Lächelnder älterer Mann mit lilafarbenem Gesicht
Srinivas | Alle Fotos: Maansi Jain
Menschen

'People of Color': Warum diese Fotografin sich über den Begriff lustig macht

"Meine Freunde und ich sollen bunt sein?", fragt Maansi Jain.

Wenn wir mal ganz ehrlich sind: Politisch korrekte Sprache ist richtig hässlich. Sperrig, irgendwie technisch und einfach nicht schön. Aber irgendwie muss man Menschen ja nennen: Wenn sie nicht Weiß sind, oder nicht hetero oder nicht able-bodied. Und zwar so, dass niemand sich verletzt fühlt.

Eines der seltsamsten Wortungetüme ist "People of Color" als Bezeichnung für nicht-Weiße Menschen. Bunte Menschen? Und was ist der Rest: People without Color? Farblose?

Anzeige

Genau das hat sich die Berliner Fotokünstlerin Maansi Jain, 27, für ihr Projekt "ppl of (techni)color" gefragt.


Auch auf VICE: Auf spiritueller Suche beim Beyoncé-Gottesdienst


Maansi ist in München geboren, in Paris und Texas aufgewachsen und hat jeden Sommer bei ihren Großeltern in Delhi verbracht. Französisch und Deutsch hat sie aber schnell wieder verlernt – und richtig dazugehört hat sie nie irgendwo. Jetzt ist sie Fotokünstlerin in Berlin und hat das zu ihrem Thema gemacht: Identität.

Weil man davon definitiv keine fancy Friedrichshainer Atelier-Miete bezahlen kann, bringt Maansi als Mathe-Nachhilfelehrerin Teenies Differentialrechnung bei.

Zwei junge stylische Menschen in Orange-Grün und Violett-Schwarz

Sarah (links) und Kam

VICE: Maansi, du bist Berlinerin, Pariserin, New Yorkerin und Delhierin. Alles zusammen und nichts so richtig. Prägt das deine Kunst?
Maansi Jain: Ich glaube schon. Ich hab mich immer gefühlt, als fehle mir ein Teil. Überall gab es kulturelle Insider, die ich nicht verstanden hab. Ich weiß noch, wie die Kids in Texas immer meinten: Oh mein Gott, du kennst das nicht? Ich hab mir immer viel Druck gemacht, reinzupassen, nicht zu ausländisch zu sein. Dadurch habe ich heute viel Mitgefühl für Menschen, die nicht der Norm entsprechen.

Wer sind die Leute auf deinen Bildern?
Es fing an mit meinem Vater und seinem besten Kumpel. Der lebt in einem Ashram in Indien und ist ein sehr spiritueller Mensch. Die ersten Bilder habe ich aus Spaß gemacht. Über sechs Monate kamen die anderen dazu: Freunde, Künstlerinnen, Leute, die mich inspirieren.

Anzeige

Und alle nicht Weiß.
Es gibt so eine Tendenz, Minderheiten als arme Opfer zu sehen. Das Wort "People of Color" ist ja auch so eine Art Othering. Frantz Fanon hat mal darüber geschrieben, wie Minderheiten so erniedrigt werden. Ich wollte lieber fröhliche Bilder machen: von Menschen, die glücklich sind und voller Farbe.

Eine junge Frau in Grüntönen und der Vater der Fotografin

Maissa (links) und Maansis Vater Anuj

Also gar keine politische Dimension?
Anfangs habe ich einfach mit Photoshop herumgespielt und gesehen, dass ich ihre Hautfarbe super easy ändern kann. Aber die Serie habe ich im ersten Jahr von Trump begonnen. Ich habe immer öfter den Begriff "Person of Color" gehört. Ich fand das Wort erst hilfreich, empowernd. Aber gleichzeitig wollte ich mich darüber lustig machen.

Magst du den Begriff nicht?
Es ist das richtige Wort für Nicht-Weiße im 21. Jahrhundert, aber solche Worte kommen und gehen. Und ich habe mich gefragt: Meine Freunde und ich sollen bunt sein?

People of Color neu inszeniert

Alex (links) und Nathan

Es ist ziemlich schwer für Minderheiten, solche neuen, politisch korrekten Begriffe durchzusetzen. Es ist doch auch ein bisschen beleidigend, dich darüber lustig zu machen?
Findest du? Ich finde das Wort ja schon nützlich. Aber ich denke auch an die Zukunft, wie kommende Generationen das sehen werden. Ich hatte wirklich ganz schön Angst, das zu veröffentlichen. Ich wollte niemand verletzten, es ist ein schwieriges Thema. Aber wie Mayowa, eine Comedian, mal sagte: Ich bin Teil der globalen Mehrheit.

Kennt dein Vater das Wort "People of Color"?
Er hat es gelernt – Berlin hat ihn ziemlich beeinflusst. Ich glaube, er findet, meine Generation denkt zu viel über Identitätspolitik nach. Jeder hat doch seine Vor- und Nachteile im Leben: Macht euch nicht so fertig. Das finde ich ziemlich hilfreich.

Anzeige

Wer ist der Junge mit dem Schleier?
Das ist Nathan, ein Schriftsteller.

Oh, also kein Kind?
Nein. Aber es ist lustig, dass du das sagst. Sein Alter ist ein großes Mysterium: Er ist mal 33, mal 25 und mal 17. Er ist eines meiner liebsten Models. Ich habe mir Fotografie ja selbst beigebracht und er war von Anfang an dabei.

Eine Person of Color zeigt spielerisch ihre Muskeln, eine andere ihr Lächeln

Wil (links) und Indrani

Glaubst du, du hast einen anderen Blick als Weiße Fotografinnen?
Ich bin nicht sicher. Ich glaube nicht, dass race das Einzige ist, was den fotografischen Blick prägt. Aber kulturelle Sensibilität ist schon wichtig. Und dieses Projekt würde nicht so lustig wirken, hätte es eine Weiße Fotografin geschossen.

Ist Fotografie ehrlicher und echter als andere Kunst?
Die Menschen denken immer, Fotos seien echt. Aber das stimmt nicht. Ich hab eine Weile Eventfotografie gemacht und hatte irgendwann keinen Bock mehr, die Dinge so glänzend und schön zu zeigen, wie meine Kunden wollten. Also habe ich angefangen, sie zu zerstören, die Perspektiven zu ändern und zu verfremden. Ich wollte nicht so tun, als wäre irgendetwas von dem, was ich dokumentiere, objektiv.

Was ist anders daran, in Berlin oder New York auszustellen?
Nicht viel. In New York scheint es mir immer einfacher, Drucke zu verkaufen, da ist einfach mehr Geld unterwegs. New York gibt mir immer Energie, und in Berlin habe ich Zeit zum Denken. Aber ich habe in beiden Städten tolle Communitys, die meine Arbeit unterstützen.

Anzeige
Zwei junge Menschen of Color in Türkis und Orange

Cameron (links) und Rafaelle

Zwei junge Menschen of Color in Blau und Pink

Athiye (links) und Vijay

Zwei junge Menschen of Color in Ocker und Orange-Blau

Dan (links) und Anita

Folge Thembi bei Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.