G20-Demonstranten zeigen uns, was sie in ihren Taschen haben
Foto: Alexander Indra

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G20-Demonstranten zeigen uns, was sie in ihren Taschen haben

"Vermummungskleidung kann man recht gut am Körper verstecken. Wo, sage ich dir jetzt aber nicht."

Ich packe meinen Koffer und nehme mit: Teleskopschlagstock, Schreckschusspistole, Pfefferspray, Taschenmesser, Zwille und dazu ein paar schöne Stahlkugeln. Wo auch immer dieser Trip dich hinführen würde, hoffentlich nicht auf eine Demo. Denn dort sind alle diese Gegenstände verboten. Ebenso wie Helme, Protektoren, Zahnschutz und andere Dinge, die von der Polizei als "Schutzbewaffnung" gewertet werden.

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Dass die Hamburger Polizei diese Verbote beim G20-Gipfel besonders rigoros durchsetzt, hat sie schon im Vorfeld des Treffens gezeigt. Am Dienstag präsentierte sie ihre bisherigen Funde, darunter Feuerlöscher, die mit einem brennbaren Bitumengemisch gefüllt waren, Bengalos, Silvesterböller und einen "Jammer", mit dem man die Ortung von Handysignalen blockieren kann.


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Doch weil selbst 19.000 Polizisten nicht jeden Demonstranten kontrollieren können, haben wir G20-Gegner gefragt, was sie bei ihnen gefunden hätten.

Michael, 25, Italien, Student

"Ein Tuch, um das Gesicht zu verhüllen, ist immer mit dabei. Es gibt einfach zu viele Kameras. Den Karabiner hab ich mit, um mein zweites Paar Schuhe am Rucksack zu befestigen. Eine kleine Tube Shampoo ist ein Muss, wenn ein Protest über mehrere Tage geht und wenn ich im Camp schlafe. Den ganzen Tag auf den Beinen sein – laufen, blockieren, laufen. Da muss man sich auch mal waschen. Ansonsten wichtig: einheitliche, schwarze Kleidung, ein Medikit, etwas zu trinken und zu essen. Eine Gasmaske wäre hilfreich, sie gilt aber als passive Bewaffnung. Auch wenn man gar nicht gewaltbereit ist."

Anna, 27, Berlin, Layouterin

"Eines der wichtigsten Dinge, die ich immer dabei habe, ist mein Ehering. Er bedeutet mir sehr viel. Durch ihn spüre ich die Nähe meines Mannes und er bringt mir Glück. Das hoffe ich jedenfalls auch hier in Hamburg. Meine Brille hat schon viele Demonstrationen erlebt und viele Ladungen Pfefferspray und Tränengas abbekommen. Am krassesten war es auf einer Demonstration in Palästina. Ich konnte gar nichts mehr sehen. Aber zu meiner Verteidigung würde ich in Extremfällen auch Flaschen und Steine werfen. Außerdem hab ich bei Demos immer eine Sonnenbrille dabei, sie gibt mir ein wenig Anonymität. Tabak ist auch immer mit von der Partie. Rauchen beruhigt mich in stressigen Situationen."

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Melanie, 28, Berlin, momentan ohne Job

"Diese Tasche begleitet mich immer. Beim Einkaufen, bei Partys, beim Reisen. Und natürlich auch auf Demos. Wichtige Sachen wie Handy, Personalausweis, Geld, Tabak und Schlüssel trage ich so immer direkt am Körper. Ich würde niemals ein Messer auf eine Demo mitnehmen, nicht mal ein Taschenmesser. Ich wurde aber auch noch nie durchsucht."

Bernadette, 24, Hamburg, studiert und arbeitet

"Die Demokarte ist mega wichtig. Sie gibt mir einen Überblick über eine mir fremde Stadt, die wichtigsten Punkte und Demostarts sind darin verzeichnet. Während einer Demo ist eh nix mit Google Maps, das Handy bleibt schön zu Hause. Ich finde auch, dass Drogen und Alkohol nicht auf eine Demo gehören. Wenn man eine coole und starke Demo präsentieren will, ist es einfach lächerlich, wenn Leute beschwipst sind und rumtorkeln. Das ist einfach ätzend.

Dieser grüne Behälter ist für die Zigarettenstummel. Er ist luftdicht und leicht zu reinigen. In Situationen wie hier im Camp oder auch auf Festivals ist er Ideal, um Zigarettenstummel zu entsorgen. Man kann hier ja nicht einfach alles auf den Boden werfen.

Ich wurde noch nicht so oft durchsucht, aber meinem kleinen Bruder ist da mal was Lustiges passiert. Er war mit Freunden in einem Park in Dresden und hat Gras geraucht. Dann hat ihm eine Taube auf dem Kopf gekackt und er musste sich in einer öffentlichen Toilette waschen. Als er zurückkam, hat er gerade noch gesehen, wie die Polizei seinen Freund mit dem Gras erwischt haben. Glück im Unglück sozusagen."

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Enrico, 26, Graz, Chemiestudent

"Einen wasserfesten Stift habe ich immer mit, um mir wichtige Nummern wie die des EA [Ermittlungsausschuss] auf die Haut zu schreiben. Das ist sehr wichtig, wenn man in Gewahrsam genommen wird. Ein Erste-Hilfe-Kit und Wasser sind auch immer dabei. Aufgrund der Polizeigewalt bei Demos habe ich das schon öfter benutzt, zum Beispiel, um bei Pfeffersprayeinsatz Augen auszuwaschen oder um Schürfwunden zu behandeln. Meine Mutti schläft übrigens auch im Camp, sie sitzt neben mir [lacht]. Ja, das ist sie wirklich.

Die Polizei hat mich schon oft kontrolliert und durchsucht. Aber sie muss ja nicht immer etwas finden. Vermummungskleidung kann man recht gut am Körper verstecken. Wo, sage ich dir jetzt aber nicht."

Tina, 25, Hamburg, Soziologiestudentin

"Das aufblasbare Krokodil ist für die Demo. Es dient als Schutz vor den Knüppeln und eventuell als Sitzgelegenheit. Außerdem sorgt es für gute Stimmung. Eine Mundschutzmaske oder eine Schwimmbrille würde ich eher nicht mitnehmen. Sie sind zwar extrem effektiv gegen Tränengas und Pfefferspray, aber hier in Deutschland gilt das als passive Bewaffnung. Das muss man sich mal vorstellen.

Hier wurde ich noch nicht durchsucht, aber früher schon, als ich noch Dreads hatte und mit ein paar anderen unterwegs war. Die Polizei hat uns gefragt, ob wir gefährliche Gegenstände dabei haben. Nur mich haben sie noch gefragt, ob ich eine Nadel für Drogen mithätte. Das war wohl wegen meines Erscheinungsbilds. Das fand ich eher lustig, besonders die Formulierung."

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Sara, 24, Hamburg, Verkäuferin

"Diese Schokoriegel sind meine Energielieferanten für die nächsten Tage. Sie schmecken gut, sind nahrhaft und leicht zu transportieren. Besonders in Extremsituationen, wenn man von der Polizei eingekesselt wird, ist es wichtig, schnell zu Energie zu kommen. Die Stirnlampe ist ein wichtiger Begleiter beim Camping. Dieser kleine orangene Becher ist nicht etwa ein Überraschungs-Ei, sondern ein Behälter, den man mit Wasser füllen kann, um Pfefferspray aus den Augen zu reinigen. Leider musste ich das schon mehrmals benutzen, funktioniert aber super."

Anonym

"Die Handschuhe sind einfach ganz normale Fahrradhandschuhe. Nix Verbotenes. Sie geben mir aber ein wenig Schutz, wenn ich während der Demo hinfalle. Die Kontaktlinsen sind unerlässlich, weil ich sonst nichts sehe. Deswegen habe ich immer welche im Rucksack. Bei Pfefferspray-Einsatz sind sie aber ein Riesenproblem. Sie können genauso wie Sonnencreme den Effekt des Pfeffersprays verstärken."

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