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The Holding Court Issue

Schrottdiebe nehmen Cleveland Stück für Stück auseinander

Metalldiebstahl ist in Cleveland in den letzten drei Jahren um 500% gestiegen. Die Stadt verkommt so langsam zu einem zerfledderten Kadaver.

Shorty Rock auf den Straßen von Central, dem Epizentrum von Clevelands Schrotthandel

Eines heißen Julinachmittags brach ich in ein verfallenes Lagerhaus im Osten von Cleveland ein. Das gehörte zum Crashkurs in Metalldiebstahl eines Mannes namens Jay Jackson. Seine Klempnerklamotten, die knautschige blaue Baseballkappe und sein muskulöser Körper ließen nicht erahnen, dass er früher mal ein Crackhead war. Zwar dreht sich sein Leben noch immer um illegal beschaffte Waren, aber keine, die man rauchen, schnupfen oder injizieren kann: Jay verdient seinen Lebensunterhalt, indem er Kupfer und Stahl aus verlassenen Gebäuden—wie dem, in das wir uns reingeschlichen hatten—klaut und seine Beute pfundweise auf Schrottplätzen verkauft, um schnelles Geld zu machen.

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„Scrapping ist wie die Arbeit eines Unternehmers“, sagte er, während er mich zu einem klaffenden Loch in einer der Wände des Lagerhauses führte, durch das wir hindurch krochen. „Es ist ein Job wie jeder andere, und je mehr Arbeit man hineinsteckt, desto mehr Geld bekommt man heraus.“

Vorher hatte ich mithilfe von Google Street View unser Ausflugsziel ausgemacht, das „Central“ genannt wird (und seinem Namen widersprechend im Osten der Stadt liegt). Aber das Gebäude, in das Jay und ich schließlich einbrachen, sah völlig anders aus als das, was ich auf dem Computer gesehen hatte. Auf den Fotos von Google, die 2009 gemacht worden waren, war ein ordentliches, leer stehendes Bürogebäude zu sehen, dessen Fenster alle intakt und dessen Eingänge mit Holzbrettern zugenagelt worden waren. Jetzt sah es aus wie nach einem Drohnenangriff: Die Fenster waren zerbrochen und jede Öffnung aufgerissen. Die abgehängte Decke war heruntergerissen worden, und darunter lagen leere Trassen, wo sich vorher die Belüftung, Rohre und Drähte durch das Gebäude geschlängelt hatten. Ich konnte kaum glauben, dass wir uns nur zehn Minuten entfernt von den Stadien, Hochhäusern und schicken Restaurants in Downtown-Cleveland befanden.

In meinen Augen mag es wie eine Müllhalde ausgesehen haben, doch für Jay war es eine unerschöpfliche Fundgrube. „Ich könnte meinen Schneidbrenner holen und den Stahlkasten da drüben herausschneiden“, sagte er und ratterte eine Litanei verschiedener Möglichkeiten herunter, wie man das Gebäude ,ordentlich‘ auseinandernehmen könnte. Jay und seine Leute, erklärte er mir, betrieben kein ,Hit and Run‘; sie arbeiteten in Teams, verbrachten Wochen in solch einem verlassenen Gebäude und nahmen jeden Quadratzentimeter auseinander, um wirklich alles rauszuholen. Ist die Ausbeute besonders gut, können Scrapper wie Jay schon mal ein paar Tausend Dollar zusammenkriegen. Metalldiebe wie er sind so effektiv darin, Gebäude auszunehmen, dass die Stadtverwaltung manchmal Stützpfeiler und Trägerbalken ersetzen muss, damit die riesigen Gebäude nicht zusammenbrechen.

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Wie viele andere flüchtige Erscheinungen unserer labilen Wirtschaft ist auch das Glück von Clevelands Scrappern eine unmittelbare Folge des Pechs der Wohn- und Bürohausbesitzer der Stadt. Zwischen 2000 und 2008 hat Cuyahoga County, zu dem Cleveland gehört, die meisten Zwangsvollstreckungen pro Kopf im ganzen Land durchgeführt. 80.000 Häuser, also jedes achte Wohnhaus, wurden von den Banken in Besitz genommen. Ganze Häuserblocks wurden geräumt oder an Finanzinstitute verkauft, die ihrerseits die Gebäude leer stehen ließen.

