Nahaufnahmen von nackter Haut

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Nahaufnahmen von nackter Haut

Mit genügend Zoom werden Menschen zu unbewohnten Kraterlandschaften.

Alle Fotos von Diana Pfammatter

Diana Pfammatter war fotografierend dabei, als wir mit Beatmungsgerät-Rollstuhl in der Basler Kuppel waren, sie war da, als wir mit ex-JSVP-Präsident Anian Liebrand über Chemtrails diskutierten und fotografierte uns als "Models mit Joint" für einen Artikel namens Kifferstadt Basel. Jetzt durfte Diana mit jungen Polymechanikerinnen, Informatikern und anderen Berufsgattungen, die an der Berufsschule Baden blühen, arbeiten.

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Für Ihre Ausstellung "I and many more of me" im Kunstlehrstuhl BBB bat Diana Lehrlinge und Lehrpersonal vor die Selbstauslöserkamera. Selfies sind als Thema natürlich kaputtinterpretiert. Genauso wie Duckfaces oder Fotografier-mich-mit-Blitz-vor-meinem-Spiegel-Bilder auf Tinder. Oder Tinder. "Sie machen ihre Snapchat-Selfies und stellen sie in die Welt—und sehen dabei immer gut aus", erzählt Diana. "Ich will mit dieser Ausstellung auch zeigen, dass beim Ranzoomen an Körper, Merkmale verfremdet wirken, aber ehrlicher sind. Auch was nicht gut ausschaut, bleibt eigen und irgendwie schön."

Die Lehrlinge durften posen, aber der Zoom nimmt ihnen die Kontrolle. Danach mussten sie darüber sprechen. Über ihren Körper. Und darüber, wie sich Bilder selbständig machen. Wie Pickel in den Vordergrund rücken. Narben. Wie sich Narben und Pickel und Pusteln aber auch lösen können, lösen von der Person, dabei trotzdem persönlich bleiben. Wenn auch nur für die Abgebildeten selbst. Im Makrobild wird jeder irgendwie allgemein, Element eines Merkmal-Pornos, aber bleibt trotzdem sich selbst ganz nah. Die Bilder von Diana lösen sich für den Betrachter, für den Abgebildeten sind sie eine Art "Oberflächen-Psychotherapie".

Die Coiffeure und Informatikerinnen durften mit Diana über Bodyshaming und Selfies sprechen und mussten gleichzeitig erleben, wie ihnen ihre Bilder und Posen weggenommen wurden. Diana hat sie jetzt, die Bartstoppeln, die zusammengenähten Bauchnabel.

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Damals, als wir noch samstags zusammen im Zug sassen, auf dem Heimweg vom Truckerfestival in Interlaken oder der AUNS-Konferenz in Winterthur, verarbeiteten wir den innereidgenössischen Kulturschock jeweils mit dummer Musik (Bushido) und Gesprächen darüber, was wir denn mitgenommen haben. Was das uns gebracht hat, einen Nachmittag zusammen mit Wallisern zu saufen, für die das tägliche Hissen der Konföderiertenflagge eine so natürliche Festivaltradition ist, wie für andere bekifftes Sammeln von Pfandbechern.

Bushidos Beitrag war jeweils: "Das war dein Leben, dein ganzes Leben, Kay!" Unser Schluss war jeweils: Es ist schön, sich über andere mit sich selbst auseinanderzusetzen. Andere Welten, Redneck-Welten. Andere Pickel. Andere Problembeziehungen. Anderes Traumagepäck.

Dianas Ausstellung "I and many more of me" startet am 9. Juni im Kunstlehrstuhl BBB in Baden. Wir haben die eindrücklichsten Fotos vorab bekommen.