FYI.

This story is over 5 years old.

Der VICE Guide zum Überleben in Österreichs Städten

Der VICE Guide zum Überleben in Bregenz

Ob die Vorarlberger Landeshauptstadt ihren Titel wirklich verdient hat, ist fraglich. Abseits von einem unverständlichen Dialekt lauern in Bregenz noch viele weitere Gefahren, denen ihr mit diesen Tipps aus dem Weg gehen könnt.
Vice Guide zum Überleben in Bregenz.
VICE Guide Bregenz Grafik

Gustav Mahler sagte einmal: "Wenn die Welt einmal untergehen sollte, ziehe ich nach Wien, denn dort passiert alles fünfzig Jahre später." Das ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass der berühmte Komponist nie einen Ausflug nach Bregenz gemacht hat. Er könnte für seinen Aphorismus auch Wien statt Bregenz gewählt haben, weil er zu einer Zeit gelebt hat, in der Vorarlberg österreichweit noch weniger Interesse ausgelöst hat als es heute der Fall ist—obwohl immerhin das "Wälderbähnle" damals ziemlich gefragt war.

Anzeige

Um das westlichste Bundesland Österreichs ranken sich viele Mythen—so auch um seine Hauptstadt. Das könnte einer der Gründe sein, warum es viele Österreicher gibt, die sich noch nie ins Ländle gewagt haben (außer zum Skifahren, aber das zählt nicht). Der Großteil dieser Legenden ist wahrscheinlich auch einfach auf die (nicht unbeachtliche) Sprachbarriere zurückzuführen.

Bregenz (oder Breagaz, wie es die Einheimischen liebevoll nennen) ist mit gut 29.000 Einwohnern ziemlich marginal und es kommt nicht selten vor, dass ein Vorarlberger den Wunsch nach einer alternativen Hauptstadt äußert. Aber neben mickrigen Bevölkerungszahlen hat "das Mehr am See" doch einiges zu bieten: Die größte Seebühne der Welt oder die schmalste Hausfassade Europas beispielsweise.

Die Seebühne | kecko | flickr | by CC 2.0

Auch in der wohl unauffälligsten Stadt Österreichs gibt es Sachen, die man wissen sollte, um sich nicht zu sehr zu blamieren. Falls ihr euch also wirklich trauen solltet, euren Glauben an öffentliche Verkehrsmittel und die deutsche Sprache auf Spiel zu setzen und eine Reise nach Bregenz wagt, prägt euch diese Überlebenstipps gut ein.

Verkehr:

  • Bregenz bietet nicht die größte Variation an öffentlichen Verkehrsmitteln. Falls du mit einem Bus nicht direkt von A nach B kommst und umsteigen musst, plane mindestens eine Stunde Wartezeit ein.
  • Investiere in die besten Schuhe, die du finden kannst. In der Nacht wirst du öfters nach Hause laufen. Nightliner in Bregenz? Der war gut.
  • In Bregenz kann man Taxis nicht einfach durch Winken rufen. Abgesehen davon sind Taxis wahrscheinlich nirgendwo teurer als in Bregenz. Aber du hast ja sowieso gerade gute Schuhe gekauft.
  • Wenn du es eilig hast, meide den Bregenzer Bahnhof. Die Rolltreppen sind permanent außer Betrieb und "rechts stehen, links gehen" kennt man in ganz Vorarlberg nicht.
  • Schließe außerdem eine Lebensversicherung ab, bevor du den Bahnhof bei Regenwetter betrittst. Das Dach ist an allen möglichen Stellen undicht und du wirst sonst in einer Lache ausrutschen und stürzen.
  • Geh nicht über rote Ampeln, auch wenn weit und breit kein Auto kommt. Du wirst sonst von dem gerechten Mob aus anderen Fußgängern gelyncht.
  • Wenn du mit dem Auto von Deutschland nach Bregenz reist, montiere vorsichtshalber die Kennzeichen ab. Die Bregenzer sind die Weltmeister in der Disziplin des Deutschland-Hasses.
  • Falls du an einem deutschen, schweizerischen, österreichischen oder generell an irgendeinem Feiertag dein Auto brauchst, fahr schon am Vortag los. Du wirst auf der Rheinstraße keinen Unterschied zwischen Stau und Parkplatz erkennen können.

Nachtleben:

  • Helge Schneider hat mal ein Lied namens "Allein in der Bar" geschrieben. Ziemlich sicher war er kurz zuvor an einem Wochentag in Bregenz fort. Dort passiert nämlich unter der Woche nur eines: nichts.
  • Meide die Nachtigall, wenn du nicht an einer dramatischen Form von PTBS erkranken willst.
  • Versuche im Lowlife nicht, den Rekord am Kraftmesser zu brechen. Du wirst kläglich daran scheitern, es immer wieder versuchen und am nächsten Tag an deinem Muskelkater sterben. 
  • Wird die Schließung eines Lokals angekündigt, sei nur kurz traurig. Es wird spätestens zwei Wochen später (mit gleichem Namen) wieder eröffnet.
  • Der "Hirnspalter" in Uwes Bierbar hat seinen Namen nicht umsonst. Genieße ihn mit Vorsicht. Und nein, du kannst nicht zwei davon trinken.
  • Das gleiche gilt für den "Sprung in die Bewusstlosigkeit" im Paschanga. OK, davon kannst du eventuell zwei trinken, aber auch nur, wenn du dich selbst nicht sehr gerne magst.
  • Das Calypso ist DER place to be in Bregenz. Geh mindestens einmal dort hin und ignoriere die schlechte Musik so gut es geht. (Ja, du wirst jedes Wochenende dort landen).
  • Hoffe darauf, dass du im Calypso nicht auf Heinz-Christian Strache triffst
  • In Bregenz funktioniert das Spotted-Prinzip noch ziemlich gut. Das wird deinem alkoholbedingten Gedächtnisverlust am nächsten Tag auf die Sprünge helfen und dich eventuell mit der Liebe deines Lebens verbinden.
  • Wenn du am Vorabend im Calypso warst, wirst du das Spotted-Prinzip verfluchen. Kennst du diese Fake-Brillen mit Fake-Schnauzer dran? Besorg dir mindestens eine davon.
  • Beachte generell, dass du im Bregenzer Nachtleben immer auf die gleichen Gestalten treffen wirst. Benimm dich dementsprechend, auch wenn es dir schwer fällt.
  • Wenn du bei MG Grill was Essbares für den Heimweg bestellen willst, nimm etwas, das noch nicht auf dem Grill liegt. Beobachtungen zufolge liegen die Dinge dort in der Regel schon länger.
  • Wenn dir irgendjemand vorschlägt, in die Kronen Bar zu gehen, halte dir die Ohren zu, schrei so laut du kannst und renne um dein Leben. Du willst überall hin, nur nicht hierhin.
  • Obligatorisch beim Ausnüchterungsmarsch nach Hause ist der Leberkäsesemmel bei der OMV.
  • Ja, in Vori heißt es DER Semmel. Nimm es hin und mach dich erst darüber lustig, wenn du Vorarlberger Boden wieder verlassen hast.
  • Nichts an der Königs Lounge ist gemütlich oder einladend. Lass dich von dem Namen nicht in die Irre führen. Hol dir stattdessen lieber einen Kebab bei König Kebab, um den Hunger bis zur OMV zu überbrücken.

Menschen:

  • Verfalle nicht in Panik, wenn jemand in deiner Nähe unverständliche Sätze stammelt und ruf auch nicht gleich den Notruf. Diese Person erleidet wahrscheinlich gerade keinen Schlaganfall, sondern redet nur im Bregenzer Dialekt. Das gehört so.
  • Gewöhne dich daran, mit "Heil" begrüßt zu werden. Das ist hier normal und sagt nichts über die politische Einstellung oder die Geschichtskenntnisse deines Gegenübers aus.
  • Komme niemals auf die Idee, einen Bregenzer "Seebrünzler" zu nennen. Falls es zu einer Mutprobe wird, gib auf. Du bist nicht mutig genug.
  • Sei nicht überrascht, wenn dir jemand auf offener Straße in die Augen schaut oder dich grüßt. Wahrscheinlich kennt die grüßende Person deine Oma aus dem Kneippverein.
  • Falls du im langweiligen Bregenz-Alltag Candy Ken über den Weg läufst, frag ihn um ein Selfie und sag ihm, dass er die besten Snapchat-Storys der Welt macht.
  • Die einfachste Art, sich mit Bregenzern anzufreunden, ist ihnen ein Bier auszugeben. Beachte dabei aber auf jeden Fall die Marke. (Mehr dazu unter Kulinarik.)
  • Zu beachten für die Familienplanung: Es gibt in Bregenz an jedem Eck eine Schule, aber in ganz Vorarlberg keine Uni.

Kulinarik:

  • Sag auf keinen Fall, dass dir Fohrenburger Bier besser schmeckt als Mohrenbräu. Rede generell nie über Fohrenburger. "Einhornpisse" ist ein hartes Wort dafür, aber das ist auch einer der Gründe, warum du das mit dem darüber sprechen eher vermeiden solltest.
  • Ein kleines Bier heißt in Bregenz "Pfiff", ein großes "Kolba". Merke dir das und du wirst nie verdursten. Wenn du besonders lässig wirken willst, kannst du ein großes Bier auch "Rote Patrona" oder "Pfohl" nennen.
  • Gönne dir mindestens eine Pizza Europa mit Kebabsauce bei Ali Baba im ehemaligen Café Rosett. Er ist der coolste Mensch der Stadt und lässt dich vielleicht deine Pizza selbst belegen.
  • Direkt beim Hafen steht der letzte Pilzkiosk, der seinem ursprünglichen Zweck nachkommt. Beim Milchpilz gibt es die besten Milchshakes der Stadt, wenn nicht gar Österreichs. Die belegten Brötchen solltest du aber auf keinen Fall probieren.
  • Geh zu Christoph ins Viva und hol dir an der Bar einen "Erdbeerle"-Shot. Frag aber die Bedienung niemals nach dem WLAN-Passwort, wenn du nicht auf eine Standpauke über soziale Kontakte und die menschliche Isolation durch Smartphones vorbereitet bist.
  • Nirgends in Österreich bekommst du so guten Käse wie in Vorarlberg. Da du dich in der Landeshauptstadt befindest, solltest du dich mit einem Lebensvorrat eindecken.
  • Bestelle im Manga kein "James-Bond-Menü", außer du willst für deine Gyozas den restlichen Monat auf der Straße leben.