Der Osten der Stadt, das Herz der Schrottsammelbranche und der Stadtteil, der am schwersten von der Rezession getroffen wurde, erinnert vielerorts an den fauligen Mund eines Meth-Abhängigen, weit und breit nur verfallende Gebäude, und Flächen, wo einst Wohnhäuser und Bürogebäude Tausende von Menschen beherbergten und ihnen Arbeit gaben, klaffen wie Zahnlücken. Heute gibt es mehr als 16.000 solcher leer stehender Grundstücke, die von gewinnbringenden und „scrap“-würdigen Materialien nur so wimmeln: Aluminiumverkleidungen, metallhaltige Geräte, Kupferdraht und Rohrleitungen, die nur darauf warten, aus den Wänden gerissen zu werden. In Verbindung mit der Hypothekenkrise von 2007 führten die weltweit ansteigenden Metallpreise dazu, dass das Scrapping-Business in ganz Amerika florierte. Und nirgendwo mehr als in Cleveland, das die höchste Anzahl von Metalldiebstählen pro Kopf im ganzen Land hat. Cleveland gehört inzwischen zu den Städten, wo pro Nacht zwischen zehn und zwanzig Gullydeckel verschwinden und Kinder in die Löcher fallen; wo Kupferdenkmäler in der Stadtmitte durch nachgebaute und bemalte Statuen ersetzt wurden, die nur nach Kupfer aussehen, um Diebe abzuschrecken. Mit anderen Worten, die Scrapper sind überall und reißen am helllichten Tag die Infrastruktur der Stadt auseinander.

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Jay Jackson auf einem Geheimweg zu Wilkoff and Sons, einem der größten Schrottplätze von Cleveland. Sie kaufen den Großteil ihres Metalls kleinen Händlern ab, zerkleinern es und verschiffen es nach Übersee. Jay sagt, dass er oft Metall von diesem Schrottplatz klaut, um es anderen Schrotthändlern weiterzuverkaufen.

Deshalb war ich nicht überrascht, als Jay und ich im Erdgeschoss auf einen anderen Scrapper stießen. Er war schmutzig und verschwitzt und sagte, sein Name sei Sean. Wir erwischten ihn dabei, wie er ein paar schwere Träger musterte, von denen Jay behauptete, dass sie auf dem Schrottplatz etwa 300 Dollar pro Tonne einbringen würden. Natürlich wollte sich Sean nicht fotografieren lassen und war auch nicht gerade begeistert, uns zu sehen, denn er wollte das Gebäude ganz für sich. Um uns zu verjagen, versuchte er, uns eine Lügengeschichte zu verkaufen, nämlich dass er für den Hausbesitzer arbeite, der alles Wertvolle aus dem Gebäude entfernt haben wollte, bevor er das Grundstück in eine Fischfarm verwandeln würde. „Er wird wahrscheinlich in einer Stunde vorbeikommen“, sagte Sean. Jay fand ihn nicht sehr überzeugend.

Sean hatte offenbar keine Lust, mit mir zu sprechen. Aber als ich ihn fragte, wie viel er bei einem durchschnittlichen Beutezug herausbekam, konnte er nicht an sich halten: „Ich wohne in einem schönen Haus. Und du würdest nicht denken, dass ich ein Scrapper bin. Ich mache so um die 200 Dollar pro Tag. Ich weiß genau, wo ich das Zeug herkriege.“

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Jay und ich ließen Sean in Ruhe „weiterarbeiten“. Als wir das verfallene Gebäude verließen, fragte ich Jay, warum er sich nicht stattdessen einen ordentlichen Job suchen würde, der vielleicht respektabler wäre. Er sah mich an wie einen Schwachkopf, und hielt mir eine Quittung über 511 Dollar hin.

„Hier“, sagte er. „So viel verdienen manche Leute nicht mal in der Woche. Und wenn ich einen Niedriglohnjob mache, kriege ich sogar noch weniger. Vielleicht nur 300 Dollar. Und damit kommt man nicht weit. Wie soll man mit 300 Dollar für eine Familie sorgen und ein Dach über dem Kopf bezahlen?“

Das konnte ich ihm nicht beantworten.

Stapelweise Schrott bei Wilkoff and Sons. Die Leiter auf der rechten Seite benutzen Scrapper, um sich hineinzuschleichen und Metall zu klauen.

Obwohl ich in Cleveland geboren und aufgewachsen bin, hatte ich so einen Kaninchenbau, in den ich mit Jay hineingekrochen war, noch nie zu Gesicht bekommen. Über das Cleveland, aus dem ich stamme, kann man in regionalen Zeitschriften lesen, wie es auflebt—dank Gentrifizierung und Stadtsanierung. Der Westen von Cleveland ist mit neuer Vitalität erfüllt, und das kann ich sehen, wenn ich mich mit alten Freunden treffe, die nicht das sinkende Schiff verlassen haben und in eine andere Stadt gezogen sind—so wie ich. Sie wohnen in geräumigen Lofts westlich vom Cuyahoga River, wo alte Lagerhäuser in alternative Wohnräume für Künstler umgestaltet werden, und man findet leicht einen Markt mit frischem Gemüse und Leckereien oder ein vor Ort gebrautes IPA (Indian Pale Ale).

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Im Osten der Stadt sieht das ganz anders aus. Dort gammeln alte, verlassene Lagerhäuser und Fabriken vor aller Augen vor sich hin, die niemand so bald renovieren wird. Und daran wird sich wohl in den nächsten Jahren—wenn nicht sogar Jahrzehnten—nichts ändern. Hier hat das Scrapping, ein deutliches Symptom für die düsteren ökonomischen Aussichten, seinen Ursprung und hat sich in eine Graumarkt-Industrie verwandelt.

