Kinder in Erding schießen mit Spielzeugpistolen auf thailändischen König
Foto: Imago | Xinhua

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Monarchie

Kinder in Erding schießen mit Spielzeugpistolen auf thailändischen König

Jetzt wird wegen versuchter Körperverletzung ermittelt. Wir haben uns angeschaut, was er sonst noch Kurioses in Deutschland erlebt hat.

Es war ein ganz normaler Tag im fantastischen Leben des Herrn der Blitze. So lautet der Name von Thailands König Maha Vajiralongkorn übersetzt. Begleitet von mehreren Bodyguards war er am 10. Juni nachts auf dem Fahrrad im bayerischen Erding unterwegs, wie jetzt bekannt wurde. Dann fielen Schüsse. Aus Softair-Pistolen. In den Händen zweier 13- und 14-jähriger Jungs. Ja, die Dramatik ist ab diesem Moment kaum noch auszuhalten, doch wir können Entwarnung geben: Niemand wurde verletzt. Rama X., so der offizielle Name des Königs seit seiner Krönung, erstattete in einem Akt unendlicher Güte keine Anzeige.

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Erst letztes Jahr hatte er die Thronfolge seines verstorbenen Vaters König Bhumibol angetreten. Ein bisschen Zerstreuung im deutschen Voralpenland hatte er sich also mehr als verdient.

Und er entspannt sich gern in Bayern, bereits im März war er durch Unterammergau geradelt. Auch über diesen Ausflug wurde ausführlich berichtet – unter anderem weil seine Diener bei jedem Stopp vom Fahrrad springen und ihn auf Knien bedienen mussten. Oder weil er und seine Begleitung wenig mehr trugen als knappe Shorts. Doch die Erlebnisse seiner jüngsten Ausfahrt toppen das noch mal.

Diesen Angriff konnte die Staatsanwaltschaft Erding nicht ignorieren, in einem Akt unendlicher Pflichterfüllung nahm sie jetzt die Ermittlungen auf – gegen den älteren der beiden Jungs, wegen des Verdachts auf versuchte Körperverletzung. Der jüngere Schütze ist mit 13 Jahren noch nicht strafmündig.


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Die ganze Geschichte klingt nach der neuesten Produktion der Anime-Filmer von Studio Ghibli. Aber die Realität ist manchmal verrückter als die Fantasie, so auch in diesem Fall. Und das Leben und Wirken des 64-Jährigen in Deutschland bietet noch viele weitere Gründe, um verständnislos die Stirn zu runzeln. Wir haben die unterhaltsamsten aufgelistet.

Das geheime Regierungsdokument

Was treibt einen südostasiatischen König überhaupt nach Südbayern? Wikileaks hat die Antwort – oder zumindest teilweise. 2009 veröffentlichte die Seite ein geheimes Dokument der US-Regierung, aus dem hervorgeht, dass Maha Vajiralongkorn in den zwei Jahren davor einen Großteil seiner Zeit in Europa verbrachte, vor allem in einer Kurklinik 20 Kilometer außerhalb Münchens. Die Verfasser des diplomatischen Dokuments notierten, dass sich der damalige Kronprinz, der für seine Stimmungsschwankungen bekannt sei, dort wegen einer Bluterkrankung (laut des Dokuments entweder HIV, Hepatitis C oder einem seltenen Blutkrebs) behandeln ließ. Die Inhalte des Schreibens wurden allerdings nie von offizieller Seite bestätigt.

Eine thailändische Generalin in Bayern

Als sicher gilt dagegen, dass seine Lebensgefährtin im Umland von München lebt. Suthida Vajiralongkorn na Ayudhya war früher Stewardess bei Thai Airways, die beiden haben einen drei Jahre alten gemeinsamen Sohn. Dafür, dass sie sich in Bayern aufhält, hat die 41-Jährige in Thailand eine faszinierende Karriere hingelegt. Nur sechs Jahre nachdem sie in die thailändische Armee eintrat, hat sie inzwischen als erste Frau außerhalb der Königsfamilie den Rang eines Viersterne-Generals. Sie ist nicht mit Rama X. verheiratet, trägt aber dennoch seinen Nachnamen und gilt als seine Frau (wie auch immer das möglich ist). Als wäre das nicht schon verwirrend genug, ist nicht nur Rama X.s Lebensgefährtin ein hohes Tier beim Militär, sondern auch sein Hund. Air Chief Marshal Foo Foo begleitete Maha Vajiralongkorn auf viele Reisen – bis der Pudel 2015 verstarb und er sich einen neuen kaufen musste.

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Eine extravagante Hausbesichtigung

Wohl auch um die interkontinentale Fernbeziehung zu vereinfachen, hat sich Maha Vajiralongkorn vergangenes Jahr eine 1.500-Quadratmeter-Villa in Tutzing am Starnberger See gegönnt. Ganz in der Nähe wohnen die Gefühlsrock-Komponisten Peter Maffay und Leslie Mandoki. Der Makler Andreas Botas hatte den Kauf der Villa damals eingefädelt. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung berichtete er, der Kronprinz sei zur Besichtigung in einem weißen Porsche vorgefahren, dahinter folgte in acht Kleinbussen eine 20-köpfige Entourage. Auch das Outfit des Monarchen, wie es Botas beschrieb, war ein großer ausgestreckter Mittelfinger für jegliche höfische Etikette: zerschlissene Jeans zu bauchfreiem Top unter einer schwarzen Lederjacke. Das Outfit trägt er nicht nur in seiner Freizeit. Lady Gaga würde es liken.

Ein Video des bauchfreien Monarchen, das im Juni 2016 entstand und dieses Jahr im Internet auftauchte, wurde in Thailand auf Facebook blockiert. Warum sich die thailändische Regierung gegen die Aufnahmen ihres stilbewussten Fashion-Königs wehrt, ist völlig unklar.

Ausgefallene Hobbys

Bevor Rama X. seine bayerische Villa bezog, residierte er bei München-Besuchen im Hotel Kempinski. Bis Februar dieses Jahres war die Vermögensverwaltung des thailändischen Königshofes Mehrheitseigner der Betreiberfirma. Von dort aus unternahm er die ein oder andere Landpartie in die umliegende Gegend, um seinem königlichen Hobby nachzugehen: Erdbeeren pflücken. Oder: pflücken zu lassen. Einmal soll er seinen Leuten dabei zugesehen haben, wie sie auf einem Selbstpflückerfeld in der Nähe von Abensberg 60 Kilo Erdbeeren ernteten.

Das gepfändete Privatflugzeug

Auf vielen seiner Reisen setzte sich der König gleich selbst hinters Steuerruder seiner Boing 737, bis ein deutscher Bauunternehmer die Maschine 2011 pfänden ließ. Damit wollte er 30 Millionen Euro Schulden eintreiben, die der thailändische Staat seiner Ansicht nach noch bei ihm hatte. Das Flugzeug wurde später gegen eine Zahlung von 20 Millionen Euro wieder freigegeben.

Vielleicht war es diese unangenehme Erfahrung mit der deutschen Justiz, die Rama X. dazu brachte, keine Anzeige gegen die beiden Softair-Schützen zu erstatten. Vielleicht sympathisierte er aber auch damit, dass sich die beiden – so wie er – wahrscheinlich nicht so verhalten haben, wie es ihre Eltern von ihnen erwartet hätten. Sicher ist, dass die ganze Sache in Thailand anders verlaufen wäre. Denn dort gilt das weltweit strengste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung. Schon wer öffentlich sagt, dass er den König nicht liebt, kann theoretisch für mehrere Jahre in den Knast wandern.

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