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Hangover-News, 18. Juli 2016

Die Türkei diskutiert darüber, die Todesstrafe wieder einzuführen, Pakistans Kim Kardashian wurde ermordet und bei Karlsruhe löst ein Junggesellenabschied einen Polizeieinsatz aus.

In den letzten Tagen bist du hoffentlich nicht erfroren und hast es dir dafür auf dem MELT!-Festival in Ferropolis mit deinen Freunden gut gehen lassen. Doch in den vergangenen Tagen hat sich die Welt verändert. Das geht auch dich an. Willkommen bei den Hangover-News.

Nach dem Putsch: Erdoğan fordert Wiedereinführung der Todesstrafe, 6.000 Personen wurden festgenommen

Junge Türken zu Fuß auf dem Weg zum Flughafen, der zwar wieder frei, aber immer noch von Panzern umstellt ist | Foto: imago | ZUMA Press

Der Putschversuch eines Teils des türkischen Militärs, die Macht in der Türkei an sich zu reißen, ist gescheitert. Mindestens 265 Personen wurden dabei getötet. Das ideologisch tief gespaltene Land ist noch weiter zerrissen. Auch wenn am Wochenende Tausende Menschen den Sieg über die Putschisten gefeiert haben, zerrüttet die gewaltsame Attacke auf eine kritikunfähige Regierung die demokratische Ordnung im Land weiter. Nach Angaben der Regierung wurden bisher 6.000 Menschen wegen Putschverdachts festgenommen, darunter Generäle, Richter und Staatsanwälte. In sozialen Netzwerken fordert die türkische Polizei die User dazu auf, regierungskritische Personen mithilfe von Screenshots und Profilinformationen bei der Polizei anzuzeigen. So erschreckend groß die Zahl von 6.000 Verhafteten bereits ist. Er werden vermutlich noch deutlich mehr werden.

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Bis in den späten Sonntag hinein sollen regierungstreue Militärs Warnschüsse abgegeben haben, um Widerständlern Einhalt zu gebieten. Beobachter befürchten, der Regierungspräsident Erdoğan werde die Situation nutzen, um die Demokratie in der Türke weiter auszuhebeln.

Zur Vergeltung der Taten der Putschisten berät sich Erdoğan momentan mit der Opposition, ob die Todesstrafe wiedereingeführt werden soll. Zuletzt wurde sie 1984 vollstreckt, seit 2004 ist sie abgeschafft. Im Rest Europas finden währenddessen Krisentreffen statt, um herauszufinden, welche Folgen die Lage in der Türkei für das Flüchtlingsabkommen mit dem Land hat.

Terroristen aus Syrien und Irak soll bereits vor Ort der Asylantrag in der Schweiz abgelehnt werden

Foto via: Flickr | European Commission DG ECHO | BY 2.0

Der Bund will in Zukunft die Identität von Gesuchstellern für Asyl und humanitäre Visa aus Syrien und Irak genauer untersuchen lassen. So hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) letzte Woche entschieden, erklärt Sprecherin Léa Wertheimer der NZZ am Sonntag.

Besonders würden Personen, die im Krieg verwundet worden seien und einen Bezug zu Syrien oder Irak hätten, genauer unter die Lupe genommen. Aus Sicherheitsgründen wolle das SEM durch dieses Verfahren Kämpfer, Mitglieder und Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat ausfindig machen. Kriegsverbrecher und andere Straftätern sollen mit den vertieften Sicherheitsabklärungen ebenfalls bereits vor Ort identifiziert und untersucht werden. Sollte das SEM fündig werden, würde ihr Asylgesuch in der Schweiz abgelehnt werden.

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Gemäss der NZZ am Sonntag verriet eine "gut informierten Person", dass es unter den Asylsuchenden in der Schweiz bereits auffallend viele Kriegsverletzte aus Syrien und Irak gäbe. Konkrete Daten dazu seien aber keine erfasst. In den letzten zwei Monaten hat das SEM die Ausstellung von humanitären Visa an Syrer und Iraker eingestellt. Laut dem Tages-Anzeiger stelle das Amt nun seit dem Beschluss zu den Sicherheitsabklärungen wieder Visa aus.