Freizeit: Foto vom Autor

  • Geh nicht ohne Badehose von Louis Vuitton ins alte Militärbad ("Mili"). Alleine die Blicke, die du ernten wirst, werden dich töten.
  • Informiere dich genau über die Platzverteilung, falls du irgendwo am See baden willst. Egal ob im Strandbad, beim Wiking oder bei der Pipeline: Jeder Bregenzer hat seinen Stammplatz und verteidigt diesen mit allen Mitteln.
  • Der (viel zu kleine) Eislaufplatz beim Landesmuseum sieht nicht ohne Grund so unbenutzt aus. Sei nicht der erste, der ihn benutzt.
  • Das Einkaufszentrum GWL ist die Lugner City von Bregenz. Man muss nicht wirklich dort gewesen sein, aber man sollte auf jeden Fall mal dort gewesen sein. Du weißt, was ich meine.
  • Der Pfänder mag zwar eher wie ein harmloser Hügel aussehen, aber so manche Familien haben ihre Kinder nach einem gemeinsamen Rodelausflug nie wieder gesehen.
  • Mach auf jeden Fall einen Abstecher in die Altstadt. Vergewissere dich davor aber, dass dein Handy genügend Akku hat. Ohne Google Maps wirst du sonst ewig in der Backstein-Wildnis gefangen bleiben.
  • Fahr nicht mit deinem Scooter, dem BMX oder mit Rollschuhen in den Skatepark bei der alten Remise. Mit wütenden Skateboardern ist nicht zu spaßen. (Sie lassen sich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit mit ein paar Kölba wieder besänftigen.)
  • Lerne ein Instrument und werde Mitglied in einem Musikverein. (In Bregenz gibt es immerhin drei davon.) Nirgends wirst du die Bregenzer Kultur, den Vorarlberger Dialekt und die dringend nötige Trinkfestigkeit besser erlernen.
  • Genieße einen wunderschönen Sonnenuntergang am Molo. Sprühe dich aber vorher mit einer doppelten Ladung Insektenspray ein. Ansonsten werden die Mücken dich lieben und du wirst dich selbst dafür hassen, diesen Tipp nicht befolgt zu haben.
  • Das Casino in Bregenz ist die Hölle mit eigenem Bankomaten und schicken Restaurants. Lass dich nicht in ihren Bann ziehen—und versuch schon gar nicht, beim Roulette zu schummeln.
  • Wenn du dir mit deinen Freunden ein Tretboot mietest, solltet ihr beachten, dass nicht alle gleichzeitig vom Boot springen. Falls ihr alle gleichzeitig vom Boot springt, hoffe ich, dass Markus Rogan mit euch befreundet ist.
  • Der Minigolfplatz am See ist genauso wie er auf den ersten Blick ausschaut. Verschwende dein Geld lieber im Casino. (Geh nicht ins Casino!)

Sonstiges:

  • Versuche nicht, besoffen in die Kaserne einzusteigen oder dich als Aushilfsmusiker aus Tirol auszugeben. Es ist noch niemandem gelungen, unbefugt bei der Kaserne rein oder raus zu spazieren. Niemals!
  • Auch wenn es so klingt, der Bregenzerwald gehört nicht zu Bregenz. Bregenzerwälder fühlen sich auch nicht als Bregenzer, sondern als "Wälder". Hinterfrag das lieber nicht, du wirst es nicht verstehen.
  • Wenn du nach öffentlichem Sex im Bodensee nicht mit einer Lungenentzündung enden willst, sorge dafür, dass du genügend Handtücher dabei hast.
  • Frag nicht nach dem Flughafen. Auch wenn es James Bond in Ein Quantum Trost anders sieht: In Bregenz gibt es keinen Flughafen.
  • Frag die Merchandise-Verkäufer vor dem Festspielhaus nicht, wo sich das Festspielhaus befindet.
  • Frag die Merchandise-Verkäufer IM Festspielhaus nicht, wo sich das Festspielhaus befindet.
  • Spiele bei Ali Baba nicht auf dem unglaublich verstimmten Klavier, wenn du keinen Gehörsturz erleiden willst.
  • Kauf dir schöne Unterwäsche bei Wolford. Vielleicht triffst du dort ja Kanye West.
  • Echauffiere dich täglich über das Aussehen der Sonnenkönigin, vergleiche sie mit einem Bügeleisen und behaupte, dass sie nicht zum Stadtbild passt. Ab jetzt kannst du dich offiziell Bregenzer nennen.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.