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Oury Jalloh

Staatsanwalt: Polizisten sollen Gefangenen ermordet haben, um zwei Todesfälle zu vertuschen

Die Todesumstände des Asylbewerbers Oury Jalloh werden immer unglaublicher.
Eine Gedenkveranstaltung am Todestag von Oury Jalloh | Foto: imago | Future Image

Der Asylbewerber Oury Jalloh starb 2005 in einer Dessauer Polizeizelle und noch immer ist nicht klar warum. Die Polizei sagt, er habe sich selbst in Brand gesteckt – dabei war der Mann aus Sierra Leone an Händen und Füßen fixiert. Und warum hörte angeblich keiner der diensthabenden Beamten den Feueralarm? Trotz der vielen offenen Fragen und absurden Widersprüche, die wir hier zusammengefasst haben, will die Staatsanwaltschaft Halle das Ermittlungsverfahren einstellen.

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Jetzt gibt es neue Details und die stammen nicht von Verschwörungstheoretikern, sondern vom Leiter der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau, Folker Bittmann. Bereits Mitte November berichtete das ARD-Magazin Monitor, Bittmann glaube laut einem Vermerk vom 4. April nicht mehr an einen Unfall, sondern an Mord. Dabei hatte der Oberstaatsanwalt zuvor jahrelang die Theorie vertreten, Jalloh habe sich selbst getötet. Laut Informationen der Mitteldeutschen Zeitung äußerte der Staatsanwalt im selben Schreiben jedoch noch einen weiteren Verdacht: Jalloh könnte getötet worden sein, um von zwei weiteren Todesfällen abzulenken.


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Die diensthabenden Polizisten hätten womöglich befürchtet, schrieb Bittmann, dass zwei ältere Fälle neu aufgerollt werden könnten, sollte der im Gesicht verletzte Jalloh in ihrem Gewahrsam sterben. Bereits 1997 war ein Mann auf der Dessauer Polizeistation nach schweren inneren Verletzungen ums Leben gekommen. Und 2002 verstarb ein Obdachloser in der gleichen Zelle wie später Jalloh. Die Beamten könnten das Feuer gelegt haben, um Jallohs Verletzungen zu vertuschen und einer erneuten Untersuchung der alten Fälle zu entgehen, so der Staatsanwalt.

"Für uns ist das, was jetzt herausgekommen ist, keine Überraschung", sagte Mouctar Bah, ein Freund von Oury Jalloh gegenüber VICE. Bar, gleichzeitig Sprecher von "Break The Silence", einer Initiative in Gedenken an Jalloh, startete eine Petition, um auf den Fall aufmerksam zu machen. Sehr viel Hoffnung darauf, dass die Todesumstände endgültig aufgeklärt werden, mache er sich aber nicht: "Es ist gut, dass die Behörden langsam auch in diese Richtung ermitteln, aber das hätten sie von Anfang an machen müssen. Es gab genug Beweise dafür, dass niemand sich auf diese Art und Weise selbst anzünden kann."

Der Pessimismus der Aktivisten hat einen Grund: Das Verfahren liegt nicht mehr in den Händen von Folker Bittmann, sondern bei der Staatsanwaltschaft Halle. Die hat sich bislang noch nicht dazu geäußert, ob sie es nun doch fortführen wird.

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