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alkoholverbot

Hartz-IV-Empfänger klagt gegen Stadt, die ihm öffentliches Trinken verbietet

Die Grünen unterstützen ihn vor Gericht und übernehmen die Anwaltskosten.
Foto: imago | Becker und Bredel

Während eine Hälfte der Deutschen im Mai bereits den ersten Sonnenbrand des Jahres kultiviert hat, arbeitet die andere Hälfte noch daran – zum Beispiel in Parks und an öffentlichen Plätzen. Manche belohnen sich für diese Arbeit unter der Sonne an Ort und Stelle mit einem Bier. In der Herforder Innenstadt in NRW machen sechs Alkoholverbotszonen diesen Plan aber zunichte und das gemütliche Freiluftbier endet in einem Spießrutenlauf durch den Ortskern. Jeder falsch-getimte Schluck kann dabei sehr teuer werden. Die Stadt beschloss das Alkoholverbot im Herbst, um gegen Lärm, Drogenkonsum und Wildpinkler vorzugehen. Kritiker werfen dem Bürgermeister vor, das Problem damit nur zu verdrängen und nicht zu lösen. Jetzt klagt ein 41-jähriger Herforder gegen das Verbot.

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Nachdem ein Polizist den Mann im November in einer der Verbotszonen mit einem Bier erwischt hatte, sollte er ein Bußgeld von 128,50 Euro zahlen. Dagegen legte der Hartz-IV-Empfänger beim Amtsgericht Widerspruch ein. Die Anwaltskosten übernehmen die Herforder Grünen – sie hatten bereits im Dezember angekündigt, eine Klage gegen das Verbot in Erwägung zu ziehen, im Interesse von Schwächeren und zur Verteidigung des freien öffentlichen Raums. Auch die Anwältin des Herforders, Iris Ober, war einige Zeit für die Grünen im Bielefelder Stadtrat. "Ich bin der Ansicht, dass es der Alkoholsatzung an einer Rechtsgrundlage fehlt. Nicht jeder Mensch, der Alkohol in den Verbotszonen trinkt, stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar", sagte sie dem Westfalen-Blatt . Die Stadt schreibe selbst in der Begründung für die Satzung, dass man Fehlverhalten wie etwa das Zerbrechen von Flaschen oder Lärmbelästigung nicht immer einer konkreten Person zuordnen könne.


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Die Alkoholverbote, für die sich Bürgermeister Tim Kähler (SPD) stark macht, gelten seit Oktober letzten Jahres. Vorerst handelt es sich um eine Probezeit. Die Grünen, die Linke und Teile der SPD stimmten bereits letztes Jahr gegen den Vorstoß. Im Juni soll der Stadtrat über eine Verlängerung entscheiden – doch das könnte der Herforder Kläger verhindern.

Iris Ober will mit ihrem Mandanten nun einen Präzedenzfall schaffen. Sollte das Amtsgericht den beiden Recht geben, wäre eine Verlängerung des Verbots vermutlich schwieriger durchzubringen. Auch in anderen deutschen Städten gibt es lokale Alkoholverbote: zum Beispiel in Herne, Bremen oder Duisburg.

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