Wir waren bei der geheimen Enthüllung der Baphomet-Statue vom Satanic Temple

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Wir waren bei der geheimen Enthüllung der Baphomet-Statue vom Satanic Temple

Vorher mussten die Anwesenden allerdings ihre Seele dem Teufel überschreiben.

Foto: Matt Anderson

Trotz Protesten, Morddrohungen und sintflutartigen Regenfällen hat die Religionsgemeinschaft Satanic Temple am Samstag in Detroit ein eineinhalb Tonnen schweres und gut zweieinhalb Meter großes Baphomet-Monument enthüllt. Die Statue wurde kurz vor Mitternacht vor Hunderten Menschen vorgestellt—im Rahmen einer geheimen Party auf einem Industriegelände außerhalb der Innenstadt.

In einer Presseerklärung war vom „kontroversesten und politisch geladensten zeitgenössischen Kunstwerk der Welt" die Rede und deswegen hielten die Mitglieder von Satanic Temple den Ort der Enthüllung auch streng geheim, um keine religiösen Demonstranten anzulocken.

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„Es war fast unmöglich, dieses Event zu veranstalten", meinte Doug Mesner, der Pressesprecher von Satanic Temple, gegenüber VICE. Das größte Problem war dabei anscheinend, einen Veranstaltungsort zu finden, der nichts gegen die Zeremonie hatte.

Foto: Matt Anderson

Der eigentliche Austragungsort, das Jazz- und Blues-Lokal Bert's Warehouse, sprang nach Gewaltandrohungen und einem negativen Echo der Gemeinde wieder ab—die Betreiber redeten sich später raus, indem sie behaupteten, nicht gewusst zu haben, dass es bei der ganzen Sache um „Teufelsanbetung" gehe. Ingesamt sagten sieben Veranstaltungsorte erst zu, bekamen dann aber doch kalte Füße. Die letzte Location sagte sogar erst drei Tage vor dem Enthüllungstermin alles wieder ab. Der endgültige Austragungsort war dann aber nur wenige Stunden später sicher dabei.

Aufgrund einer Vielzahl an Drohnachrichten entwarfen die Veranstalter einen aufwändigen Plan, der auch mehrere Sicherheits-Checkpoints beinhaltete. Wenige Stunden vor der Veranstaltung wurde den Ticketkäufern eine Adresse zugeschickt, wo sich nicht nur der erste Checkpoint, sondern auch ein vorgetäuschter Veranstaltungsort befand. Dort wurden die Anwesenden auf verbotene Gegenstände durchsucht und anschließend offenbarte man ihnen eine zweite Adresse, wo ein Mitarbeiter wartete und nach dem Aufsagen des korrekten Passworts den Weg zum geheimen Veranstaltungsort wies.

„Wir dachten einfach, dass der Verkauf der Seele die radikaleren Gläubigen fernhalten würde, die die Veranstaltung sabotieren wollten."

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Die Ticketkäufer mussten außerdem noch ihre Seele dem Teufel überschreiben, um letztendlich auch rein zu dürfen. „Wir dachten einfach, dass der Verkauf der Seele die radikaleren Gläubigen fernhalten würde, die die Veranstaltung sabotieren wollten", meinte Mesner.

Trotz der vielen Drohnachrichten im Internet verhielten sich die christlichen Demonstranten, die beim vorgetäuschten Veranstaltungsort auftauchten, doch relativ vernünftig. Ein Pickup-Truck umkreiste den Block und stellte dabei eine schwertschwingende Engelsstatue auf seinem Anhänger zur Schau. Eine Frau besprenkelte die in der Schlange wartenden Menschen mit Weihwasser. Mehrere Busse kamen vorbei, um Leute abzuladen, die dann vor dem Gebäude christliche Lieder anstimmten. Eine Frau versuchte allerdings auch, den Eingang mit einem großen Schild zu versperren—Polizisten geleiteten sie schließlich vom Grundstück.