Während ich in der Stadt war, luden mich die Eltern meiner Freundin, die schon seit Jahrzehnten in Cleveland leben, zu einem üppigen Abendessen ein. Jeder am Tisch konnte eine Geschichte über Metalldiebstahl erzählen: von Kirchen und Schönheitssalons, auf deren Klimaanlagen man es abgesehen hatte, bis hin zu Privatwohnungen, in die eingebrochen wurde, um Metallverkleidungen und elektrische Leitungen zu stehlen.

„Es ist schon so weit gekommen, dass die Leute ‚kein Kupfer zu holen‘ draußen auf ihre Häuser malen“, sagte der Vater meiner Freundin. „Aber meiner Meinung nach ist das eher eine Aufforderung als eine Abschreckung.“

Nachdem ich Zeit mit Jay verbracht und erfahren hatte, wie Scrapper Häuser ausnehmen und wonach sie suchen, wollte ich nun wissen, wie die andere Seite des Geschäftes aussieht: Wie können sie ihre Waren so schnell loswerden?

Eines Morgens wanderte ich durch den Osten der Stadt, nicht weit von der Stelle, wo ich mit Jay gewesen war, und dort traf ich einen Typ, der sich „Shorty Rock“ nannte. Er schob einen Einkaufswagen voller Schrott die 55. Straße von Central entlang und erlaubte mir, ihn bei seinem Beutezug und seiner Verkaufstransaktion auf dem Schrottplatz zu begleiten. An jeder Ecke standen zahllose verlassene Gebäude und ebenso viele Schrottplätze. Während Jay zur Gruppe der „professionellen“ Scrapper gehörte, die das große Geld machen, war Shorty eher ein Beispiel für den durchschnittlichen Gauner, der nur das verkaufte, was er fand, um zu überleben.

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Shorty war klein, sprach schnell und mit einem markanten Südstaatenakzent. Während er seinen wackeligen Einkaufswagen vor sich herschob, erklärte er mir, dass er sich wahllos alles schnappte, wo er drankam, es in seinen Wagen warf und schnell wieder verschwand. An seinem bisher erfolgreichsten Tag hat er diverse Metallreste für 111 Dollar verkaufen können—ein seltener Fall.

An diesem Tag hatte er bereits seit 5 Uhr morgens Häuser durchsucht und war jetzt auf dem Weg zum New Western Reserve Recycling Center, um abzukassieren. Auf dem Weg erzählte mir Shorty seine Geschichte, die typisch für die meisten Scrapper ist: Er war 51, hatte acht Jahre im Gefängnis verbracht und seit seiner Entlassung 2002 keinen festen Job bekommen können. „Ich bin schon länger wieder draußen, als ich hinter Gittern war“, sagte er, „aber die geben mir nicht mal einen Job bei Walmart.“

Entsorgungszone auf einem von Clevelands vielen Schrottplätzen, wo die Scrapper Haushaltsgeräte und Gebrauchsgegenstände zerlegen können, um das Metall an Ort und Stelle zu extrahieren.

Als junger Mann, erzählte Shorty, hätte er nie gedacht, dass er später mal dreckig und verschwitzt bei 30 Grad Hitze für ein paar Dollar gestohlenes Metall durch die Straßen von Cleveland karren würde. Er sagte, er stamme ursprünglich aus Arkansas und ging in Georgia ein paar Jahre aufs College, bis sie ihn wegen schweren Raubüberfalls hinauswarfen, woraufhin er flussaufwärts zum ersten Mal einsitzen musste.

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Während Shorty mir von seiner Zeit im Knast erzählte, musste ich an Jay denken. Obwohl Jays Beutezüge umfangreicher als Shortys waren, hatten die beiden doch eine ähnliche Vergangenheit. Jay war schon sechs Mal im Gefängnis—meistens wegen Drogen—und hatte sich nur bereiterklärt, mir zu helfen, weil die örtliche Polizeibehörde ihn dazu aufgefordert hatte. Und wie alle anderen Scrapper auch, die ich kennengelernt hatte, hatte Jay eine Vorgeschichte von Drogenmissbrauch. Der Metalldiebstahl hatte ihm ursprünglich bei der Beschaffung geholfen. Jetzt, wo er einigermaßen clean war, bestand sein größtes Geschäft darin, Drogensüchtigen den in der Nacht gestohlenen Schrott für einen Spottpreis abzukaufen und ihn am nächsten Morgen mit Gewinn wieder auf den Schrottplätzen zu verkaufen.

Shorty war recht gesprächig. Während er seinen Wagen die Straße entlang schob, sponn er ein Seemannsgarn nach dem anderen über das Leben der Scrapper. Die interessanteste Geschichte—die ich leider nie überprüfen konnte—handelte von einem Undercovermillionär, der ein Vermögen damit machte, Schrott von den Grundstücken großer Institutionen in Cleveland, wie der Case Western Reserve und der Universitätsklinik, die über viel Land und Gerätschaften in der Stadt verfügten, zu horten. „Wenn der Typ die Tür zu seinem Haus aufgemacht hat“, erzählte Shorty, „kam ihm das Metall schon entgegen. Wenn der sein Zeug verkaufte, konnte er 2.000 Dollar die Stunde verdienen.“ Die Geschichte war die Scrapper-Version des amerikanischen Traums: Wer sich ordentlich anstrengt, kann damit reich werden.

