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Tag 2 im Jahn B.-Prozess zum Nachlesen

Heute findet der zweite Verhandlungstag im Prozess um Jahn B., einen jungen Antifaschisten, statt. Wir berichten live.
Alle Fotos von VICE Media

Heute findet der zweite Verhandlungstag im Prozess um Jahn B. im Wiener Landesgericht für Strafsachen statt. Jahn ist ein junger Antifaschist und steht wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung an einem Polizisten vor Gericht, nachdem er auf einer Demonstration gegen das Fest der Freiheit der Burschenschaften laut eigenen Aussagen bei der brutalen Festnahme von Hüseyin einschreiten wollte. Hier lest ihr Jahns Erlebnisbericht.

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Wir waren bereits beim ersten Verhandlungstag im April dabei, als sich Jahn nicht schuldig bekannte und sich die Polizisten, die vor Gericht aussagten, immer mehr in Widersprüche verstrickten und berichten auch heute live von der Verhandlung. Wir halten euch hier über die Geschehnisse vor Gericht am Laufenden.

10:05 Statement von Jahn B.

Der Angeklagte ist vom Prozess sichtlich mitgenommen—und die Vertagung der Verhandlung macht die Belastung für ihn keineswegs geringer. „Ich hätt gehofft, dass es heute vorbei ist", sagt er gegenüber VICE. „Es ist einfach so zach."

09:52 Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt

Nach einer kurzen Unterbrechung—O-Ton des Richters: „Ich gehs mir mal überlegen."—wird der Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt. Grund dafür ist, dass Jahn B.s Verteidiger ein Gutachten der Verletzung des besagten Polizisten beantragt und dieses erst eingeholt werden muss.

09:46 Jahn B.: Einsatz war übertrieben

Jetzt wird Jahn befragt, was sein Eingreifen eigentlich für einen Sinn hatte. Jahn: „Ich wollte eigentlich nur zeigen, dass der Einsatz übertrieben war."

„Sind Sie jetzt die Instanz dafür, wann ein Einsatz übertrieben ist?", fragt der Richter. Jahn: „Nein." Danach gibt es keine weiteren Fragen mehr an Jahn B.

09:39 Zweite Aufnahme zeigt ebenfalls kaum etwas

Jetzt wird noch die Aufnahme von Wien TV angeschaut, auf der man laut dem Richter aber auch nicht allzu viel sieht.

Hintergrund: Die Vorgehensweisen der Wiener Polizei

In letzter Zeit stand die Wiener Polizei des öfteren wegen dem Vorwurf von gewalttätigen Übergriffen oder unverhältnismäßigen Einsätzen in der Kritik. Erst Ende März wurde ein offensichtlich verwirrter Mann auf der Mariahilfer Straße brutal festgenommen.

09:33 „Der hat mir auf die Eier gegriffen!"

Jetzt werden die Aufnahmen minutiös durchgegangen und alles, was der Richter sieht, wird protokolliert. Man hört, wie Jahn auf den Aufnahmen schreit: „Der hat mir auf die Eier gegriffen! Gib's doch zu, dass du mir auf die Eier gegriffen und zamgedrückt hast. Ich hab überhaupt nix gemacht!"

09:27 Publikum bekommt die WEGA-Aufnahmen nicht zu sehen

Vom gegenständlichen Vorfall an sich sieht man laut dem Richter ansonsten auf dem Video recht wenig. Den Zuschauern werden die Aufnahmen nicht gezeigt.

09:23 Richter: „Ich halte das fest, was ich sehe."

Jahn erklärt dem Richter, was man auf dem Video sieht. Der Richter will festhalten, dass auf dem Video zu erkennen ist, wie Hüseyin S. nach seiner Festnahme mit der Rolltreppe nach oben gebracht wird und Jahn eine Schlagbewegung in Richtung eines Polizisten macht. Als der Anwalt von Jahn erklären will, was wirklich passiert ist, sagt der Richter gereizt: „Ich halte das fest, was ich sehe."

Hintergrund: Jahn B. ist nicht der Erste

Jahn B. ist nicht der erste aktive Antifaschist, der nach der Teilnahme an einer Demonstration gegen Rechts vor Gericht steht. Er reiht sich damit neben Josef S., der nach der Demonstration gegen den letztjährigen Akademikerball monatelang in U-Haft saß (und uns dieses erste Exklusiv-Interview gab) und Hüseyin S. ein, der nach dem „Fest der Freiheit" festgenommen und ebenso wie Josef in mehreren Punkten schuldig gesprochen wurde.

09:18 Aufnahme der WEGA wird gezeigt

Der zweite Zeuge wird aufgerufen—ein Fotograf. Er erzählt, dass es ein Missverständnis gab, weil er am besagten Tag eine andere Festnahme beobachtet hat, aber nicht die von Jahn B. Das hat sich erst gestern herausgestellt. Zum Vorfall, der Jahn betrifft, kann er nichts sagen. Jetzt wird die Aufnahme der WEGA gezeigt. Die Anwälte, Jahn und der Richter schauen das Video an, die Staatsanwältin schüttelt permanent den Kopf, als sie die Aufnahmen sieht.

09:16 ERSTER ZEUGE WIRD BEFRAGT

Nun wird der erste Zeuge aufgerufen, ein Polizist. Er beschreibt die Festnahme von Hüseyin und sagt, dass die Situation eskaliert ist und er lediglich versucht habe, seinen Kollegen vor den Sympathisanten mit Hüseyin zu schützen.

Auf die Frage, ob er die fragliche Aktion selbst direkt mitbekommen habe, sagt er: „Zur Widerstandshandlung an sich kann ich nichts sagen, das hab ich nicht mitbekommen. Ich war etwa zwei Stufen hinter der Aktion. Ich hab erst das Handgemenge mitbekommen, als Herr B. schon festgenommen wurde. Ich habe nur gesehen, dass er sich bei der Festnahme zur Wehr gesetzt hat." Die Verletzung des betreffenden Polizisten hat der Zeuge also nicht wahr genommen. Als der Richter mit „Sie selbst haben also nicht Hand angelegt" zusammenfasst, muss Jahn grinsen.

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09:10 Prozessbeginn

Vor wenigen Minuten ist der zweite Tag im Prozess um den jungen Antifaschisten Jahn B gestartet. Es sind weit weniger Zuschauer anwesend als beim ersten Mal—etwa 15 Freunde von Jahn. Die meisten Plätze im Saal sind leer. Jahn wirkt sehr nervös.

Die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens werden noch einmal verlesen, da seit dem ersten Verhandlungstag einige Monate vergangen sind. Der Tathergang wird noch einmal beschrieben, Jahn hat zu seinen Aussagen nichts mehr hinzuzufügen. Es fallen wieder die Stichworte vom ersten Verhandlungstag „ruckartiges Fallenlassen" und „passiver Widerstand".

Heute werden 2 Videoaufnahmen gezeigt, ein Band der WEGA und ein Video von Wien TV, auf denen mal den Vorfall zwar nicht direkt sieht, aber das, was davor und danach passiert ist.

Rückblick: Der erste Prozesstag

Im Laufe des ersten Verhandlungstages im April bekannte sich Jahn als nicht schuldig. Mehrere Polizisten, die anwesend waren, als Jahn einen Polizist verletzt haben soll, haben an diesem Tag vor Gericht ausgesagt. Die Aussagen waren allesamt ziemlich vage und widersprüchlich.

Hier könnt ihr noch einmal die Chronik des ersten Tages nachlesen.

Hintergrund: Fest der Freiheit

Beim „Fest der Freiheit" feiern Burschenschaften das Revolutionsjahr 1848—wir haben berichtet. Beim letztjährigen Fest marschierten einige wenige Burschenschafter durch die Stadt und es kam zu mehreren Gegendemonstrationen. Zwei Personen wurden verhaftet, einer davon war Hüseyin S. Und bei eben dessen Verhaftung wollte Jahn B. laut eigenen Aussagen einschreiten.