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Schweizer Künstler lassen Pegida für Flüchtlinge demonstrieren

Je mehr Menschen für Pegida demonstrieren, desto mehr Geld geht an Flüchtlings- und Integrationsprojekte.

Screenshot von Facebook.

Im November 2014 zog eine sehr gelungene Aktion ihre Wellen durch das Internet. Unter dem Namen „Rechts gegen Rechts" liess diese geschickt orchestriert Neonazis für die Aussteigerorganisation Exit spenden. Für jeden Meter, den die Rechtsextremene bei einem Trauermarsch in Wunsiedel hinter sich liessen, spendete Rechts gegen Rechts 10 Euro an Exit. So schafften sie es nicht nur zu weit über einer Million Views auf YouTube, sondern sie deuteten auch destruktives Gedankengut zu einem konstruktiven Zweck um.

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Von diesem Konzept haben sich nun einige Kunst- und Kulturschaffende zusammen mit politischen Aktivisten in der Schweiz inspirieren lassen. Sie schlossen sich zu „Bäägida" zusammen, um „die Abschaffung von Pegida durch sich selbst" zu erreichen, wie sie auf Nachfrage erklären. Innerhalb von drei Tagen gründeten sie einen Verein, eröffneten ein Spendenkonto und schalteten eine Homepage online. Auf der Homepage suchen sie nach Freiwilligen, die für jeden Teilnehmer an einer Pegida-Demo in der Schweiz einen frei wählbaren Betrag spenden.

Das gesammelte Geld soll an ausgewählte Institutionen, die in der Flüchtlingshilfe, der Integration und der humanitären Hilfe tätig sind, fliessen. Welche Institutionen das konkret sind, möchten die Organisatoren aus Angst davor, dass diese zur Zielscheibe von Aggressionen gegenüber Bäägida werden könnten, nicht verraten. Auf Nachfrage sagen sie aber, dass sie bewusst alternative und kleinere Projekte auswählen, die nach Möglichkeit auch in der Region der Pegida-Demo verortet sind—und dass sie noch weitere Projekte zur Unterstützung suchen.

Pegida Schweiz selbst hat in den vergangenen Wochen einiges an Aufwind bekommen. Anfang Januar verkündeten sie stolz, dass für den 3. Februar ihre erste Kundgebung in der Schweiz auf dem Basler Marktplatz genehmigt wurde—die Genehmigung eingeholt hatte kein geringerer als unser guter Freund Eric Weber.

Wie auch bei den Pegida-Demos im bei Basel gelegenen Kandern, mobilisierten Pegida-Gegner mittels Facebook-Veranstaltung für eine Gegenkundgebung—ebenfalls auf dem Marktplatz. Sie hofften nicht nur darauf, dass Eric Weber am Pegida-Event wieder einmal für einen viralen Youtube-Hit sorgen wird, sondern holten in Form der Jungen Grünen und der Juso auch eine Bewilligung für die Kundgebung ein. Innert kürzester Zeit sagten weit mehr als 1.000 Menschen beim Anti-Pegida-Event zu.

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Die Kantonspolizei Basel-Stadt entzog kurz darauf aber beiden Kundgebungen wieder die Bewilligung, weil sie sich Sorgen machte, dass sich der Basler Marktplatz am 3. Februar in ein Schlachtfeld verwandeln könnte. Der auf Facebook angeschlagene Ton („Mit Nazis kann man nicht reden!" versus „Wir tragen keine Verantwortung für Nazi-Teilnehmer an der Pegida-Demo!") unterstützte diese Sorge mindestens so sehr wie die Information der Polizei, dass gewaltbereite Gruppen aus dem In- und Ausland sowohl auf Pegida, als auch auf der Gegenseite erwartet wurden.

Pegida Schweiz möchte das aber nicht einfach so auf sich sitzen lassen und kündigte in trotzigem Ton an, vor Gericht gegen das Demoverbot vorzugehen—und sich notfalls auch ohne Genehmigung zu versammeln. Mittlerweile möchte Pegida Schweiz nicht nur in Basel ihrer Islamophobie freien Lauf lassen, sondern auch in Luzern, Aarau, Frauenfeld, Zürich und Bern—vielleicht sogar mit dem Schweizer Pegida-Darling Ignaz Bearth.

Beste Voraussetzungen also für die Spendenaktion von Bäägida. Ob sie wie das deutsche Vorbild Rechts gegen Rechts die Grenze von 10.000 Euro knacken kann, ist angesichts der erschwerten Bedingungen für Pegida zwar unwahrscheinlich. Zu wünschen wäre es Bäägida, den Flüchtlingen und nicht zuletzt Pegida selbst aber allemals.

Sebastian auf Twitter: @seleroyale

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