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Obwohl es schwer zu glauben ist, dass ein einzelner Scrapper mit gestohlenem Schrott Millionen verdienen kann—in einer Stadt, wo jeder Dritte unterhalb der Armutsgrenze lebt—ist Metalldiebstahl attraktiver als viele andere Jobmöglichkeiten, legal oder illegal. Die Vorkommen sind unbegrenzt, die Gefahr, erwischt zu werden, gering, und der Weiterverkauf der Ware ist ein Kinderspiel. „Ich wünschte, ich hätte schon mit 20 von dieser Möglichkeit gewusst“, sagte Shorty, als wir beim New Western Reserve Recycling Center ankamen, einem trostlosen kleinen Schrottplatz um die Ecke. „Dann hätte ich jetzt meine eigene legale Firma, könnte mich zurücklehnen, wäre verheiratet und hätte 25 Kinder.“

Dann vollführte Shorty das Ritual, das ich noch Dutzende von Male auf meinem Ausflug mitansehen sollte, als er eindeutig gestohlene Gegenstände abgab, ohne dass irgendwelche Fragen gestellt wurden. Ein Angestellter nahm Shorty die Last ab und legte sie auf eine Waage mit Zementboden, wo er sie wog und fotografierte. Dann druckte ein Sachbearbeiter an einem Fenster einen Beleg aus, den er an einem anderen Fenster einlösen konnte. Als Shorty sein Geld abholen wollte, wurde der Schrott mit seinem digitalen Profil verlinkt, das der Schrottplatz führt. Diese neue Besonderheit wird von der jüngsten Gesetzgebung gefordert, damit die Polizei gestohlenen Schrott zum Verkäufer zurückverfolgen kann. Doch laut Polizeiangehörigen von Cleveland Central, wie Vize-Sergeant Heather Misch aus dem dritten Distrikt, hilft das nicht großartig weiter.

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Das Problem ist einerseits, dass man kaum zwischen Schrott unterscheiden kann, der nicht gestohlen wurde—wenn zum Beispiel ein Grundbesitzer alte Waschbecken oder Leitungen ordnungsgemäß entsorgt—und Schrott, der aus einem leer stehenden oder bewohnten Haus entwendet wurde. Außerdem werden Metalldiebstähle selten gemeldet, zumindest nicht im Falle von leer stehenden Gebäuden, denn die Besitzer sind selten vor Ort, um festzustellen, dass etwas gestohlen wurde. Metalldiebe operieren städte- und bundesstaatenübergreifend, um ihre Beute zu verscherbeln, oder schmelzen das Metall ein, zerkleinern es und packen es mit anderem Schrott zusammen, sodass es schwerer nachzuverfolgen ist.

Shorty brauchte nichts dergleichen an seinem Schrottplatz zu tun. Er wurde seine Beute, die er weniger als zwei Kilometer entfernt eingesammelt hatte, ohne Probleme los. Als sie ihm das Geld aushändigten, hielt er mir den Beleg mit seinen schmutzigen Händen unter die Nase. Das Ergebnis von fünfstündigem Wühlen auf der Straße? 5,54 Dollar.

Stadtrat Anthony Brancatelli aus Clevelands 12. Bezirk vor einem leer stehenden Haus in Slavic Village, dessen Aluminiumverkleidung—bis auf das Aluminium an der Aufgangstreppe—bereits komplett entfernt wurde.

In den letzten zehn Jahren ist das Scrapping in den USA zu einem weitverbreiteten Phänomen geworden. Da es sich um eine illegale Aktivität handelt, ist es schwer, konkrete Zahlen zu nennen, aber Gary Bush, ein Metalldiebstahlexperte am Institute of Scrap Recycling Industries (ISRI) in Washington, D.C., glaubt, dass es in den letzten Jahren noch angestiegen ist. ISRI hat 2008 ein Scrap-Alarmsystem entwickelt, das es Polizeistationen und Schrottplätzen ermöglicht, einander über Metalldiebstahl zu informieren. Ein paar Abteilungen der Sitte, die sich normalerweise mit Drogen- und Sexualverbrechen befassen, sind ebenfalls dazu übergegangen, Metalldiebstähle zu untersuchen, und laut ISRI sind zwischen 2009 und 2012 die Metalldiebstahlanzeigen um mehr als 500 Prozent angestiegen.

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Inzwischen jedoch ist das Bild des schmutzigen Metallsammlers zum kulturellen Bewusstsein des Landes durchgedrungen. In der neuen AMC-Krimiserie Low Winter Sun, die in Detroit spielt, kommen mehrere Folgen vor, die in der Welt der Drogenabhängigen und Scrapper spielen, und der Rapper Danny Brown aus Detroit hat sich den Titel von Young Jeezys Drogendealerhymne „Trap or Die“ zu eigen gemacht und kurzerhand in „Scrap or Die“ umgeändert, für einen Song, in dem er die Besonderheiten des Scrapper-Gewerbes beschreibt und es als Klassenkampf gegen die Grundbesitzer deutet: „This metal crowbar’s gonna get us through the door,“ rappt er.

