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Wessen Bildung? Unsere Bildung!

Die Verantwortlichen hatten die Schlusskundgebung des „Tag der Bildung" aus Angst vor Ausschreitungen abgesagt. Die „Nachdemo" fand trotzdem statt.
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Am 13. Januar organisierten verschiedene Zürcher Bildungsinstitutionen und Lehrerverbände einen „Tag der Bildung". Gemeinsam wollten sie sich gegen die Sparpläne des Kantons Zürich positionieren, der 2017 rund 700 Millionen Franken einsparen will. Am stärksten betroffen sind die Bereiche Gesundheit mit 322 Millionen, der öffentliche Verkehr mit 134 Millionen und eben Bildung mit 49 Millionen Franken geplanten Einsparungen.

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Abschliessen wollte man den aktionsreichen Tag mit einer Kundgebung auf dem Bürkliplatz. Im Anschluss darauf hatten StudentInnen, SchülerInnen und VertreterInnen des akademischen Mittelbaus unter dem Namen „Kämpfen für Bildung" zu einer Demonstration gegen die Sparmassnahmen aufgerufen.

Es kam anders. Die Organisierenden des „Tag der Bildung" sagten die Kundgebung, einer Einschätzung der Polizei folgend, ab. Polizeisprecher Marco Cortesi sprach im Vorfeld von öffentlichen Foren, welche Hinweise auf Ausschreitungen und mögliche Sachbeschädigungen geliefert hätten. Die Schülerinnen und Schüler erhielten daher folgende schriftliche Mitteilung von der Schulleitung:

Das Organisations-Komitee befürchtete, dass bei einer Durchführung der Kundgebung ihr „friedlicher Anlass und die Botschaft des Tages durch illegale Aktionen ins Gegenteil verkehrt werden."

Auf das Bedauern der Gymnasiasten hin erwiderte die Schulleitung, dass es keine andere Lösung gäbe. Die Gruppe „Kämpfen für Bildung" bedauerte ihrerseits die Absage und kritisierte die fehlende Dialogbereitschaft der Organisatoren.

In einem Schreiben teilte die Gruppe mit, davon ausgegangen zu sein, dass an jenem Tag verschiedene Inhalte und Aktionen Platz hätten und sich nicht gegenseitig im Weg stünden. Sie versicherte zudem, dass von Seite der Demonstrierenden keine Eskalation geplant sei und die Demo daher weiterhin stattfinden würde.

So versammelten sich trotz der Absage der offiziellen Kundgebung am Mittwochabend um 17:30 Uhr circa 600 Menschen auf dem Bürkliplatz, um gegen die Kürzung des Bildungsbudgets zu demonstrieren. Es waren vor allem SchülerInnen und Studierende, aber auch einige Eltern und Kinder anwesend.

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„Wenn Banken keine Steuern zahlen, muss man bei der Bildung sparen!"

Alle Fotos von der Autorin

Die Studierenden und Gymnasiasten thematisierten vornehmlich den Zusammenhang zwischen dem Abbau öffentlicher Leistungen und der herrschenden Steuersenkungspolitik zum Vorteil von Konzernen und Reichen.

„Während Banken gerade noch mit Milliardenpaketen unterstützt wurden, werden nun also schulische Angebote gekürzt, Löhne gesenkt und Schulgebühren erhöht", so der Tenor der Kritiker.

Ein Vater kritisierte, dass die Schulen im Vorfeld vor illegaler Demonstration und Ausschreitungen warnten. Es sei wichtig, dass die Schüler für ihre Bildung demonstrierten, sagte er. Auch GymischülerInnen hatten von Lehrpersonen berichtet, durch welche sie sich unter Druck gesetzt fühlten, ihre Teilnahme an der Demonstration geheim zu halten.

Dann zog der Demonstrationszug mit farbigen Transparenten und Musik Richtung Bahnhofstrasse. Nach wenigen Metern stoppte ein Grossaufgebot der Polizei mit zwei Wasserwerfern die Demonstrierenden und lenkte sie durch die Börsenstrasse zum Tessinerplatz um. Von da gings weiter über den General-Guisan-Quai zurück zum Bürkliplatz. Geleitet von einem Polizeiauto, mit einem Wasserwerfer als Schlusslicht und mehreren Kastenwägen an jeder Seitenstrasse spazierten die Demonstrierenden zu „hey Pippi Langstrumpf" und Manu Chao durch das Enge-Quartier.

Das Polizeiaufgebot gross – die Demo friedlich

Zurück auf dem Bürkliplatz kündeten die Gymnasiasten abschliessend noch eine kommende SchülerInnendemo unter dem Motto „Refugees welcome" an. Dann vermischten sich noch ein paar „Wessen Bildung? Unsere Bildung!"-Chöre mit „Say it loud, say it clear – Refugees are welcome here" –Rufen und die Menge am Bürkliplatz löste sich auf.

Die Einschätzung der Polizei hatte sich nicht bestätigt—die Demonstration war friedlich geblieben. Zurück blieb das Gefühl, dass man vielleicht auch bei der Polizei sparen könnte.

VICE Schweiz auf Twitter: @ViceSwitzerland


Titelbild: Von der Autorin