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Politik

Morddrohungen und Polizeischutz: Was nach einem AfD-Austritt passieren kann

Markus Plenk steht nach seinem Austritt unter Polizeischutz. Sein Fall ist nur einer von vielen, die zeigen, welches antidemokratische Weltbild manche AfD-Anhänger haben.
Markus Plenk auf einem Wahlplakat
Markus Plenk auf einem Plakat zu den bayerischen Landtagswahlen 2018 ||| Collage bestehend aus: 

links: imago images | Manngold ||

rechts: imago images | ZUMA Press

Es gibt ein paar Dinge, die sollten nicht einmal in Sekten vorkommen. Und schon gar nicht in Parteien, die im Bundestag sitzen. Dazu gehören Morddrohungen gegen ehemalige Mitglieder. Solche erreichen zur Zeit Markus Plenk, den Ex-Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bayerischen Landtag. Nachdem der Politiker Anfang April aus der AfD austrat, steht er jetzt unter Polizeischutz.

Noch im Januar hatte Plenk nach einem Angriff auf seinen Parteikollegen Frank Magnitz mehr Personenschutz für AfD-Politiker gefordert. "Es darf in einem demokratischen Rechtsstaat nicht zugelassen werden, dass die AfD und gewählte Abgeordnete immer wieder zur Zielscheibe hasserfüllter Splittergruppen werden", schrieb er damals. Jetzt muss er selbst von diesem Personenschutz Gebrauch machen, aber offenbar, weil AfD-Anhänger sich gegen ihn wenden.

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Auch wenn die Anfeindungen gegen Plenk ein Extremfall sind und die allermeisten AfD-Austritte harmlos verlaufen dürften, sind sie kein Einzelfall. Auch andere prominente Ex-AfD-Mitglieder wurden nach ihrem Austritt mit Hass und Drohungen aus den eigenen Reihen überflutet. Obwohl die Partei sich gerne bürgerlich gibt, sind viele ihrer Anhänger es nicht. Auch Markus Plenk sieht das inzwischen so.


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Diese Hasswelle, sagte Plenk der Süddeutschen Zeitung, "zeigt, dass es im Dunstkreis von AfD-Sympathisanten einige Extremisten geben muss". Die Reaktionen würden ihn darin bestätigen, dass sein Austritt richtig gewesen sei. Was der Austritt langfristig für ihn bedeuten kann, könnte er mit Franziska Schreiber besprechen, die damit schon mehr Erfahrung gesammelt hat.

Personenschutz nach AfD-Austritt: Markus Plenk ist kein Einzelfall

Die ehemalige Sprecherin der Jungen Alternativen trat 2017 kurz vor der Bundestagswahl aus der AfD aus, nachdem sie sich von der Partei entfremdet hatte. Lange Zeit war Schreiber noch auf Parteilinie mitgeschwommen, hatte in einem Facebook-Post im Mai 2015 sogar geschrieben, man müsse sagen dürfen, dass es den Holocaust nie gegeben habe, auch wenn Historiker das anders sähen. Als Björn Höcke zwei Jahre später vom Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" fabulierte, hatte sich Schreibers Meinung aber geändert. Gegenüber VICE erzählte sie später, wie sie in einer internen Facebook-Gruppe der Jungen Alternative 2017 geschrieben habe, man müsse sich über dieses Denkmal nicht wundern, denn es sei "noch kein anderes Land auf die Idee gekommen, sechs Millionen Menschen der industriellen Vernichtung preiszugeben". Schon damals sei sie für ihre abweichende Meinung angefeindet worden. "Ich sei eine Unruhestifterin, Nestbeschmutzerin, Volksverräterin und Medienhure. Der Umgang mit uns wurde immer rauer und bedrohlicher", sagte sie. Nach ihrem Austritt habe sich der Hass dann endgültig verselbstständigt: "Mein Facebook-Postfach war voll mit Beleidigungen und Drohungen. Dass ich besser auf mich aufpassen solle."

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Auch als Frauke Petry 2017 aus der AfD austrat, veränderte sich ihr Leben nach eigenen Angaben drastisch. "Es gibt nun nicht mehr nur von links sondern auch von enttäuschten AfD-Anhängern viele Drohungen, ich stehe ständig unter Personenschutz und kann nicht alleine zum Einkaufen gehen", sagte die ehemalige Parteisprecherin damals dem Tagesspiegel.

Woher dieses undemokratische Verhalten bei manchen AfD-Anhängern, aber teilweise auch Mitgliedern kommt, hat Matthias Manthei im September 2017 in seiner Austrittserklärung beschrieben. Bis dahin war er Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern. "In der Partei haben sich zahlreiche frustrierte Menschen versammelt, die voller Hass gegen Andersdenkende sind, innerhalb und außerhalb der Partei", schrieb Manthei damals. "Wer es wagt, die AfD zu kritisieren oder gar zu verlassen, wird als 'Verräter', 'Ratte', 'Schlappschwanz' oder Sonstiges beschimpft." Die Partei sei eine Art Mafia-Familie, in der man sich gegenseitig versorge und die man nicht verlassen könne. "Wer austreten will, wird gejagt."

Markus Plenk begründete seinen Austritt zwar mit weniger drastischen Worten, aber auch er erklärte, die Partei entspreche in ihrem Verhalten nach innen nicht dem, was sie nach außen hin vertrete: "Ich habe es satt, die bürgerliche Fassade einer im Kern fremdenfeindlichen und extremistischen Partei zu sein", sagte er dem Spiegel. Damit spricht er auf einen zentralen Widerspruch an, den die AfD noch immer nicht gelöst hat. Denn zu einer demokratischen Partei gehört ja nicht nur, dass man sie selbst demokratischen Prinzipien folgt, sondern auch, sich deutlich genug von Anhängern zu distanzieren, die diese Regeln verachten.

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