Schweizerinnen erzählen, was Frau-Sein für sie bedeutet
Alle Fotos von Andrea Ebener

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Schweizerinnen erzählen, was Frau-Sein für sie bedeutet

Was macht im 21. Jahrhundert das Frau-Sein aus? Wir haben vier Schweizerinnen gefragt.

Alle Fotos von Andrea Ebener Die Body-Positive-Bewegung ist erst der Anfang: Immer mehr Menschen kämpfen dafür, Geschlechtlichkeit nicht mehr so eng zu sehen und Stereotype aufzulösen. Dabei haben Frauen mehr zu kämpfen als Männer. Denn selbst wenn die Anfänge des Feminismus in das 19. Jahrhundert zurückreichen, schlagen sich Frauen auch 2017 noch mit Stigmata herum. Konkret werden sie in der vorherrschenden Gesellschaft mit tieferen Löhnen und niedrigeren beruflichen Positionen benachteiligt, auf ihr Aussehen reduziert oder teils sogar immer noch auf ihre Funktion als Hausfrau und Mutter beschränkt. Wobei die "natürliche Schönheit" der Frau heutzutage sehr stark zu Werbezwecken instrumentalisiert wird: Das Bild der halbnackten, makellosen Schönheit aus der Parfumwerbung hat sich in die Köpfe eingebrannt, sodass man auf den Strassen gefühlt häufiger auf Beauty-Salons als Bäckereien trifft.

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Dabei geht schnell vergessen, dass Weiblichkeit komplexer ist als das Bild eines hübschen Models mit Kurven und definierten Oberarmen aber einem BMI unter 18. Deshalb haben wir die Künstlerin Andrea Ebener um eine Fotostrecke gebeten, die aufzeigt, wie divers das Frausein wirklich ist. Zudem haben die vier Frauen Nadja Brenneisen verraten, was sie an ihrem Aussehen besonders schön finden. Schliesslich soll in Zukunft die Frau einfach Frau in all ihren Facetten sein dürfen—und zwar ohne dass sie gleich einem Stigma zugeordnet wird.

Jessica

Jessica ist Doktorandin der Sinologie an der Universität und Mutter. Sie mag an sich selbst ihre Locken und würde wahnsinnig gerne wie Jim Morrison aussehen. Kürzlich hat sie das Kompliment bekommen, wie Bob Dylan auszusehen—und musste der Lobsprechenden versichern, als Frau darüber nicht gekränkt zu sein. Bob sei nämlich fast so toll wie Jim. Für Jessica ist Weiblichkeit ein Handlungsraum, der nicht durch Körperlichkeit bedingt ist, sondern von jedermann genutzt werden kann. So hat sie kürzlich einen Grossvater beobachtet, welcher sich rührend um sein Baby gekümmert hat. Etwas, was wir als weiblich konnotieren.

Kathrin

Kathrin ist OP-Schwester und arbeitet vor allem am offenen Herzen. Sie ist ziemlich zufrieden mit ihrem Körper und zufrieden mit sich, dass sie zufrieden mit ihrem Körper ist. Nur ein paar Sommersprossen mehr dürften es sein. Unter Weiblichkeit versteht Kathrin, dass auch der weibliche Körper in seiner vollen Energie und Stärke abbildbar ist. Die männliche Energie deutet sie als Mut zu sich selbst, aber auch als verletzlich. Deshalb schätzt sie an sich selber, dass sie primär sie selbst ist—mit ihren maskulinen und femininen Zügen, als Lesbe.

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Ninayara

Ninayara mag an sich selber ihr Lächeln und ihre Augen und den Effekt, den diese beiden Lieblingsteile in Wechselwirkung miteinander haben. Damit spielt sie. Einmal wahnsinnig lebensfroh, dann wieder geheimnisvoll; beides gewährt einen tiefen Einblick in ihr Dasein. Auch weiss Ninayara, dass sie auf viele Männer erotisch wirkt. Diese sehen aber erst dann ihre wirklichen Konturen, wenn sie lacht—und nicht mehr nur das sexy Mädchen ist, sondern Mensch. Weiblichkeit hat für Ninayara viel mit Konnotationen auf zwei Ebenen zu tun. Zum einen lässt sie sich durch Kleider, Frisuren und Make-up ausdrücken und verstärken, zum anderen ist sie aber auch auf Gefühlsebene da.

Anonym

Der Name soll passend zum Gesicht das Geheimnis unseres Models bleiben. Ihre Geschichte hat sie uns trotzdem erzählt: Als sie etwas 20 Jahre alt war, sagte ihr Grossvater, sie sei eher männlich, weil sie anstatt emotional eher der rationale Typ sei. Bis heute denkt sie darüber nach, ob sie dies nun gut oder schlecht findet. Die Bemerkung des Grossvaters hatte aber die Wirkung, dass unser Model begann, sich darüber Gedanken zu machen, was Geschlechtlichkeit ausmacht. Wie kann man Männlichkeit wirklich von Weiblichkeit trennen—und umgekehrt? Heute hat sie gelernt, dass Schönheit vielseitig ist. Das, was sie als junges Mädchen schön gefunden hat, findet sie heute eher langweilig und stereotyp. Und so geniesst sie an sich selber all jene Attribute, die speziell an ihr und eben nicht in Modekatalogen zu finden sind.