe aber auch den "positiven Nebeneffekt", dass sie Ratsuchenden helfen könne.

Und genau darin liegt die Crux. Es ist fast unmöglich, gut zu unterhalten und gleichzeitig verantwortungsbewusste Lebensberatung zu machen. In der Praxis sind beide Ansprüche nicht gleichberechtigt umsetzbar. Es hat einen guten Grund, warum Rat auf Draht eine anonymisierte Telefonhotline und keine Radiosendung ist.

Anzeige

In Anbetracht dessen sollte man schon klarstellen: Wer bei offensichtlich verzweifelten Ratsuchenden den Entertainment-Charakter über die Hilfe stellt, sollte nicht über das Schicksal von Personen richten und dann von Verantwortung sprechen. Wären die "Ö3-Sternstunden" tatsächlich eine Unterhaltungsshow, würde der Sender Autoren engagieren, die Geschichten erfinden, damit keine reale Personen zu Schaden kommen. So ist das Ganze eine Lebensberatungsshow, die ihre Verantwortung ignoriert.

Das Entertainment-Argument ist außerdem nicht glaubwürdig, weil es in der Show nicht realisiert wird. Ö3 hätte viele Möglichkeiten, dem Hörer zu verstehen zu geben, dass das alles nur Show sei und Gerda Rogers nicht wirklich in die Zukunft sehen kann. Auf der Homepage der "Ö3-Sternstunden" ist davon aber keine Rede. Im Gegenteil:

"Total verschossen? Oder Liebeskummergeplagt? Wie geht's mit der Dreiecksbeziehung weiter? Passt der neue Job auch wirklich? Die Zukunft steht in den Sternen!"

Auch in der Show kommt von der Ö3-Moderatorin kein Konjunktiv vor, die Hellsehfähigkeiten von Gerda Rogers werden stets als Faktum hingestellt. Der Ö3-Claim zur Show lautet: "Frau Rogers schaut auch in Ihre Sterne". Das ebenfalls öffentlich-rechtliche Radio Steiermark, das das Konzept kopiert hat, schreibt auf seiner Homepage: "Was bringt die Zukunft? Die Sterne können es verraten." Es ist nicht wirklich verständlich, warum der ORF seine hart erarbeitete Glaubwürdigkeit für Humbug wie Astrologie ins Feuer legt.

Anzeige

"Astrologie kann genau nichts, nada, niente."

Denn, auch das muss man klarstellen: An der Unseriösität der Astrologie gibt es nichts zu deuteln. Es gibt nach jahrzehntelanger Forschung noch immer keinen Anhaltspunkt, dass man an der Sternenkonstellation zum Zeitpunkt der Geburt voraussehen könnte, ob die Person 30 Jahre später eine Affäre eingehen soll oder nicht. Nichts daran ist rational, nachvollziehbar oder wissenschaftlich. Das sagt auch Werner Gruber, Physiker und Leiter des Wiener Planetariums, der händeringend nach Formulierungen sucht, um die Nicht-Wissenschaftlichkeit von Astrologie auf den Punkt zu bringen:

"Ich weiß nicht, wie deutlich ich es noch sagen soll. Astrologie kann genau nichts, nada, niente. Wenn Sie die wissenschaftliche Disziplin Astronomie mit der Astrologie vergleichen wollen, können Sie genauso einen Mediziner mit einem Stein vergleichen. Beide haben nichts miteinander zu tun."

Auch die Unterscheidung zwischen "seriöser" und "unterhaltender" Astronomie hält Gruber für "Schwachsinn". Die Astrologie sei per se eine eigene Kategorie, die nicht neben der Wissenschaft stehen könne: "Würde man Astrologie wissenschaftlich betreiben, würde schlicht und einfach nichts übrig bleiben".

Die "Ö3-Sternstunden" sind freilich kein direkter Angriff auf die Wissenschaft. Aber sie stellen die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft sehr wohl indirekt in Frage.

