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Drogen

Drogendealer erzählen von Situationen, in denen sie fast erwischt wurden

"Der Polizist fragte, wo denn das Problem läge, und der verdammte Student antwortete doch tatsächlich: 'Der da ist ein Drogendealer!'"

Alle Fotos: bereitgestellt vom Autor

Jeder chronisch pleite Drogenkonsument hat mit Sicherheit schon mal mit dem Gedanken gespielt, selbst als Dealer tätig zu werden. Dieser Job hat auch gewisse Reize: Man braucht keine Ausbildung oder Referenzen, man wirkt bei bestimmten Leuten ziemlich "cool" und man verdient schnell viel Geld. Zumindest so lange, bis der Drogenverkauf legalisiert wird.

So weit sind wir aber noch nicht. Je nachdem, was man an den Mann bringt und in welchem Land man sich dabei befindet, liegt die Strafe für den Verkauf von Drogen zwischen einer Verwarnung und einem Leben hinter Gittern. Als Dealer muss man sich dieses Risikos bewusst sein und damit umgehen können. Denn obwohl nicht jeder Drogenhändler zwangsläufig geschnappt wird, ist es Erzählungen nach mindestens einmal zumindest richtig knapp davor. Um herauszufinden, wie genau eine solche heikle Situation aussieht, haben wir mit drei Dealern gesprochen, die schon mal ein brenzliges Stelldichein mit den Behörden hatten.

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"Dom", 21, hat Kokain verkauft (inzwischen "nur noch ein wenig Gras")

Ich habe angefangen, Koks zu verkaufen, weil ich damals mit 18 aufhören wollte, es zu konsumieren. Ich hatte mir zuvor immer nur bei Partys ein Näschen gegönnt, aber kurz nach meinem Geburtstag wurde es dann auch zur Gewohnheit, vor der Arbeit oder morgens zum weißen Pulver zu greifen. Manchmal ersetzte das Kokain sogar meinen Kaffee.

Ich wusste, dass ich drohte, in die Sucht abzurutschen. Das wollte ich nicht und dachte mir deshalb: "OK, ich sollte mich hier etwas wirtschaftlicher orientieren." Da ich zu diesem Zeitpunkt noch eine geringe Menge in meiner Schublade hatte, schrieb ich meinen Freunden deshalb Nachrichten nach dem Motto "Braucht ihr was?" oder "Bei mir schneit es. Meldet euch!"

Dann setzte der Schneeballeffekt ein und ich holte mir einen neuen Kontakt, der mich jede Woche mit knapp 60 Gramm Kokain für den Weiterverkauf versorgte. Ich ließ sogar ein paar meiner Freunde für mich dealen. Damit musste ich aber schnell wieder aufhören, denn sie wurden richtig unvorsichtig. Ich verkaufte zwar weiterhin die gleiche Menge, aber wieder unabhängiger. Außerdem griff ich von da an auf ein Wegwerfhandy zurück und stellte nur einen anderen Typen an—und der wusste nicht, wer ich war. Er hatte lediglich meine Nummer.

Alles lief gut, aber ich selbst habe trotzdem immer noch ein bisschen gekokst. Jetzt nicht übertrieben, sondern nur als kleiner Boost während des Lernens fürs Studium und um alles auf die Reihe zu kriegen. Einmal schlug ich dann jedoch etwas über die Stränge, als ich in der Uni-Bibliothek schnell eine Line hinter einem Stapel Bücher wegzog.

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Gut zehn Minuten später bemerkte ich nämlich, dass fünf oder sechs Security-Mitarbeiter aus dem Aufzug stiegen, in meine Richtung gingen und dann sogar auf mich zeigten. Mir rutschte natürlich das Herz in die Hose und ich rannte auf die Behindertentoilette, wo ich die restlichen acht Gramm, die ich noch bei mir hatte, im Klo runterspülte. Ich täuschte zudem noch einen Nervenzusammenbruch vor, damit sie mir keine weiteren Fragen stellten.

Nach diesem Zwischenfall hatte ich richtig Schiss und es fiel mir schwer, noch weiter Kokain zu verkaufen. Ich war zur Hälfte mit meinem Studium fertig und da ich genug Geld beiseite gelegt hatte, um ein halbes Jahr über die Runden zu kommen, hörte ich einfach komplett auf. Inzwischen bringe ich nur noch ein wenig Gras an den Mann.

"Bell", 28, verkauft MDMA

Vor zehn Jahren, als ich mit der ganzen Sache anfing, waren meine Hauptkunden noch normale Clubgänger. Dann sind Festivals jedoch immer größer geworden und jeder fuhr plötzlich diese Skrillex-Deadmau5-Avicii-Schiene. In diesem Zug begann dann auch eine ausgedehnte MDMA-Phase, in der ich mir eine goldene Nase verdiente.

Im Sommer 2013 versuchte ich, alle großen Festivals abzugrasen und dort MDMA zu verkaufen. Hier muss man jedoch abwägen, wie viel man durch die minimalen Mengen verdient, die man unbemerkt reinschmuggeln kann. Ich meine, die Tickets sind schließlich nicht gerade günstig und man muss ja auch mal was essen und trinken. Ich habe pro Festival immer so um die 200 Euro an Kosten eingeplant, weil ich ziemlich sparsam war. Das bedeutete aber dennoch, dass ich eine ziemlich große Menge MDMA reinbringen musste, um am Ende schwarze Zahlen zu schreiben.

