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Popkultur

Gestellte Küsse und PR-Trennung: Die 4 Phasen einer TV-Promi-Beziehung

'Das Sommerhaus der Stars' zeigt, dass Liebe zwischen D-Promis nach den immer gleichen Mustern abläuft.

Eigentlich geht es beim Sommerhaus der Stars nicht um aufmerksamkeitsgeile D-Promis, die halbbesoffen derart offensichtlich Intrigen schmieden, als hätte RTL House of Cards mit Kindergartenkindern in Castrop-Rauxel nachinszeniert. Eigentlich geht es um Liebe in den Zeiten der Cholera, was nicht nur ein Bestseller ist, sondern auch ein ziemlich guter Alternativtitel für dieses Format.

Mehrere Pärchen sind zwei Wochen lang auf engstem Raum zusammengesperrt, müssen sich in albernen Challenges miteinander messen und dürfen sich anschließend gegen die zwei meist Verhassten zusammenschließen, die dann das Haus verlassen müssen. Eine Extremsituation für jede Partnerschaft – besonders wenn man nach der Sendung noch ordentlich Kapital aus der unverwüstlichen Zweisamkeit schlagen möchten.

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Die Figuren mögen von Staffel zu Staffel wechseln, eine Sache wird im Sommerhaus aber deutlich: Die Beziehungen zwischen den D-Promis, die ihren Lebensinhalt damit bestreiten, sich in Trash-TV-Formaten menschlich und wortwörtlich nackig zu machen, folgen bei RTL den immer gleichen Mustern.

Phase 1: Eitel Sonnenschein

Das Sommerhaus ist ein Wettbewerb und wer gewinnen möchte, darf keine Schwäche zeigen. Das bedeutet in Sachen Paarkampf ganz konkret, die eigene Harmonie so deutlich in den Vordergrund zu stellen, dass Beziehungsphobikerinnen und -phobiker schon bei den Vorstellungsvideos der Paare eine leichte Note von säuerlich Erbrochenem auf der Zunge schmecken dürften. Da wird sich umarmt, begrabbelt und abgebusselt, selbst wenn man sich gerade erst an einer Champagnerbar eines Berliner Edel-Kaufhauses kennengelernt hat, wie Patricia Blanco und Nico Gollnick. Kein Grund, sich nicht direkt den ganz großen Herausforderungen des zwischenmenschlichen Miteinanders zu stellen. Fernbeziehung, großer Altersunterschied, öffentliche Selbstdemontage im Privatfernsehen – alles kein Problem, wenn man sich nur genug liebt.


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Das bisher vor allem durch facettenreiche Schlichtheit aufgefallene "Influencer"-Paar Stephanie Schmitz und Julian Evangelos hat sich beispielsweise in der Fernsehsendung Love Island kennengelernt und ist mittlerweile verlobt. Wie im Märchen, nur mit mehr Instagram-Filter und Selbstbräuner. Iris und Uwe Abel heirateten, nachdem sie bei Bauer sucht Frau zusammenfanden, und scheinen sich erst langsam bewusst zu werden, dass sie hier in einer ganz anderen Liga von Freakshow gelandet sind.

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Wenn die anderen der Feind sind, die es im Kampf um 50.000 Euro Siegprämie auszustechen gilt, rückt man noch ein bisschen näher zusammen. Auch, weil die Stockbetten im portugiesischen Sommerhaus ganz offensichtlich nicht darauf ausgelegt wurden, dass zwei Menschen auf einmal in ihnen schlafen. Diese anfänglich betont zur Schau gestellte, harmonische Nähe mag zynisch und kalkuliert wirken. Aber: Wer sich noch nie frustriert durch Tinder geswipt hat und dachte, dass er lieber mit irgendeiner Person zusammen wäre, als für immer allein zu sein, werfe das erste Smartphone.

Phase 2: Egofilm

Das Sommerhaus der Stars lebt von Konflikten – wie die meisten anderen Sendungen, die darauf Fußen, in der Öffentlichkeit stehende Menschen psychisch und physisch zu brechen. Die Beziehungen der Teilnehmenden werden also qua Showkonzept so lange auf die Probe gestellt, bis auch beim vermeintlich eingespieltesten Team Risse zu sehen sind.

Die Büchners waren zwar mit Teamshirts ("Büchner Allstars") und eigenem Teamslogan ("Die Büchners sind die Geilsten") angetreten, bekamen sich allerdings schon zum Ende der ersten Folge hin in die Haare, weil sich Daniela partout mit jeder zweiten Person im Haus streiten musste. Ihr Mann Jens, Schlagersänger, vor allem aber Mallorca-Auswanderer, merkte schnell, dass sich die Stimmung im Haus gegen sie wendete und versuchte, seine Frau zurück auf Kurs zu bringen. Wer sich schon durchs Dschungelcamp gequält hat, um sich einen Mercedes kaufen zu können, der übergeht auch die Befindlichkeiten seiner Frau, wenn es ihm die Chance auf 50.000 Euro aufrechterhält.

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Während man Jens Büchner zugute halten kann, dass er nicht schon am ersten Tag von allen anderen gehasst werden wollte, zeigte Love Island-Julian in der zweiten Folge, dass er Team mit "i" schreibt – und dieses "i" steht für "ich". Seine Freundin scheint beim Projekt Partnerschaft nur aus formalen Gründen dabei zu sein, schließlich darf niemand beim Sommerhaus antreten, der in einer Beziehung mit sich selbst ist (wenngleich das eine nette Abwandlung des Formats für ehemalige Castingshow-Sieger und YouTube-Stars wäre).