Gerda Rogers beschreibt ihre Motivation in ihrer Biografie damit, "mit möglichst seriösen Antworten die Glaubwürdigkeit der Astrologie zu untermauern." Die Systeme Wissenschaft und Astrologie müsse man einfach nur auseinanderhalten. Auf Nachfrage präzisiert sie: "Es geht auch gar nicht um Glauben, sondern um Wissen: Ich weiß, dass wir astronomisch gesehen in einem heliozentrischen System leben und ich weiß auch, dass das geozentrisch ausgerichtete System der Astrologie funktioniert."

Anzeige

Die Astrologie sei also kein System, das über der Wissenschaft, sondern daneben stehe. Jeder Mensch könne sich ein Modell aussuchen. Das mag liberal klingen, ist aber eine klare und gefährliche Verwässerung wissenschaftlicher Prinzipien. So etwas wie "alternative Fakten" gibt es nicht. Es gibt auch kein "alternatives System" zur Erforschung der Welt. Erklärungen, die sich nicht nachvollziehen lassen, dürfen nicht die Autorität wie wissenschaftliche – sprich: immer wieder objektiv überprüfbare – Ergebnisse bekommen.

Das dürfte aber mittlerweile der Fall sein. Wie eine repräsentative Umfrage von meinungsraum.at im Auftrag von Radio Wien ergeben hat, glaubt jeder zweite Wiener an Astrologie (in Deutschland ist es nur jeder Vierte). Dass bei den "Ö3-Sternstunden" immer wieder Studierende aus naturwissenschaftlichen Fächern anrufen, zeigt, wie breit Astrologie mittlerweile akzeptiert wird.

Welchen Beitrag die massenmediale Verbreitung der Astrologie zur gesellschaftlichen Glaubwürdigkeit beigetragen hat, wurde noch nicht eruiert. Gerda Rogers selbst schreibt dazu in ihrem Buch:

"Via Ö3 haben wir die Astrologie derart in die öffentliche Auslage gestellt, dass wir für astrologische Fragen von allgemeinen Interesse zur ersten Adresse geworden sind. Ob es sich um politische Wahlen handelt, um die Geburt eines prominenten Babys, oder um sportliche Großereignisse: Immer wieder muss ich dazu öffentliche Prognosen abgeben".

Das hat Gerda Rogers bereits schon drei Mal eine Nominierung für Das goldene Brett vorm Kopf eingebracht: "Für ihr Lebenswerk: die Unterlaufung des ORF-Bildungsauftrags", begründet die Jury. Dieser Negativpreis zeichnet haarsträubende, pseudowissenschaftliche Nonsens-Beiträge im deutschsprachigen Raum aus, die einen besonders weiten Aktionsradius aufweisen.

Dieser Preis ist nicht nur reine Polemik. Ö3 hat vor 25 Jahren nicht nur einer Frau zu Ruhm und ertragreichen Folgeaufträgen bei zahlreichen Zeitschriften verholfen, sondern auch zweifellos zur Normalisierung der Parawissenschaft beigetragen. Die seit der Aufklärung einzige, naturwissenschaftliche Wahrheit wird mit den "Ö3-Sternstunden" zu einer bloßen Meinung, einer Ansichtssache. Dabei würde die Aufklärung darüber, was glaubwürdig und relevant ist, zur ureigensten Aufgabe des ORF gehören. So ist er beauftragt, für "die Vermittlung und Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft" zu sorgen (§ 4 Abs. 1 ORF-Gesetz) sowie "im Dienst von Wissenschaft und Bildung zu stehen" (§ 10 Abs. 9).

Wir leisten uns den ORF, damit die Gesellschaft zuverlässig mit belastbaren, unabhängig recherchierten Fakten beliefert wird, anhand derer jeder Einzelne seine persönlichen Entscheidungen treffen kann. Ein ORF, der "im Dienst von Wissenschaft und Bildung steht", hat zur Eindämmung und Entlarvung von Parawissenschaft beizutragen. Und nicht zu ihrer Verbreitung und Glaubwürdigkeit.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner