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Der Islamische Staat kämpft mit Waffen aus 25 Ländern

Ein neuer Bericht von Amnesty International nennt „Jahrzehnte der verantwortungslosen Waffenlieferungen an den Irak" als einen der Faktoren, die dem IS ein so gut bestücktes Arsenal eingebracht haben.

Der Islamische Staat (IS) hat Waffen aus mehr als 25 verschiedenen Ländern eingesetzt, um in Irak und Syrien Gräueltaten zu begehen, wie neue Erkenntnisse zeigen, die diese Woche veröffentlicht wurden.

In einem Bericht, der die umfangreichen militärischen Ressourcen auflistet, die ihren Weg in die Hände von IS-Kämpfern gefunden haben, hat Amnesty International die irakische Regierung in Bagdad sowie die Ursprungsländer der Waffen aufgerufen, „sehr viel strengere Kontrollen einzuführen", was den Transport und Einsatz von Waffen angeht, um die militante Gruppe davon abzuhalten, ganze Waffenlieferungen in ihren Besitz zu bringen und den Kreislauf der Gewalt fortzusetzen.

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Eines der größten Ereignisse in der Bewaffnung des IS fand im Juni 2014 statt, als die Organisation die zweitgrößte Stadt des Irak, Mossul, eroberte. Die irakischen Soldaten, die aus der Stadt flohen, hinterließen „eine ganze Fundgrube international hergestellter Waffen", darunter auch Waffen und Militärfahrzeuge der USA, die daraufhin eingesetzt wurden, um andere Gebiete zu erobern.

Amnesty hat festgestellt, dass der Großteil der konventionellen Waffen—Pistolen, Handfeuerwaffen, Maschinengewehre, Artillerie, Mörsergranaten und Panzerabwehrwaffen—, die der IS einsetzt, mindestens 20 Jahre alt sind, wobei viele aus den 1970ern und auch aus dem verheerenden Iran-Irak-Krieg der 80er stammen. „Dies war ein wichtiger Moment in der Entwicklung des modernen Waffenmarkts", schrieb Amnesty. „Mindestens 34 verschiedene Länder belieferten den Irak mit Waffen—28 dieser Staaten lieferten gleichzeitig dem Iran Waffen."

Systemische Korruption und Gesetzlosigkeit nach der US-Invasion des Landes 2003 spielte zahllosen Gruppen, die auf den Plan traten, um die amerikanischen Streitmächte und schließlich einander zu bekämpfen, weitere Waffen in die Hände. Obwohl die Vereinten Nationen nach der irakischen Invasion Kuwaits 1990 ein Waffenembargo verhängten, fing Bagdad nach dem Sieg über Saddam Hussein mit dem Import von Waffen an. Viele dieser Importe wurden nie richtig gesichert, während andere einfach verschwanden.

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Es gibt Befürchtung, dass der Kreislauf des Waffenverkehrs in den Irak sich über Jahre so gut wie unüberwacht in die Länge ziehen könnte.

In dem Jahrzehnt, das seitdem vergangen ist, ist der Waffenstrom nie abgerissen. Oft handelte es sich um Waffen, die von den USA an die schwache Regierung in Bagdad geschickt wurden. Die USA verkauften dem Irak Panzer, Fluggerät und Raketeneinheiten im Wert von Milliarden Dollar. 2014 hatte das Land allein Handfeuerwaffen und Munition im Wert von 500 Millionen Dollar von den USA erhalten.

Zwischen 2003 und 2007 schickten die USA und ihre Koalitionspartner den irakischen Streitkräften mehr als eine Million „Infanteriewaffen und Pistolen mit Millionen Schuss Munition", wie die Amnesty-Forscher schreiben. „Hunderttausende dieser Waffen sind verlorengegangen und wurden noch immer nicht gefunden."

„All das hat dazu geführt, dass der Irak und die umliegenden Regionen einfach nur von Waffen überflutet wurden", sagte Sunjeev Bery, Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit Nordafrika und Nahost bei Amnesty USA. „Wir können mit Sicherheit sagen, dass ein maßgeblicher Anteil der Waffen [über die der IS verfügt] aus der Zeit vor der US-Invasion stammt, doch ein maßgeblicher Anteil besteht auch aus den Waffen, welche die USA dem Irak verkauft haben, oder deren Kauf von Dritten die USA dem Irak ermöglicht haben."

Zusätzlich zu der schieren Anzahl von Waffen, die nach der US-Invasion in den Irak gebracht wurde, erwähnte Amnesty auch die Entscheidung der von den USA angeführten Koalition, die 400.000-köpfige irakische Armee aufzulösen, was dazu geführt habe, „dass Zehntausende Individuen mit ihren Waffen nach Hause zurückkehrten oder sich versteckten."

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Amnesty-Forscher haben zusätzlich zum Einsatz diverser öffentlicher Ressourcen in Zusammenarbeit mit der Waffen-Überwachungsorganisation Conflict Armament Research Interviews durchgeführt und Tausende Videos und Fotos durchgeschaut, in denen IS-Waffen zu sehen sind.

Dem Bericht zufolge sind IS-Kämpfer momentan mit vielen Gewehrmodellen ausgestattet. Es sollen hauptsächlich Kalaschnikows sein, doch sie haben auch chinesische, deutsche und belgische Waffen sowie das US-Army-Gewehr M16. Auch sind sie im Besitz von österreichischen und russischen Scharfschützengewehren sowie russischen, chinesischen und belgischen Maschinengewehren. Zu dem schwereren Geschütz der Gruppe gehören Panzerabwehrraketen russischer, chinesischer und europäischer Herkunft sowie chinesische Boden-Luft-Raketen.

„Die Qualität und Reichweite des IS-Waffenarsenals spiegelt letztendlich Jahrzehnte der verantwortungslosen Waffenlieferungen an den Irak wider. Weiterhin lassen sie wiederholtes Scheitern der US-geführten Besatzermächte, Waffenlieferungen und -lager ordnungsgemäß zu sichern, sowie verbreitete Korruption im Irak selbst erkennen", hieß es in dem Bericht.

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Bery sagte, im aktuellen Klima, in dem Mitglieder der Koalition gegen den IS sogar ihre Inlandsgesetze ändern, um gegen die Organisation vorzugehen, gäbe es die Befürchtung, dass der Kreislauf des Waffenverkehrs in den Irak sich über Jahre so gut wie unüberwacht in die Länge ziehen könnte. Dieses Jahr haben militante Kämpfer mit Verbindungen zu al-Qaida bereits im benachbarten Syrien Besitz von Waffenarsenalen der von den USA zum Kampf gegen den IS ausgebildeten Streitkräfte ergriffen.

„Es besteht das Risiko, dass dasselbe Szenario, das es dem Islamischen Staat ermöglicht hat, in den Besitz all seiner Waffen zu gelangen, sich immer weiter wiederholt", sagte Bery. „Es gibt das Risiko eines niemals endenden Kreislaufs."


Titelfoto: US Army | Flickr | CC BY 2.0