Auch Bert Wollersheim ist sich vor allem selbst der Nächste | Foto: MG RTL D

"Ich bin die größte Sportsmaschine, ich lauf Marathon. Ich bin intelligent, sportlich, ich stemme 200 Kilo im Fitnessstudio. Irgendwas läuft hier gewaltig schief!", verkündet er empört nach einer verlorenen Challenge. Die Schuldige? Seine Freundin natürlich, die ihn beim Bretterdurchbohren mal zu viel, mal zu wenig angefeuert hatte. Selbst als Stephi den Studenten später erfolgreich durch einen Hindernisparcour lotst, schmeißt sich Julian, ganz ergriffen von sich selbst, hinter dem Ziel auf den Boden – und lässt sie mit ausgebreiteten Armen stehen. Obacht, Julian: Wenn man keinen Verbündeten im eigenen Partner oder der eigenen Partnerin findet, sucht man sich die eben woanders.

Phase 3: Entfremdung und die Suche nach Verbündeten

Was uns dann auch direkt zur dritten Phase der öffentlichen Liebes-Demontage bringt: der Entfremdung. Während andere sich anschreien, um sich anschließend im winzigen Etagenbett gegenseitig das Gesicht zu streicheln, sind Ex-Rotlichtkönig Bert Wollersheim und Bobby Anne Baker schon einen Schritt weiter. Bereits am ersten Abend weigerte sich die Sängerin, sich ein Bett mit ihrem Partner zu teilen, der schnarcht, als würde er langsam an einem Absinth-Tampon ersticken. Der suchte sich daraufhin neue Freunde. Oder besser gesagt: Freundinnen. Darunter "Society-Lady" Shawne Fielding, die sich den ersten Platz der kürzesten Sendezeit mit Jens Büchners Penis teilt.

Erst ein halbes Jahr sind Bobby und Bert zusammen, und an sich würde man ihnen alles Glück der Welt wünschen – allein schon, weil man aus ihren Vornamen so ein wunderschönes Spin-off-Format machen könnte. Vor allem die Sängerin scheint bei genauerer Betrachtung ihres aktuellen Partners aber gar nicht mehr begeistert von der Aussicht, ihren Lebensabend mit einem alternden Johnny-Depp-Cosplayer zu verbringen. Während sich Bert mit dem Großteil der Promi-Bagage auf der Terrasse betrinkt, beschwert sich Bobby bei der begeistert lauschenden Daniela Büchner – und scheint dabei ganz vergessen zu haben, dass man im Sommerhaus der Stars in seiner Zweier-Konstellation gefangen ist. Hier kämpft nicht jeder gegen jeden und schließt Allianzen, um sie später wieder aufzulösen. Hier kämpfen zwei Menschen Hand in Hand gegen den Rest. Eigentlich.

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Phase 4: Entzweiung – nach Ende der Dreharbeiten

Wenn es eine Sache gibt, die man D-Promis nicht vorwerfen kann, dann ihre Arbeitsmoral. Solange die Kameras laufen und die Gegenspielerinnen und -spieler sie noch nicht rausgewählt haben, muss die Show und somit auch die vermeintliche Liebe weitergehen. Klar, eine Trennung während des Drehs würde ordentlich Sendezeit garantieren und möglicherweise den einen oder anderen "So reagiert das Netz auf dieses Liebes-Aus!"-Artikel. Dafür wären dann aber auch die 50.000 Euro futsch. Also wird durchgehalten – und erst nach Verlassen des Hauses fluchtartig das Weite gesucht.

Noch während die letzte Sommerhaus-Staffel ausgestrahlt wurde, verkündete Helena Fürst, die unangefochtene Ätzkönigin des Trash-TV, dass ihr Partner und sie sich getrennt hätten. "Sänger" Ennesto Monté war insbesondere in der ersten Folge dadurch aufgefallen, dass er beinahe zwanghaft über Sex sprechen musste und seine Verlobte bei jeder sich bietenden Gelegenheit niedermachte.

Auch zwischen Bobby Anne Baker und Bert Wollersheim ist es aus, bevor die Sendung komplett ausgestrahlt wurde. Das Sommerhaus zeigt damit recht deutlich, was passiert, wenn die Promis plötzlich feststellen müssen, dass die neue große Liebe, die man über Facebook kennengelernt hat und seitdem alle paar Wochenenden mal sieht, doch nicht die Person fürs Leben ist. Oder zumindest nicht die Person, mit der man eine unzerstörbare Einheit bilden kann, um wahnsinnige Challenges, eklatanten Raummangel und in schmuddeligen Schlüppern frühstückende Bauern zu ertragen.

Beziehungen sind nicht planbar. Manchmal geht es gut, trotz großem Altersunterschied oder komplett unterschiedlicher Lebensentwürfe. Manchmal endet es in hysterischen Männertränen und passiv-aggressivem Aufräumen, während die vermeintlich frische Liebe nach einem Gute-Nacht-Kuss bettelt. Wer nur sein öffentlich ausgeschlachtetes Privatleben als Kapital hat, muss eben auch dafür sorgen, dass da ständig was passiert. Und sei es noch so erwartbar.

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