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Schüler einer deutschen Schule in Argentinien feiern mit Hitlerbärten und Hakenkreuzen

Im Club trafen sie dann auf jüdische Schüler. Ausgerechnet in der Stadt, wo sich jahrzehntelang hochrangige Nazis versteckt hatten.

Symbolbild | Foto: imago | Steinach

Hitler geht fast immer. Seine Helfer, seine Frauen, seine Hoden—garantierte Quotenhits—auch bei uns. Das weiß man aber genauso bei N24, wo ohne Hakenkreuze ein riesiges Contentloch klaffen würde. Andere wiederum schreiben Bücher über den Führer, beispielsweise darüber, dass er fast 70 Jahre verpennt hat und nun nach seinem Erwachen durch das moderne Deutschland schlendert.

Wo Hitler und—auch Nazis generell—nicht so gut geht, ist auf Kostümpartys. Das hat Prinz Harry schon vor Jahren gelernt. Schüler einer deutschen Schule in Argentinien fanden dennoch, es sei eine fantastische Idee, sich Hakenkreuzbinden überzustreifen, Führerbärtchen unter die Nase zu malen und in einen Club zu gehen.

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Wie die argentinische Zeitung La Nación berichtet, waren die Schüler aus Buenos Aires auf ihrer Abschlussfahrt in Bariloche—in der Stadt im Süden des Landes. Dort trafen sie in einer Großraumdisco auf Schüler einer jüdischen Schule. Letztere beschwerten sich und baten die Verkleideten, die Farbe und Hakenkreuze abzumachen. Nachdem sich die Schüler der deutschen Schule weigerten, kam es zum Streit. Dabei wurden laut den Eltern der Schüler auch die Fäuste geschwungen.

Verstörend ist nicht nur die Wahl der Verkleidung, sondern auch der Ort des Geschehens: Bariloche war nach dem Zweiten Weltkrieg Unterschlupf für viele Nazis, darunter KZ-Arzt Josef Mengele und SS-Hauptsturmführer Erich Priebke.

Der Spiegel beschrieb den Ort 1985 so:

San Carlos de Bariloche ist optisch die deutscheste Gemeinde in Argentinien. Die adretten Tirolerhäuschen vor der grandiosen Alpenkulisse der südlichen Kordilleren geben der kleinen Stadt einen Hauch von Berchtesgaden. Hier machten schon in den 20er Jahren die Deutschen aus Cordoba und Buenos Aires Ferien, wenn sie sich wie zu Hause fühlen wollten.

In den 50er und 60ern kamen zunehmend auch Deutsche, die gern unter Deutschen waren, aber Grund hatten, Deutschland zu meiden. Zwischen 1948 und 1953 ließen sich mindestens 20 000 Deutsche in Südamerika nieder, die daheim auf der Fahndungsliste standen oder die absehen konnten, daß sie draufkommen würden.

Der Bürgermeister von Bariloche spricht von einem besorgniserregenden Vorfall. Er habe mit der Leiterin der deutschen Schule gesprochen und eine Entschuldigung gefordert. "Wir dachten, diese Art von Diskriminierung sei in diesem Land längst überwunden", sagte er.

Die Direktorin der deutschen Schule bezeichnete den Vorfall als verabscheuungswürdig. Die Schüler müssten ihn wiedergutmachen und würden nach der Rückkehr nach Buenos Aires bestraft.

Cohen Sabban, Präsident der jüdischen Organisation DAIA in Argentinien, sagte: "Es ist kein Witz. Diese Symbolik reflektiert eine Ideologie, die dazu geführt hat, dass sechs Millionen Juden von den Nazis ermordet wurden. Falls diese Jungen älter als 16 sind, kann das für sie einen Monat bis drei Jahre Gefängnis bedeuten, weil das, was sie getan haben, in Argentinien eine Straftat ist."