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Satire-Tweef

'Titanic' verarscht Beatrix von Storch und wird von Twitter gesperrt

Satire kennt keine Grenzen – bis auf das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
Screenshot: Twitter

Nachdem Ende November Redakteure des Satiremagazins Titanic die AfD-Fraktion infiltriert hatten, twitterte die Redaktion am Dienstagmorgen, sie habe Beatrix von Storch zu Gast. Von nun an übernehme die Vizevorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion den Account und twittere unter dem Kürzel bvs. So lautet "ihre" erste Nachricht:

Von Storch schreibt anschließend über die Darts-WM, die "Lügenpreße" und, natürlich, über "Barbarenhorden". Die Tweets sind gespickt mit Rechtschreibfehlern und dem von ihr bekannten Rassismus.

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Das Ganze ist natürlich ein Scherz. Die Titanic reagierte damit auf die Debatte um die Twitter-Sperre gegen von Storch und die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel. Zu Silvester beschwerte sich die echte von Storch über einen Neujahrsgruß der Polizei Köln, der auf Arabisch verfasst war. Parallel gab es den Tweet auch auf Deutsch, Englisch und Französisch. Von Storch schrieb daraufhin: "Was zur Hölle ist in diesem Land los, wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch? Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?"

Twitter löschte die Nachricht, weil sie gegen Regeln des Unternehmens gegen Hass-Inhalte verstieß. Außerdem sperrte es von Storchs Konto vorübergehend. Hintergrund ist vermutlich das zu Jahresbeginn verbindlich in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Auch einen Solidaritätstweet von Alice Weidel entfernte das Unternehmen für deutsche Nutzer – in diesem Fall mit Erwähnung der deutschen Rechtslage als Grund. Die Polizei Köln erstattete daraufhin Anzeige gegen von Storch und leitete eine Ermittlung wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ein.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll eigentlich Hass im Netz eindämmen – aber gestern traf es auch die Titanic. Die Redaktion alias Beatrix von Storch hatte erneut über "gruppenvergewaltigende Männerhorden" getwittert. Doch die Satire scheiterte ebenfalls an den neuen Richtlinien von Twitter.

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Der Kurznachrichtendienst sperrte den Post für deutsche Nutzer und auch den Titanic-Account. Bevor "von Storch" weitertwittern darf, muss die Redaktion diesen Beitrag löschen – wie sie auf Facebook mitteilt. Doch die Mitarbeiter weigern sich, das zu tun. "Wir wollten einer verfolgten Kämpferin für Menschenunrechte Asyl bieten. Denn wenn wir Twitter richtig verstehen, ist es ein Forum für die Schwächsten unserer Gesellschaft", erklärt Titanic-Chefredakteur Tim Wolff. "Daß nun solche Unterstützung einen Verstoß gegen die Twitter-Regeln darstellen soll, verwundert uns." Die Titanic warte noch auf eine Antwort des Support-Teams von Twitter.

Schon länger kritisieren Experten das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Man überlasse den Sozialen Netzwerken die Entscheidung, was zu löschen sei, und weil laut Gesetz nur diejenigen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro erhielten, die rechtswidrige Inhalte nicht entfernten, täten Anbieter das im Zweifelsfall eher häufiger.

Das ganze Problem mit dem gesperrten Account wäre natürlich gar nicht erst passiert, hätte die Titanic schon viel früher auf Beatrix von Storch gehört – wie ein Twitter-Nutzer feststellte:

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