Ich habe eine Woche lang einen Fedora getragen und es hat mein Leben ruiniert

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Popkultur

Ich habe eine Woche lang einen Fedora getragen und es hat mein Leben ruiniert

Als mein Vater seine Haustür öffnete, sah er meinen Hut und fragte, ob ich schon eine in die Fresse bekommen hätte.

Ich mit dem Fluch auf meinem Kopf | Alle Fotos: Sean Foster

Fedora-Hüte waren mal cool, oder? Indiana Jones hat einen getragen, genauso wie 90 Prozent aller Gangster aus der Prohibitionszeit und die ganzen schicken Schauspieler aus dem Vorkriegs-Hollywood. Dann kam noch Michael Jacksons "Smooth Criminal"-Phase sowie die große Fedora-Renaissance nach der Jahrtausendwende, angeführt von Pete Doherty, Johnny Depp und Co.

Heutzutage sind Fedoras jedoch das wohl meistgehasste Fashion-Accessoire, das man mit Geld kaufen kann. Aber wie ist es dazu gekommen? Warum wird die Kopfbedeckung vor allem mit den sogenannten "Neckbeards" dieser Welt assoziiert? Wieso hat sich die Gesellschaft so geschlossen gegen einen eigentlich normalen Hut verschworen?

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Um das herauszufinden, bin ich losgezogen und habe mir für einen Selbstversuch einen Fedora gekauft.

Und fast sofort ging alles den Bach runter.

Samstag

Man gewöhnt sich am schnellsten an kaltes Wasser, indem man einfach reinspringt. In diesem Fall war mein kaltes Wasser der Fedora. Da ich mich so dagegen sträubte, einen solchen Hut zu tragen, hielt ich es für das Beste, die ganze Sache betrunken anzugehen. Deshalb googelte ich an einem Samstagnachmittag vor einer vielversprechenden Partynacht einfach nach dem nächstbesten Hutladen und ging los.

Dort fand ich einen klassischen Fedora in Schwarz. Ich verzierte den Hut noch schnell mit einer Feder sowie einem bunten Tuch im Rugrats-Stil und schon war das Monster fertig, um meinen Kopf kennenzulernen.

Ein paar Stunden später stand ich auf dem Balkon meines Kumpels Sean und rauchte eine Zigarette. Normalerweise leistet mir Sean dabei immer Gesellschaft, aber an diesem Tag weigerte er sich aufgrund meines Fedoras. Es kamen noch weitere Freunde vorbei und dementsprechend prasselte eine ganze Menge ironischer "Schicker Hut"-Sprüche auf mich ein. Die meiste Zeit wurde mein Fedora jedoch höflicherweise ignoriert—genauso wie ich. Es hatte tatsächlich den Anschein, als wäre mein gesellschaftliches Ansehen um ein paar Stufen nach unten gerutscht.

Es war schon fast Mitternacht, als ich mich mit meiner Freundin traf, die beim Anblick meines Fedoras erstmal richtig angeekelt wirkte. Sie versuchte dann ständig, den Hut von meinem Kopf zu schlagen, und wich zurück, wenn ich ihr zu nahe kam. Irgendwann konnte ich sie davon überzeugen, das Teil selbst mal aufzusetzen. Obwohl ihr der Fedora eigentlich ganz gut stand, sollte sich das jedoch als schlechte Entscheidung herausstellen.

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Wenige Minuten später versuchte sie nämlich, mir auf den Rücken zu springen, und fiel dabei mit dem Gesicht voran auf den Bordstein. Das Resultat: ein fettes blaues Auge sowie kleinere Schürfwunden.

Wir verbrachten den Rest der Nacht in der Notaufnahme. Tag eins war vorbei, aber der Fluch des Fedoras hatte gerade erst begonnen.

Sonntag

Als ich aufwachte, betrachtete die Katze meiner Freundin den Fedora gerade mit einem Blick, der kaum verachtender sein konnte. Ungefähr so hatten mich in der Nacht zuvor auch alle fremden Menschen angeschaut.

Um meine Freundin aufzumuntern, lud ich sie in ein Ramen-Restaurant ein. Das Bild von ihr mit einem massiven blauen Auge und mir mit meinem belastenden Hut ließ die anderen Gäste sehr wahrscheinlich das Schlimmste denken.

Ich fragte mich, warum Fedoras überhaupt so verhasst sind. Ich meine, das sind doch auch nur Hüte, oder? Und dennoch hatte meine neue Kopfbedeckung mein Leben schon einschneidender verändert als alles andere, was ich bis dahin ausprobiert hatte. Meine Mitgliedschaft im Fitnessstudio war zum Beispiel ein Witz gegen den Fedora. Meine Reisen, mein Studium, mein eingeschlagener Karriereweg—all diese Dinge hatten maximal den gleichen Einfluss auf mein Dasein wie das Tragen meines neuen Huts.

Anscheinend hat sich der Fedora zum Symbol des "netten Typen" entwickelt. Und mit netten Typen meine ich hier unheimliche Neckbeard-Sozialisten-Weirdos, die der Meinung sind, dass Männer nicht genügend Rechte haben. Ich glaube nicht, dass der Fedora selbst das Problem ist, sondern eher die Menschen, mit denen man ihn assoziiert.

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Montag

Ich verbrachte den Montagmorgen mit einem Buch, bis mir einfiel, dass ich schon länger nicht mehr bei meinem Vater vorbeigeschaut hatte. Als er seine Haustür öffnete, sah er meinen Hut und fragte, ob man mir schon die Fresse poliert hätte. Als ich seine Frage mit einem Nein beantworte, schien er etwas enttäuscht.

Mein Vater und ich nippten an unseren Kaffees, als wir ein Klirren hörten. Ein Spiegel war von der Wand gefallen und hatte dabei gleich noch eine Blumenvase mit umgerissen. So etwas war bei meinem Vater zu Hause seit Jahren nicht mehr passiert.

In diesem Moment beschlich mich ein komisches Gefühl. Ich war nur wenige Minuten vorher mit meinem Fedora an dem Spiegel vorbeigegangen. Weil ich aufgrund der Nacht in der Notaufnahme immer noch etwas müde war, ergab der Zusammenhang in meinem Kopf immer mehr Sinn. Trug ich da wirklich eine schwarze Katze auf meinem Kopf?

Später lief ich an einem Restaurant vorbei und stellte kurz Augenkontakt mit einem Mitarbeiter her, der gerade eine Kiste voller Porzellanschüsseln herumschleppte. Sekunden später ließ er die Kiste fallen. Scheiße, was ging da ab? Ich blickte auf meinen Fedora und konnte das Böse förmlich spüren. Irgendetwas war hier definitiv faul.

Dienstag

Eigentlich hatte ich keine Bock mehr. Überall, wo ich war, gingen Sachen kaputt. Aber war hier wirklich mein Hut an allem schuld? Ich entschied mich dazu, pumpen zu gehen, und über diese Frage nachzudenken.

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Jeder Schritt zwischen den Reihen an Hanteln war eine Qual. Niemand schien mich direkt anzuschauen, aber durch die ganzen Spiegel bekam ich mit, wie ich heimlich mit Blicken des Ekels und der Neugierde bombardiert wurde. Der Ekel überwog.

Abends ging ich dann auf ein Konzert und dachte nicht mehr an meinen Fedora. Im Grunde strotzte ich vor Selbstbewusstsein, tippte vor mir komplett unbekannten Personen an meinen Hut und sagte: "Guten Tag, mein Herr." Manche wollten meine Kopfbedeckung dann sogar selbst mal aufprobieren. Zum Beispiel der Kerl von dem Foto oben. So konnte ich bezüglich der Reaktion auf Typen mit Fedoras eine ziemlich solide Statistik erarbeiten.

Die Reaktionen kann man in zwei Kategorien einteilen: "Verpiss dich, du Freak!" und "Hey, cooler Hut!". Das Verhältnis ist dabei ungefähr 70 zu 30 und die Anfeindung gewinnt mit Abstand. Meine Spekulationen vom Montag waren korrekt—Menschen hassen Typen mit Fedoras.

Mittwoch

Ich wachte mit folgendem Gedanken auf: "Das Schlimmste habe ich jetzt hinter mir." Ich lag falsch. Die ganze Welt lag falsch.

An diesem Tag stand fest, dass Donald Trump der nächste Präsident der USA wird. Auf der ganzen Welt suchte man nach Antworten. Wie konnte das nur passieren? Die armen Idioten hatten ja keine Ahnung. Ich schaute in den Spiegel und ein Fedora-Dämon starrte zurück.

Ich war dafür verantwortlich.

Donnerstag

"Bald ist alles vorbei", wiederholte ich immer und immer wieder, als ich mich zum Mittagessen mit meiner Bekannten Clare aufmachte. Sie brachte ihren Shiba Inu, Tofu, mit. Wir waren also in Begleitung des süßesten Hundes der Welt.

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Tofu stand der Fedora auf jeden Fall besser als mir.

Freitag

Eigentlich wollte ich es Freitagabend richtig krachen lassen, aber schon bald bekam ich unglaubliche Magenschmerzen. Die darauffolgenden beiden Tage kotzte ich mir die Seele aus dem Leib und durchlitt Höllenqualen, als sich die Lebensmittelvergiftung meinen Körper vornahm. Keine Ahnung, was ich Falsches gegessen hatte, aber es war auf jeden Fall der Fedora dafür verantwortlich.

Meine Freundin kümmerte sich während der Lebensmittelvergiftung rührend um mich. Zwar behielt ich von dem, was sie mir vorsetzte, kaum etwas drin, aber so konnte ich auch mal innehalten und nachdenken.

Mode geht mir im Grunde am Arsch vorbei. Mir ist es normalerweise auch egal, was mein Umfeld über mein Outfit denkt. Die Blicke und das Gekicher konnte ich im Laufe der Woche aber dennoch kaum ignorieren. Mir war bewusst gewesen, dass der Fedora im Allgemeinen eher unbeliebt ist, aber ich hätte niemals gedacht, dass sich die Kopfbedeckung so negativ auf meinen Status bei anderen Menschen auswirken würde.

Dazu kamen dann noch die ganzen unheimlichen Zwischenfälle. Ich bin jetzt nicht wirklich abergläubisch, aber der Fedora war mit absoluter Sicherheit und wissenschaftlich nachgewiesen verflucht.

Als mir diese Gedanken durch den Kopf schossen, ließ ich meinen Blick durch das Wohnzimmer streifen und suchte nach meinem Fedora. Er war verschwunden. Meine Freundin hatte ihn am Morgen weggeschmissen.

Der Fluch war endlich aufgehoben.