„We come to take everything, nigga, fuck the landlord.“ Logisch, dass Detroit—Amerikas Sinnbild für den Zusammenbruch des postindustriellen Zeitalters—den idealen Hintergrund für die Scrapper-Mythologie darstellt. Der Scrapper ist der perfekte Antiheld der Stadtlandschaft. Er kriecht durch die Schatten und durchwühlt die Trümmer der amerikanischen Wirtschaft, um ihnen irgendeinen noch so kleinen Gewinn abzutrotzen. Viele Scrapper sind auf der Schiene gelandet, weil sie einen verlorenen Arbeitsplatz zu kompensieren hatten. Und wer könnte die aus der Rezession resultierenden Widersprüche besser verkörpern als diese postindustriellen Termiten? Sie sind die Schädlinge, hervorgebracht von der Rezession, die buchstäblich die Zukunft ihrer Städte ausweiden, aber gleichzeitig auch Unternehmer im klassischen Sinne, die notgedrungen und unerschrocken die Überreste einer niedergegangenen Wirtschaft aufsammeln.

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Auch wenn der Spielort für Geschichten amerikanischen Elends in Zeitungen und Zeitschriften meistens Detroit ist, so hat Cleveland ein wesentlich größeres Problem mit den Scrappern als die Autostadt. Zwar liegt Detroit hinter Cleveland an zweiter Stelle, was die Anzahl von Metalldiebstählen landesweit betrifft, aber rechnet man diese prozentual zur Bevölkerung auf, so ist es nicht einmal in den Top Ten bei den Anzeigen pro Kopf. Laut einer Studie der University of Indianapolis kommen hier auf 100.000 Einwohner 73 Anzeigen. Als Nächstes folgt Flint auf der Liste mit 66 Anzeigen; Cincinnati und Dayton sind auch ganz oben auf der Liste. Aber Cleveland bleibt auf Platz eins, und das Scrapping hat schon das FBI alarmiert, das kürzlich begann, organisierte Banden zu überprüfen und hochgehen zu lassen, die gestohlenes Metall zwischen den Bundesstaaten transportieren und von den Bundesverwaltungen regulierte Umspannwerke bestehlen.

Auf Landesebene wird der neuerliche Anstieg von Scrapping-Tatbeständen, der 2008 seinen Anfang nahm, von den meisten Experten als Nebenprodukt des Preisanstiegs von Stahl und Kupfer angesehen, der seinerseits auf den weltweit steigenden Bedarf an Metall zurückzuführen ist. Laut Joe Pickard, Chefökonom beim ISRI, begannen die Preise dann zu steigen und erreichten ihren Höhepunkt 2011, als Kupfer 4 Dollar pro Pfund kostete. Schrotthändler, Vertreter der Polizei und kundige Scrapper glauben, dass der Anstieg der Nachfrage auf den Bauboom in China zurückzuführen ist. Es hat aber auch damit zu tun, dass die amerikanische Bergbauindustrie hinter der geplanten Produktion zurückliegt. Jedenfalls gelangen etwa 30 Prozent des Schrotts, der illegal aus Wohn- und Lagerhäusern in den USA entfernt wurde, nach Übersee. Teilweise wird er dann in Form billiger industrieller Gebrauchsgüter an amerikanische Käufer zurückverkauft. Auch wenn die Rohstoffgewinnung in den USA in den letzten zwei Jahren enorm aufgestockt wurde und der chinesische Bauboom deutlich nachgelassen hat, lassen sich die Kriminellen, die zwischen 2008 und 2011 das Scrapping-Handwerk erlernt haben, davon nicht abschrecken.

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Stadtrat Anthony Brancatelli, der eine Initiative gestartet hat, um den Schrottdiebstahl in der Stadt zu unterbinden, glaubt, dass die durch den angeschlagenen Wohnungsmarkt entstandenen Mengen an Schrott ein weiterer wichtiger Grund für den Boom sind. Und Anthony muss es wissen: Sein Bezirk umfasst das Slavic Village, polnische, schwarze und lateinamerikanische Viertel, die stärker von der Hypothekenkrise betroffen waren als jeder andere Bezirk in den gesamten USA, und die durch Scrapping regelrecht verwüstet wurden.

An einem Morgen habe ich mich in einem schnuckeligen polnischen Diner mitten in Slavic Village mit Anthony getroffen. Er brauchte 15 Minuten, um meinen Platz zu erreichen, denn er musste fast jeden Gast begrüßen und ihm die Hand schütteln, mit einem väterlichen Witz auf den Lippen, der geistreich genug war, um die Leute zu beeindrucken, aber auch nicht zu witzig, um jemanden zu beleidigen.