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Nach zwei Festivals hatte ich dann gut 1.300 Euro Profit gemacht, was für ein paar Tage relativ spaßige Arbeit ja ganz passabel ist. Für das größte Elektro-Festival kaufte ich mir dann so richtig dumm aussehende Timberland-Stiefel und baute in deren Sohlen ein Geheimfach ein, in dem rund 40 Gramm MDMA Platz hatten. Das Ganze war echt kaum zu erkennen und ich war auch extrem stolz auf mich.

Als ich dann am Eingang anstand, fiel mir jedoch auf, wie unpassend mein aus Jeans,T-Shirt und Timberlands bestehendes Outfit anmutete. Jeder war nämlich in neongrünen oder pinken Tanktops unterwegs und trug billige Sonnenbrillen und Laufschuhe. Außerdem hatte ich statt einer Begleitung nur meinen Geldbeutel und eine Wasserflasche dabei. Die Security-Mitarbeiter tasteten mich dann ab und wiesen mich an, meine Stiefel auszuziehen. Ich denke mal, sie dachten bei meinem Aussehen direkt, dass ich nichts Gutes im Schilde führte.

Sie untersuchten die Stiefel, klopften daran herum und gaben sie mir schließlich wieder zurück. Anstatt mich jedoch aufs Festival zu lassen, meinte einer der Mitarbeiter, dass ich noch auf einen Manager warten müsste. Da wurde mir klar, dass die Kacke am Dampfen war. Also entfernte ich mich ganz langsam vom Eingang weg und nach 50 Metern rannte ich einfach zurück zu meinem Auto. Ich bin dann mit bestimmt 130 Sachen davongepeitscht. Scheiße, ich komme mir wegen der Sache immer noch richtig dumm vor, aber der Adrenalinrausch war auch nicht schlecht.

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"Express", 24, hat verschiedene Pillen, Kokain und einmal auch DMT verkauft

Ich fing mit dem Verkauf von Drogen an, als mein kleiner Bruder etwas von meinem Ritalin abhaben wollte. Ich sagte ihm, dass er die ganze Flasche haben könnte, und er fragte mich daraufhin: "Dir ist schon klar, wie viel das Zeug wert ist, oder?" Das war ein Fehler, denn dann habe ich natürlich Geld verlangt. [lacht] In diesem Moment realisierte ich aber auch, dass ich die Pillen verkaufen könnte, die mir mein Arzt zwar verschrieb, ich aber nicht nahm.

Verschreibungspflichtige Aufputschmittel zu verkaufen, ist nicht ideal, weil man ja den eigenen Vorrat anzapft und das Zeug auch nur durch einen Arzt bekommt. Außerdem sind die guten Kunden eher rar gesät. Studenten benötigen die Wachmacher oftmals nur für aufwändige Projekte oder wenn sie einen Riesenberg an Aufgaben abarbeiten müssen. Nur ganz wenige von ihnen sind wirklich süchtig und besitzen gleichzeitig nicht das Know-how, um einen Arzt dazu zu bringen, ihnen ein Rezept auszustellen. Genau diese Studenten waren aber leider meine zuverlässigsten und treuesten Abnehmer solcher Pillen—egal ob nun Elvanse, Adderall oder was auch immer. Je nach Dosis bezahlten sie mir zwischen sieben und 14 Euro pro Stück und kauften mir alles ab.

Ein Kunde wollte so häufig etwas von mir, dass ich irgendwann gar nicht mehr nachkam. Eines Tages sind wir uns dann zufällig auf dem Unigelände begegnet und er fragte mich, warum ich seine Nachrichten nicht mehr beantwortete. Meine Vorräte waren damals einfach aufgebraucht, aber das wollte ich natürlich nicht zugeben. Ich versuchte dann, die Situation zu beruhigen, weil er immer lauter wurde. So zog er schließlich die Aufmerksamkeit eines sich in der Nähe aufhaltenden Polizisten auf uns. Der Beamte kam rüber und ich machte mir richtig in die Hose. Er fragte, wo denn das Problem läge, und der verdammte Student antwortete doch tatsächlich: "Der da ist ein Drogendealer!"

Der Beamte schaute mich zwar mit ernstem Blick an, hatte aber keinen Grund, mich zu durchsuchen. Zum Glück, denn ich hatte drei Gramm Kokain dabei. Er stellte mir lediglich ein paar bohrende Fragen und machte Notizen. Letztendlich schrieb er sich noch meinen Namen, meine Anschrift und so weiter auf und ging wieder.

Nach diesem Zwischenfall habe ich das Dealen komplett sein lassen. Zwar ließ sich damit schon gut Geld verdienen, aber so eine brenzlige Situation will ich garantiert nicht noch mal erleben. Ich habe mich dann auch direkt im Internet darüber informiert, was die Strafe für den Besitz einer geringen Menge Koks ist, und habe erstmal große Augen gemacht. Wenn man nur haarscharf einer Festnahme entgeht und danach realisiert, was einem geblüht hätte, dann denkt man wirklich zweimal darüber nach, ob es die ganze Sache überhaupt wert ist. Und diese Frage habe ich mit nein beantwortet.