Foto: Matt Anderson

Im finalen Veranstaltungsort—einem von Detroits vielen trostlosen, postindustriellen Gebäuden ohne Klimaanlage— sorgten die heftigen Regenfälle schließlich dafür, dass Wasser aus einem Abfluss inmitten des Raumes hochstieg. Die Veranstalter brachten das Ganze allerdings schnell unter Kontrolle. Eigentlich war der Regen für den Satanic Temple sogar vorteilhaft, weil er die Temperaturen im Gebäude auf einem normalen Level hielt und wahrscheinlich auch weitere Demonstranten davon abbrachte, die Veranstaltung zu stören.

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Die Enthüllung der Statue fand dann im Zuge einer Predigt von Satanic-Temple-Mitbegründer Malcolm Jarry und Mesner statt, die zwischen mehreren Seiten einer Bibel versteckt war. Dabei befanden sich zwei Männer an ihrer Seite, die jeweils eine Kerze in der Hand hielten. Als die beiden Männer die Statue freilegten (und rummachten), riss Mesner die Seiten aus der Bibel und warf sie ins Publikum. Später konnten VIP-Ticketkäufer ein Foto auf Baphomets Schoß machen, während die anderen Anwesenden Mesner darum baten, die Bibelseiten für sie zu unterschreiben.

Foto: Matt Anderson

Die Spannungen zwischen dem Satanic Temple und der christlichen Gemeinde Detroits eskalieren nun schon seit Juni, als die Organisation ankündigte, die Statue in der Stadt enthüllen zu wollen, immer wieder. Mesner meinte, dass er Pfarrer Davon Bullock, den Organisator der Demonstrationen, mehrfach dazu aufgefordert hatte, die Gewaltandrohungen öffentlich zu verurteilen. Stattdessen postete Bullock jedoch ein Video auf seiner Facebook-Seite, in dem auch ein Schuss zu hören und Blutspritzer zu sehen sind. Damit wurden alle örtlichen Christen dazu aufgefordert, sich bei Bert's Warehouse zu treffen und zu demonstrieren.

„Es ist kaum zu glauben, wie kontrovers und aufreibend diese Statue ist", sagte Mesner. „Die Demonstranten weinten, weil sie dachten, dass jetzt das große Unheil über die Welt hereinbricht. Aber auch einige der Anwesenden hatten bei der Enthüllung Tränen in den Augen, weil für sie endlich ihr lang gehegter Traum in Erfüllung ging, für den sie schon so lange gekämpft hatten. Dieser Kontrast war doch ziemlich witzig."

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Inzwischen befindet sich die Statue auf dem Weg zu einem geheimen Lagerort, wo der nächste Schritt wartet. Eigentlich war geplant, die Baphomet-Abbildung neben dem „Ten Commandments"-Monument beim Regierungsgebäude Oklahomas zu platzieren. Allerdings hat der oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates dieses „Ten Commandments"-Monument vor Kurzem als verfassungswidrig eingestuft—Mesner geht davon aus, dass diese Entscheidung vom geplanten Vorgehen des Satanic Temples beeinflusst wurde. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen: Der Justizminister Oklahomas hat bereits Berufung eingelegt und laut der Gouverneurin Marry Fallin wollen die Gesetzgeber die Verfassung des Bundesstaates ändern.

Foto: Chris Switzer

Letztes Jahr beschrieb Mesner Baphomet als „halb Mensch, halb Tier, zeigt nach oben, zeigt nach unten, Beine überkreuz, Pentagram auf dem Kopf, umgedrehtes Pentagram hinterm Kopf und einen Hermesstab im Schoß als Zeichen der Balance und Versöhnung." Die Mitglieder des Satanic Temples sagen auch, dass ihr Satan eine Metapher und keine Gottheit ist. Auf ihrer Webseite heißt es: „Wann man den Namen Satans akzeptiert, dann akzeptiert man auch eine rationale Denkweise, fernab von Supernaturalismus und altertümlichem, auf Traditionen basierendem Aberglauben."

„Die ganze Idee hinter der Versöhnung gegensätzlicher Seiten besagt, dass diese Seiten keinen Krieg gegeneinander führen und in einer Art Verständnis füreinander nebeneinander existieren können", sagte Mesner. „Das wollen wir damit ausdrücken, wenn wir die Baphoment-Statue neben dem ‚Ten Commandments'-Monument platzieren. Ich finde, diese Botschaft ist es wert, erhört zu werden."

Mehr Informationen zur Organisation Satanic Temple findest du hier.