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Die Identitären werfen dem Roten Kreuz Diskriminierung vor – dort wehrt man sich

Die rechten Identitären behaupten, eines ihrer Mitglieder sei aufgrund ihrer politischen Einstellung vom Roten Kreuz gefeuert worden. Beim Roten Kreuz weiß man davon nichts.

Screenshot via Facebook

Vor wenigen Tagen postete die Landesgruppe Steiermark der sogenannten "Identitären Bewegung" ein Statement auf ihrer Facebook-Page, in dem sie behaupteten, im steirischen Bezirk Weiz sei eine Helferin des Roten Kreuzes entlassen worden, weil sie Mitglied der rechtsextremen Identitären sei und regelmäßig deren Stammtisch besuche. Sie sei von ihren Vorgesetzten wortwörtlich gefragt worden, ob sie denn auch einem "Asylanten" helfen würde und habe geantwortet, dass sie das selbstverständlich tun würde, da dies nichts mit Kritik an der Asylpolitik zu tun habe.

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Laut den "Identitären" soll das Mädchen dennoch entlassen worden sein, denn "das Wohl der eigenen Bevölkerung ist den Multikultis egal". Unter dem Posting häufen sich die Kommentare, ein User schreibt zum Beispiel: "Erinnert alles an die 30er-Jahre, da hat man auch alles verboten, hinausgeschmissen, und Menschen attackiert, die gegen Hitler waren." Außerdem wurde am Dienstagabend eine Video-Botschaft auf Facebook veröffentlicht, in der sich der Leiter der Landesgruppe an die User wendet und sagt: "In der Steiermark hat sich ein Skandal zugetragen, der kommentiert gehört und nicht einfach im Raum stehen gelassen werden kann."

Seit Veröffentlichung des Ursprungs-Postings wurden auf der Facebook-Seite des Roten Kreuzes in Weiz über 100 negative Bewertungen verfasst. In den Bewertungen wird dem Roten Kreuz eine Gesinnungsdiktatur vorgeworfen, das alles sei demokratisch höchst bedenklich und das Gehabe dem dritten Reich angepasst.

Nun hat das Rote Kreuz am Donnerstagmorgen auf die Vorwürfe der User und der rechten Gruppierung reagiert und eine Stellungnahme unter sämtliche Kommentare zum Thema gepostet, in der es heißt, die Geschichte der selbsternannten Verteidiger Europas habe sich so nie zugetragen:

Auf Nachfrage von VICE heißt es seitens des Roten Kreuzes außerdem, dass die betroffenen Jugendbetreuer ziemlich aufgebracht seien und man sich die Geschichte der Identitären nicht erklären könne: "Das Rote Kreuz ist ein unpolitischer Verein und will auch gar nicht mutmaßen, warum die Identitären diese Kampagne fahren."

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Außerdem sei es nie Thema gewesen, dass das Mädchen bei den Identitären aktiv ist, so die Pressestelle des Roten Kreuzes: "Während der Jugendstunden hat sie sich nie politisch geäußert. Aber die Jugendlichen untereinander bemerkten, dass sie auf ihrer Facebook-Seite Inhalte der Bewegung teilt—anscheinend ging es da um zwei Postings. Das war aber nicht weiter problematisch, da es ja auch andere Jugendliche gibt, die politisch privat im Social Web aktiv sind. Bei dem besagten Gespräch zwischen Jugendbetreuern und der Jugendlichen wurde dieses Thema kurz, aber beiläufig, erörtert. Das zentrale Thema war aber der Zeitmangel—bedingt durch ihre neue Lehrstelle—, der letztendlich auch zum freiwilligen Vereinsaustritt führte. Ihr wurde aber im selben Atemzug angeboten, dass sie, wenn sie wieder mehr Zeit hat, immer die Möglichkeit zum Wiedereintritt hat."

Als wir bei der Gruppierung nachfragen, erzählt man uns eine andere Geschichte. Das Gespräch, von dem das Rote Kreuz spricht, habe zwar stattgefunden, aber es habe noch ein zweites gegeben. Uns wird ein vermeintliches Statement der Betroffenen weitergegeben, in dem sie schildert, dass ihre Jugendbetreuer sie "schon vorher einmal ins Verhör genommen und sie mit Fragen fertig gemacht haben". Man habe ihr gesagt, dass eine Mitgliedschaft bei den Identitären und ihr Engagement beim Roten Kreuz nicht zusammenpasse und ihr jedenfalls nahe gelegt, in etwa einem Jahr wieder zu kommen.

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"Wir werden dem Ganzen nachgehen und verlangen vom Roten Kreuz Weiz eine Entschuldigung. Bevor sie der Betroffenen unterstellen, dass sie lügen würde, hätten sie vielleicht auch diese befragen sollen", so die rechten Identitären.

Vom Roten Kreuz heißt es, man versuche derzeit, das Mädchen zu erreichen, sie würde jedoch auf Nachrichten nicht reagieren, nehme keinen Anruf entgegen und rufe auch nicht zurück. "Für uns wäre es ja extrem wichtig, ihren Standpunkt zu hören, um diese Sache bestmöglich aufklären zu können." Auch die Jugendbetreuer versuche man derzeit zu erreichen, um der Version der Identitären und der Schilderung des Mädchens nachzugehen.

Abschließend meinen die Identitären Folgendes: "Das Rote Kreuz müsste klar kommunizieren, dass die politische Einstellung im Privaten für die Arbeit im Roten Kreuz nicht ausschlaggebend ist. Denn Politik und Rotes Kreuz haben streng getrennt zu sein." Hier mögen sie einen guten Punkt haben. Das würde im Umkehrschluss jedoch auch bedeuten, dass sie selbst mit dem Roten Kreuz keine Politik machen dürften.

Verena auf Twitter: @verenabgnr