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Sind FPÖ-Kugelschreiber auf Polizei-Dienststellen ein Problem?

Es ist nicht der erste Fall—und auf den ersten Blick auch keine große Sache. Bis man beim Innenministerium nachfragt.

Foto: Screenshot via Twitter

Auf Twitter kursiert wieder einmal ein Foto, das einen FPÖ-Kugelschreiber in einer Polizei-Dienststelle zeigt. "Das ist doch vollkommen egal. Es ist nur ein Kuli", ist man da fast geneigt, den überkorrekten Kritikern zu antworten.

Und bisher haben wir in der Redaktion das auch immer gesagt, wenn in fast regelmäßigen Abständen so ein Fall publik wurde. Wenn man die Einzelfälle alleine auf Twitter zusammenzählt, kommt jedoch einiges zusammen. FPÖ-Wahlwerbung auf unabhängigen Polizei-Dienststellen—ist das wirklich eine Sache? Und selbst, wenn ja; ist sie wirklich so problematisch?

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Ja, sagt immerhin der Verhaltenskodex des Innenministeriums. Selbst der "Anschein der Befangenheit" sollte vermieden werden—und schon "bei geringsten Zweifeln" sollte die Dienststellenleitung informiert werden, heißt es. Das Beispiel des Kugelschreibers wird sogar wörtlich genannt:

Screenshot aus dem BMI-Verhaltenskodex

Offenbar nimmt aber selbst die eigene PR-Abteilung die Vorschriften nicht so genau. Zumindest war ihre erste Antwort auf Twitter ein bisschen im Stil von "Scheißt's euch nicht an". Vier Stunden später dann die Kurskorrektur: Der Sache wird nachgegangen. Sieben Stunden später: Der Kuli wurde ersetzt.

"Welche der beiden Antworten soll ich jetzt ernst nehmen", fragte Ursula B., die das Foto getwittert hatte, vergeblich. Auf Nachfrage von VICE antwortet Pressesprecher Johann Golob nicht direkt, aber die zweite Antwort meinend: "Parteipolitische Kugelschreiber stehen unseren Werten, die im Verhaltenskodex geregelt sind, klar im Weg. Wir tun alles, um den Eindruck der Befangenheit zu unterlassen." Laut Golob wolle die Polizei in diesem Bereich verstärkt in den Dienststellen sensibilisieren.

Die Gratwanderung sei schwer, erklärt Golob. Fotos von Polizisten mit wahlwerbenden Politikern wolle man jedenfalls auf keinen Fall sehen. Auch Wahlwerbung (Plakate, Info-Folder, Feuerzeuge, Kugelschreiber, T-Shirts) im öffentlichen Bereich der Dienststelle gehe nicht.

Die Trennung sei aber schwer, weil es innerhalb der Polizei auch Interessenvertretungen gebe, die Wahlwerbung machen. Konkret sind das nach dem letzten Wahlergebnis gereiht die FCG (ÖVP), FSG (SPÖ) und AUF (FPÖ). Für die nächste Wahl werden abermals große Zugewinne der AUF erwartet.

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Interessant ist jedoch schon, dass auf den Fotos keine AUF-Kugelschreiber, sondern FPÖ-Kugelschreiber zu sehen. Und dass der FPÖ-Kugelschreiber im konkreten Fall nicht zufällig am Tisch liegt, sondern mit einem Bändchen fixiert wurde—obwohl die Polizei laut Eigenangabe mehr als genug an eigenen Kugelschreibern hat. Unklar ist, ob hier jemand bewusst den Kugelschreiber ausgetauscht hat. Und falls ja, mit welchem Ziel.

Bei näherer Betrachtung wirkt das Problem gar nicht so harmlos. Wollen wir eine parteipolitisch motivierte Polizei? Sollte sie nicht unabhängig, neutral und unvoreingenommen agieren? Ist es ein Problem, wenn in einer Polizei-Inspektion ein FPÖ-Plakat oder Wahlkampf-Shirt hängt? Falls ja, ist der Kugelschreiber, das wahrscheinlich gängigste Wahlkampf-Produkt aller Zeiten, auch eins.

Kennst du ein ähnliches Beispiel von Wahlwerbung bei der Polizei oder anderen öffentlichen Einrichtungen? Erzähle Christoph davon.

Immerhin ist ein Kugelschreiber nicht nur eine Werbefläche, sondern symbolisiert in vielen Situationen auch die Zugehörigkeit einer Person. Bei Tagungen erkennen Personen einander oft anhand der Unternehmens-Kulis und bei Pressekonferenzen schauen die Veranstalter gern auf den Kuli des fragestellenden Journalisten.

Mehr wollen wir dazu auch nicht sagen, sondern weiter beobachten, ob Wahlwerbung in öffentlichen Institutionen—egal, von welcher Partei—eine Regelmäßigkeit aufweist, oder es sich nur um bedauernswerte Einzelfälle handelt. Denn auch, wenn die Absicht keine böse ist, sollten sich öffentliche Institutionen neutral und unbefangen geben. Erst recht solche, wo Leute Anzeigen zu Straftaten und Beschwerden über Fehlverhalten einbringen.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner