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Wir haben unsere Mütter gefragt, was sie bei unserer Erziehung falsch gemacht haben

"Ich hätte viel mehr auf dich und deine Gefühle hören müssen."

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Eltern sind ganz besondere Menschen. Und das meinen wir gar nicht (nur) im Sinne von "Menschen mit besonderen Bedürfnissen". Klar, manchmal sind sie auch besonders nervig, aber meistens einfach nur besonders und toll, weil sie es geschafft haben, aus Menschen wie uns so etwas wie funktionierende Mitglieder der Gesellschaft zu machen.

Trotzdem war der Weg vom Zellhaufen mit Hirnmatsch zu aufrecht gehenden Systemerhaltern nicht immer ganz unproblematisch—und daran waren nicht immer nur wir schuld (gut, meistens schon). Auch Eltern machen nämlich Fehler. Und weil eine reelle Gefahr besteht, dass wir selbst früher oder später welche werden könnten, haben wir einfach unsere gefragt, was genauso sie an uns versaut haben. Dass eigentlich nur unsere Mütter geantwortet haben, sollte uns wahrscheinlich einiges über die Rollenbilder in unserer Generation sagen.

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Hanna Herbst, VICE

"Da fallen mir sehr viele Dinge ein. Ich würde zum Beispiel gar nicht mit meinen Kindern zu McDonald's gehen. Wir haben das zwar fast nie gemacht, aber wenn wir es gemacht haben, dann habe ich es euch als eine Ausnahme und etwas Besonderes verkauft. Das ist ja völlig falsch. Wir hätten mehr in der Natur machen sollen, mehr erfahren, mehr erforschen sollen. Dinge kennenlernen, die das Leben sind, fürs Leben sind und das Leben erklären.

Außerdem hätte ich dich aus deiner Volksschule nehmen sollen. Aber ich hab mich nicht getraut. Zum Beispiel auch, weil wir neu zugezogen waren und ich wollte, dass du in der unmittelbaren Umgebung in die Schule gehst und nicht gleich wieder die Schule wechseln musst. Aber in der Schule ging es dir sehr schlecht und das hat dich damals stark verändert. Ich hätte viel mehr auf dich und deine Gefühle hören müssen, weil Kinder dann viel mehr lernen, was gut für sie ist und was nicht und stärkere Menschen werden. Du hattest zum Beispiel auch einmal eine Freundin, die dir nicht guttat und ich habe das damals nicht ernstgenommen.

Auch sehr wichtig: Man muss viel entspannter sein und Kinder machen lassen. Im Dreck wühlen, bauen, basteln, ausprobieren lassen. Viel mehr davon. Erinnerst du dich? Ihr habt mal Pappmaché gemacht und dann an die Decke gepfeffert. Das war spitze.

Ich hätte dir außerdem weniger Verantwortung geben sollen, aber du warst immer verantwortungsvoller als dein Bruder und wir hatten niemanden wie Tante, Onkel, Papa, Oma oder Opa, die in meiner Abwesenheit, die manchmal einfach sein musste, übernehmen hätten können. Ein Glück, dass das deinen jüngeren Bruder und dich heute nicht trennt. Ich würde heute viel mehr Zeit mit Geschichten erzählen (statt vorlesen) verbringen. Wir hätten mehr Urlaub mit Freunden mit Kindern machen sollen, ich hätte euch weniger Spielsachen kaufen und weniger alleine lassen sollen."

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Franz Lichtenegger, VICE

"Ich glaube, ich hätte es nicht besser machen können, haha. Alle Fehler, die meine Eltern bei mir gemacht haben, habe ich bei euch nicht gemacht."

Stefanie Daxer, Munchies

"Ich würde eigentlich nicht wirklich etwas anders machen. Ich habe zwei tolle Kinder und ich finde, ihr seid ganz gut gelungen. Vielleicht würde ich etwas weniger schimpfen—damals war ich manchmal ein bisschen überfordert, weil euer Vater oft auswärts gearbeitet hat. Aber ansonsten würde ich nicht viel ändern. Ich denke, heute haben die Kinder fast etwas zu viel Freiheiten und kennen keine Grenzen."

Markus Lust, VICE

"Man bekommt Kinder ja ohne Gebrauchsanweisung und ohne Pflegehinweise, also versucht man einfach das Beste. Mein größter Fehler war wahrscheinlich, dass ich dir bedingt durch deine Glasknochen-Krankheit vieles nicht erlaubt habe—aus lauter Angst, dass du dir wieder weh tust. Und dann war die liebe Schule; das hätte ich alles ein bisschen entspannter sehen können. Aber ich denke, dass du alles ganz gut gemacht und dadurch auch Verantwortung gelernt hast. Ich bin jedenfalls stolz."

Verena Bogner, Broadly

"Ich glaube, ich hab dich leider zu sehr in meine Beziehungen involviert. Damit meine ich, dass ich Streitereien und andere Themen mit dir besprochen habe. Das alles hätte ich nicht mit dir bereden oder diskutieren sollen, denn dadurch hast du natürlich eine negative Haltung gegenüber meinen Partnern bekommen.

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Außerdem denke ich, dass ich dir zu bald zu viele Freiheiten gelassen habe, dich zum Beispiel relativ jung auf Festivals fahren und bei Freunden übernachten lassen habe. Das lag aber vor allem daran, dass deine Freunde ein Jahr älter waren, und du vielleicht zum Außenseiter geworden wärst, wenn ich es dir nicht erlaubt hätte.

Da ja dein Vater sich nicht wirklich viel Zeit für dich genommen hat, musste ich Vater und Mutter zugleich sein, und ich glaube, dass ich dadurch öfters sehr streng mit dir war. Einerseits bin ich stolz, dass wir eher ein Freundinnen-Verhältnis haben, andererseits hast du dadurch aber schon sehr bald sehr viel miterleben müssen, was wahrscheinlich nicht unbedingt das Beste war."

Josef Zorn, VICE

"Du hast mich mit der Frage ganz schön in Verlegenheit gebracht. Hier der Versuch einer Antwort: Wir wissen es nicht. Mit dem Ergebnis sind wir jedenfalls zufrieden—ohne uns einzubilden, dass unsere Erziehung dafür allein verantwortlich war."

Isabella, Noisey Alps

"Also wenn Erziehung ein Experiment ist, würde ich sagen, dass mir schon ein, zwei Mal eine Giftmischung explodiert ist. Am liebsten hätte ich dir eine dickere Haut übergezogen und dafür gesorgt, dass du mir weniger ähnlich bist, als es jetzt tatsächlich der Fall ist. Vor allem, was das Mitgefühl für Fremde angeht. Empathie liegt bei uns einfach in der Familie, aber ich wäre froh, wenn ich dich vor zu viel Einfühlsamkeit bewahren hätte können. Das verletzt nur und macht es schwieriger, sich abzugrenzen."

Fredi Ferkova, Noisey

"Alles."