Bei Toast und Rührei erzählte Anthony mir, dass die Wohnungsprobleme der Stadt schon Ende der 90er begannen, als die Einwohner massenweise Grundstücke kauften, mäßig investierten und sie zu überhöhten Preisen wieder verkauften. Damals gingen aufgemöbelte Kaschemmen zum Teil für 100.000 Dollar weg, und mit diesen im Wert überschätzten Immobilien begann die erste Welle von Zwangsvollstreckungen, die die Stadt überrollte.

In Central verschwinden ständig Gullydeckel, die in den meisten Fällen von Dieben und Scrappern wegen ihres Kupfergehaltes gestohlen werden.

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Ab 2000 herrschte auf dem Wohnungsmarkt große Konkurrenz, dank exotischer Finanzierungsmodelle. Hypotheken wurden verteilt wie Bonbons und die Menschen kauften über ihre Verhältnisse, ohne in der Lage zu sein, ihre Schulden zurückzuzahlen.

Etwa um 2008 erreichten die Preise für Schrott einen neuen Rekord. Leute wie Jay fingen an, in Teams zu arbeiten und professionelle Geräte aus der Baubranche zu leihen, um ihre Erträge zu vergrößern. Dann fingen Scrapper an, Gegenden auszunehmen, die noch gar nicht völlig verlassen waren, und kurz danach fingen die Gullydeckel an zu verschwinden und Umspannwerke wurden zu Hauptzielen.

„Es war so schlimm“, sagte Anthony, „dass Bauunternehmer ihre Fahrzeuge auf den Schrottplatz fuhren, weil sie für ihren zerbeulten Pick-up mehr bekamen, als wenn sie arbeiten gegangen wären.“

Während der Rest des Landes die Wohnungskrise langsam hinter sich lässt, bleibt Clevelands Quote für Hypothekenschwindel und Zwangsvollstreckungen bei 9,5 Prozent. Anthony ist der festen Überzeugung, dass ein kreativer Abriss der leer stehenden Häuser die einzige Lösung für das Wohnungsproblem der Stadt ist. Er ist Vorstandsmitglied der Cuyahoga County Land Bank, die heruntergekommene Gebäude aufkauft und sie entweder abreißt oder—was eher selten vorkommt—renoviert und verkauft. Anthony erzählte mir, dass sie in den letzten fünf Jahren 500 Gebäude vom Markt genommen hätten.

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Nach dem Frühstück nahm mich Anthony mit zu meinem ersten „Bando“, einem verfallenen und leer stehenden Wohnhaus ein paar Minuten von der östlichen 55. Straße entfernt. Die Eingangstür stand weit offen, die Aluminiumverkleidung war komplett abgerissen und jedes Stück Metall, dass dieses Haus jemals enthalten hatte, war verschwunden. Innen klafften riesige Löcher in der Trockenwand, wo Rohre und elektrische Leitungen herausgerissen worden waren. Anthony hat einfache Lösungen entwickelt und bei der Stadt erwirkt, in solchen Gebäuden Wasser und Strom abzustellen. Denn wenn die Metalldiebe die Rohre entfernt haben, läuft das Wasser aus und überschwemmt alles, und das tagelang. Und wenn sie unbedacht elektrische Leitungen herausreißen, besteht Brandgefahr.

„Abriss wäre die beste Lösung“, sagte Anthony zu mir, als wir aus der fauligen Luft des verfallenen Hauses hinaus in den Sonnenschein traten. „Je mehr leer stehende Gebäude es gibt, desto mehr werden dazu kommen.“

Anthony findet, dass leere Grundstücke besser sind als verfallene Gebäude, denn durch den Schaden, den die Scrapper anrichten, werden sie noch unverkäuflicher, als sie es ohnehin schon sind. Die Zerstörung zu reparieren, die jemand wie Shorty Rock für einen Gegenwert von 100 Dollar anrichtet, kann Tausende von Dollar kosten. Als wir das Bando verließen und durch Slavic Village fuhren, sah ich auf jedem Block Gemeindeparks und auf jeder Straße mindestens zwei oder drei Lücken von der Breite eines Hauses zwischen den Wohnhäusern. Auf einem Block gab es ein großes Velodrom für Radrennen, das auf einem zwangsversteigerten Grundstück gebaut worden war.

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Anthony und die Ortsansässigen ziehen den Abriss vor. Aber Leuten wie Shorty und Jay—die ohne Arbeit sind und ohne Aussicht auf einen legalen Job—verbaut der Abriss eine gute Gelegenheit, Geld zu machen. Als ich wieder aus Slavic Village herausfuhr, fiel mir ein, was Shorty gesagt hatte. „In Cleveland stehen Tausende von Häusern herum, die zum Abriss verdammt sind. Aber was machen sie mit dem ganzen Zeug in den Häusern? Sie werfen es auf die Müllkippe. Warum lassen sie nicht lieber vorher Arbeitslose in die Häuser, die alles rausholen? Es wird doch sowieso abgerissen.“

Das ist das Paradoxe am Metalldiebstahl: Die wirtschaftlichen Kräfte, die die Wohnungskrise auslösten, sind die gleichen, die die Scrapper auf den Plan riefen, die dank ihrer Trümmer überleben. Auch wenn die Stadtväter und Anthony sie als ihre Feinde betrachten, die die geringen Mittel der Stadt noch mehr schröpfen, sind beide Gruppen Teil einer zerstörten Wirtschaft, und sie werden nicht aufhören, einander zu drangsalieren, bis die Stadt ein wirtschaftliches Mittel gefunden hat, um ihre Wunden zu heilen. Sie sitzen alle in einem Boot.