Qandeel Baloch, die Kim Kardashian Pakistans, wurde ermordet

Die Inszenierung der freien, starken Frau | Screenshot: Facebook | Qandeel Baloch Official

Vergleicht man eine Person mit einer anderen, ist es ja immer schwierig, weil die Persönlichkeiten oft weit auseinanderdriften. Allerdings helfen uns Vergleiche auch zu verstehen, welche Rolle eine Person in einer fremden Kultur wahrnimmt. So auch bei der 26-jährigen Qandeel Baloch, die in Medien als "Kim Kardashian Pakistans" bezeichnet wird. Sie ist Model, Feministin, Social-It-Girl und Schauspielerin. Am Wochenende hat sie ihr Bruder erst betäubt und dann erdrosselt.

Bekannt geworden war Baloch durch die pakistanische Version von The Voice. Danach setzte sie ihr Leben geschickt und gewinnbringend in sozialen Netzwerken in Szene. So lud sie im Juni Fotos auf Instagram hoch, bei deren Bildbeschreibungen sie angab, während des Ramadans tagsüber geraucht und getrunken zu haben—ein Affront gegen die konservativen Schichten der pakistanischen Bevölkerung. Sie provozierte aber nicht nur, indem sie religiöse Tabus brach, sie nutzte ihre Internet-Bekanntheit auch, um sich für Frauenrechte einzusetzen. Sie inszenierte sich als starke, pakistanische Frau, die frei von patriachalen Mustern ihr Leben so lebte, wie sie es selbst für am besten hielt.

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Ihr Bruder tötete sie am Wochenende. Offenbar wurde er wegen seiner unkonventionell lebenden Schwester angefeindet und fürchtete weitere Kränkung und soziale Ächtung. Ihr Tod veranlasste eine Reihe von Stars, scharfe Kritik an der Rolle der Frau in Pakistan zu üben. Die Filmemacherin Sharmeen Obaid-Chinoy, deren Dokumentation A Girl in the River in diesem Jahr einen Oscar gewonnen hatte, sagte der französischen Presseagentur: "Keine Frau ist sicher in diesem Land, solange wir kein Exempel statuieren und Männer ins Gefängnis schicken, die Frauen umbringen und klarmachen: Jene, die es wagen, Frauen zu töten, werden den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen." Vor allem Frauen wie Qandeel Baloch, die aus dem gesellschaftlichen Raster fallen, haben es in Pakistan schwer. Generell fehlt es Frauen an Zugang zu schulischer Bildung. Sie leben deutlich unfreier als die Männer in dem Land.

Heiko Maas droht Facebook mit Sanktionen, sollte das Unternehmen Hasskommentare nicht in den Griff bekommen

Ein Hasskommentar eines 'deutschen Bären', wie er nur auf Facebook stehen kann—lies hier den Artikel dazu

Es gibt immer noch Probleme mit dem Melden von Hasskommentaren auf Facebook. Eigentlich hatte Justizminister Heiko Maas im vergangenen September gemeinsam mit Vertretern von Facebook, Twitter und Google in einer Arbeitsgruppe besprochen, dass gemeldete Beiträge binnen 24 Stunden auf Grundlage des deutschen Rechts geprüft werden sollten. Doch immer noch beschweren sich Nutzer der Netzwerke über zu lange Wartezeiten oder Rückmeldungen, dass offensichtlich rassistische oder beleidigende Beiträge nicht gegen die Richtlinien des Unternehmens verstoßen. Vor allem Facebook scheint das Problem mit Hass im Netz nicht in den Griff zu bekommen.

Heiko Maas erhöhte in einem Brief an Facebook nun den Druck und sprach sich für Sanktionen aus, falls die Internet-Plattform nicht umdenke. In den Hassbotschaften sehen die Justizminister der EU "eine erhebliche Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden". "Je besser es den beteiligten Unternehmen hier gelingt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, desto geringer ist der Bedarf für eine weitere Regulierung." Das bedeutet: Spurt Facebook nicht, wird die EU den Konzern gesetzlich verpflichten, Hassmeldungen effektiver und schneller zu bearbeiten.