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Was wir 2016 über Wahlen gelernt haben

"Na schau, da is unser Bundespräsident."

Collage: VICE Media

Wir haben es fast geschafft. Ganz ehrlich—das Jahr 2016 war gefühlt gar nicht mal so leiwand und dauerte weitaus länger als es sollte. Ähnlich wie die längste Wahl der Welt. Selbst die hat aber schließlich ihr endgültiges Ende gefunden. Und das sogar weitaus unspektakulärer, als nach dem Trump-Sieg einige Wochen zuvor vielleicht befürchtet. Das Wahljahr 2016 lehrte uns so vor allen Dingen Hoffnung.

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Jedenfalls—seit 4. Dezember steht nun endlich Österreichs neuer Bundespräsident fest. Keine Verschiebungen und Wahlanfechtungen, kein Klebergate, keine Lügen, keine indischen Softpornos, und vor allem keine unschuldigen, dicken Kater mehr, die für den Wahlkampf missbraucht werden. Dr. Alexander van der Bellen. Halleluja!

Bis dahin war es allerdings ein ziemlich weiter Weg, nicht selten unschön und ein bisschen grindig. Ob an dieser Stelle jetzt ein House of Cards- oder ein Game of Thrones-Vergleich angebrachter ist, darf jeder selbst entscheiden. Fakt ist—die erste Lektion, die wir dieses Jahr dank des ganzen Hin und Hers lernen durften war, dass wir unserem Lieblings-Heinzi noch nicht mal annähernd genug Liebe dafür gezollt haben, dass er uns zwölf skandalfreie, schöne Jahre bescherte.

Anfangs schien trotzdem alles so deppensicher. Fünf beziehungsweise sechs Kandidaten—je nachdem, wie ernst man Lugners Kandidatur nahm—und zwei Wahldurchgänge später würde Ende Mai dann der neue Bundespräsident feststehen. Falsch gedacht. Wir mussten lernen, dass Wählen auch weitaus komplizierter geht. (Und wir nicht die Einzigen sind, die es einfach nicht hinkriegen.) Spätestens als am 23. Mai die 700.000 Briefwahlkarten ausgezählt waren und Van der Bellen mit verdammt knappen 50,3 Prozent die Wahl für sich entscheidet, wurde es etwas absurd. Wir erinnern uns:

Die FPÖ ficht daraufhin nämlich tatsächlich das Wahlergebnis an und ist nach der erfolgreichen Beschwerde ein ziemlich schlechter Gewinner. Damit nicht genug, muss auch noch der neue Wahltermin verschoben werden, weil es Probleme mit den Wahlkarten gibt; genauer gesagt mit der Klebefläche des Briefwahl-Umschlags. Wir fragen uns langsam, was die jeweiligen Kandidaten überhaupt im Land verändern würden und die FPÖ gibt uns ziemlich eindeutige Antworten. Hofer-Wähler erklären uns, warum man ihn (trotzdem) wählen sollte. Andere Anhänger entscheiden sich im letzten Durchgang doch noch anders.

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Ob dieses Wahlkampfs der Polarisierung ist man schließlich immer mehr versucht, ernsthaft an Auswanderung zu denken; in diesem Artikel erfahren wir aber, warum das auch nichts bringt. Am Ende gibt es zum Glück die Erkenntnis, dass doch alles gut wird—Van der Bellen wird auch bei der zweiten Stichwahl im Dezember von der Mehrheit gewählt. Dieses Mal sogar so eindeutig, dass selbst vor Auszählung der Briefwahlkarten nichts mehr am Ergebnis zu rütteln ist. Wir lernen, dass es offenbar nicht die allerbeste Idee ist, Wahlergebnisse anzufechten—besonders wenn man wie die FPÖ dann sogar ganze zweimal schlechter abschneidet. Unser Redakteur Franz Lichtenegger erfährt davon im übrigen vermutlich als letzter Österreicher.

Das Wichtigste allerdings zum Schluss: Vor allem haben wir gelernt, dass Österreich doch anders kann—dass wir kein rückwärtsgewandtes, anti-europäisches und nationalistisches Land sind, sondern uns für eine weltoffene, liberale Politik entschieden haben, die auch unsere internationale Reputation wieder ein bisschen herstellt.

Was ihr aus diesem Wahljahr sonst noch mitnehmen könnt—solltet ihr 2022 selbst zur Bundespräsidentschaftswahl antreten wollen—, lest ihr am besten hier noch einmal genauer nach:

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