Der Abriss hat einen Vorteil: Er erlaubt, etwas Neues und Spannendes zu bauen. Leider ist aber Slavic Village, mit seinem Velodrom und seinen Gemeindeparks, eine Ausnahme im Osten von Cleveland. Anders als der Westen der Stadt, mit seinen hippen, unkonventionellen Arbeitsräumen für Künstler in alten Fabriken, verkommt der Osten immer mehr zu einer Art Geisterstadt, wie man sie aus Western kennt. Man kann sich gut vorstellen, wie trockene Grasballen durchs Central wehen und hier und da in einen deckellosen Gully fallen.

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Henrietta „Cookie“ Kolger, die Besitzerin des Tyroler-Scrap-Schrottplatzes, zahlt einem Scrapper Geld für diverse Metallreste.

Obwohl die Scrapper mit ihrem Metalldiebstahl schon ganz gut verdienen, sind es die Schrotthändler, die das ganz große Los gezogen haben. Sie sind wie Pfandleiher, die ihre Hände nicht dreckig machen und selten Strafen hinnehmen müssen. Ich war neugierig, wie sie den Ankauf von gestohlener Ware vom moralischen Standpunkt aus sehen (falls sie überhaupt einen haben), und fragte herum, wo man am besten seinen Schrott verkaufen könnte, und einen Namen hörte ich immer wieder: Henrietta Kolger, auch bekannt als Cookie. Jay und Anthony sagten einhellig, dass Henrietta und ihr Schrottplatz, Tyroler Scrap, alles an Metall nimmt, ganz gleich, wie verbogen, herausgerissen und -gehebelt es wirkt. Bei Vize-Sergeant Misch stand sie auf der Liste von zwielichtigen Schrottplätzen, die sie unter die Lupe nehmen wollten, ganz oben. Ein Scrapping-Opfer hat sogar einmal sein Eigentum auf dem Tyroler-Scrap-Schrottplatz wiedergefunden.

Wochenlang versuchte ich, ein Interview mit Cookie zu bekommen, aber immer, wenn ich anrief, hörte ich eine neue Ausrede: „Du musst vor 15:00 Uhr anrufen. Am späten Nachmittag ist sie nie da.“ „Nein, sie kommt nicht vor 14:30 Uhr. Ruf doch morgen noch mal an.“ „Ach, du hast sie gerade verpasst. Sie ist zur Bank, um Geld einzuzahlen …“ Aber Cookie und ihre Leute hatten auch allen Grund, vorsichtig zu sein. Die Schrotthändler von Cleveland waren inzwischen in die Schusslinie geraten. Journalisten von der Lokalpresse und Polizei hatten ihr in letzter Zeit öfter auf den Zahn gefühlt, und sie wollte vermeiden, in irgendetwas verwickelt zu werden. Nachdem ich zwei Tage hintereinander persönlich auf ihrem Schrottplatz vorstellig geworden war und ihr versichert hatte, dass ich nur ihre Seite der Geschichte erzählen wollte, da ja sowieso jeder über sie sprach, erklärte sie sich einverstanden, sich mit mir zu unterhalten.

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Cookies Schrottplatz ist anders als die anderen auf der östlichen 55. Straße, von denen viele erst in den letzten Jahren im Zuge der steigenden Schrottpreise aus dem Boden geschossen sind. Tyroler ist ein kleines Familienunternehmen, das bereits seit 1935 besteht. Cookies verstorbener Ehemann Robert Becker übernahm den Schrottplatz im März 1988. Er war Schweißermeister, und mit Metall zu arbeiten, war sein Leben. Jeden Cent, den er verdiente, gab er für neues Metall aus.

Zwei Monate, nachdem Robert seinen Traum vom eigenen Schrottplatz verwirklicht hatte, bekam er einen schweren Herzinfarkt; er war erst 45 Jahre alt. Vor seinem Tod hatte Cookie als Hotelmanagerin gearbeitet, aber im Andenken an Robert beschloss sie, die Scherben aufzusammeln und Tyroler zu übernehmen. Heute arbeiten auf dem Schrottplatz ihre älteste Tochter, ihr jüngster Sohn und ihr zweiter Ehemann.

Tyroler sieht aus wie viele andere kleine Schrottplätze. Draußen steht eine Fahrzeugwaage für die großen Ladungen, und in einer überdimensionierten hellblauen Garage befinden sich die Zahlkabine und eine kleinere Waage für den Schrott, den Schmalspur-Scrapper anschleppen.

Nach so viel Theater im Vorhinein, war ich überrascht, als ich die „Obermama“ des Clevelander Schrottbusiness’ schließlich persönlich kennenlernte. Ich hatte gedacht, sie wäre knallhart, würde reden wie ein Wasserfall und eiskalt verhandeln. Aber als ich die holzgetäfelte Zahlkabine betrat, in der eine Klimaanlage summte und es nach mexikanischem Essen roch, stand ich jemand völlig anderem gegenüber. Cookie ist eine zerbrechliche, runzelige Frau mit einer zitternden Stimme und Krampfadern, die man durch ihre fast transparente Haut sehen kann. Sie trug bequeme Schuhe und hatte einen schweren Schritt, mit dem es ihr sicher schon schwergefallen wäre, einfach nur über den Hof zu gehen.

Es wurde sofort deutlich, dass Cookie eine klare Vorstellung davon hatte, welchen großen Wert sie für die Gemeinde hatte und dass sie sich für einen guten Menschen hielt. „Ich behandele diese Leute wirklich gut“, sagte sie mir, als ich sie nach ihrem Ruf bei ihren Kunden fragte. „Ich habe keine Vorurteile. Ich glaube bei niemandem, dass ich über ihm stehe … Ich mache das hier schon solange, dass mich meine Kunden ‚Mom‘ nennen. Wenn sie auf den Hof gefahren kommen, rufen sie immer: ‚Hey, Mom! Wie geht’s dir heute? Alles gesund?‘“

Sie bedauerte, dass die Tage vorbei seien, als noch arme schwarze Kinder, barfuß und schmutzig, Aluminiumdosen sammelten, um sich im Sommer Eiscreme zu kaufen. In den letzten Jahren wurden die Regelungen verschärft, und jetzt muss man 18 sein, wenn man Schrott verkaufen will, selbst wenn es sich um Limodosen handelt.

Als ich ihr erzählte, was ich alles über Clevelands Metall-Business erfahren hatte, hob sie den Kopf bei der Vorstellung, wie Plünderer den Menschen die Metallverkleidung von den Häusern reißen und Schrotthändler das Metall nach China schicken. Sie erzählte mir, dass sie die Lokalpolitiker im Rathaus schon oft aufgefordert hat, Scrapping-Genehmigungen zu erteilen, aber man hörte ihr nicht zu. Wie auf allen anderen Schrottplätzen in Cleveland auch werden auf dem Tyroler alle Käufe mit einem Ausweis abgeglichen, was den Diebstahl aber nicht eingedämmt hat. Als ich Cookie fragte, warum die Scrapper bevorzugt ihren Schrottplatz aufsuchen, blickte sie verletzt drein.

„Wenn sie erwischt werden, sagen sie alles, um sich selbst Ärger zu ersparen“, sagte sie. „Aber Richard, der den Schrottplatz leitet, wird es dir sagen. Richard, nehme ich Gullydeckel an?“

Richard, ihr zweiter Ehemann, stimmte mit vollem Mund mit ein: „Die nehmen wir nur, wenn wir einen beglaubigten Brief von einem Bauunternehmer haben.“

„Ich weiß, wenn die Schrottplätze geschlossen sind, gibt es immer noch Leute, die solchen Schrott kaufen“, sagte sie. „Und sie bezahlen schlechter. Chris und ich wiegen das Metall hier.“ Dann forderte sie ihre Tochter auf, sie zu bestätigen, und rief: „Chris, wenn hier einer mit ’ner Wagenladung Gullydeckel auftaucht, was sagst du dem?“

Chris steckte ihren Kopf in die Kabine, in der wir saßen, und leierte automatisch herunter: „Die würden wir nicht kaufen. Keiner hier würde die annehmen. Das dürfen wir gar nicht.“

Ich hatte den Namen eines Gullydeckel-Scrappers, der ein paar Monate zuvor ins Gefängnis gewandert war. Als ich Cookie bat, in ihrem Geschäftsbuch nachzusehen, fingen ihre Hände und ihre Stimme an zu zittern. Im Gegensatz zu den neueren Schrottplätzen, die Computer benutzen, um Fotos, Schrottladungen und Ausweisprofile einander zuzuordnen, wurden die Unterlagen im Tyroler in einem Schnellhefter abgelegt.

„Wie schreibt man den Namen?“, fragte Cookie.

„J-E-F-F-E-R-Y S-H-U-G-A-R-T“, antwortete ich.

Sie blätterte auf die Seite mit S, und wir sahen die Reihen mit Bildern durch, die wie Fahndungsfotos aussahen. Shugart war nirgendwo zu sehen. Da blieb nicht mehr viel zu sagen, und ich verabschiedete mich. Auf dem Weg hinaus traf ich auf einen Scrapper, der Kupferstreifen mit einer Klinge schnitt. Ich fragte ihn, ob ich mit ihm sprechen könnte oder ob mein Fotograf ein Foto von ihm machen dürfte, doch er blockte ab.

„Ich sag kein Wort“, sagte er.

Weil es sich bei Metalldiebstahl um eine Straftat handelt, wurden einige Namen in diesem Artikel verändert, um die Betreffenden zu schützen.

Fotos von Peter Larson
Besonderen Dank an Jim Henry