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Selbst heute, wenn ich mit Leuten in meinem Alter darüber spreche, reagieren sie immer auf dieselbe Art: „Warum zum Teufel tust du denn sowas?", fragen sie. Sie nehmen an, ich sei so eine Art Sozialarbeiter, aber so sehe ich das Ganze eben nicht. Meine persönliche Freiheit ist durch meine Wohnsituation kein bisschen eingeschränkt. Ich sehe sie hauptsächlich abends, ich musste noch nie Einkäufe tragen und ich habe auch noch nie ihre Dritten auf dem Waschbeckenrand gefunden. Am Wochenende geht sie mehr aus als ich. Und anders als einige meiner früheren Mitbewohner, klaut sie mir auch kein Essen oder lässt ihre getragenen Socken rumliegen.Sie sieht mich, glaube ich, als einen höflichen jungen Mann, der ihr langsam ans Herz wächst. Sie hat fünf Enkelkinder, aber sie sagt, sie sei keine gute Großmutter. „Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, Mutter zu sein. Jetzt auch noch einen auf Großmutter zu machen, ist mir zu viel", sagte sie mir einmal. „Natürlich liebe ich meine Enkelkinder und wir sehen uns ziemlich oft, aber ich bin nicht die Art Oma, die ständig anruft. Ich will mich jetzt auf mich selbst konzentrieren", fuhr sie fort.Wenn wir uns unterhalten, versucht sie mir nicht beizubringen, wie ich zu leben habe—auch wenn sie mir schon einmal zeigen wollte, wie man eine gute Suppe macht. Sie hat kein Problem damit, alt zu sein, und sie redet selten über die Vergangenheit. Sie sagt, sie will sich lieber auf die Zukunft konzentrieren und auf die Orte, an die sie noch reisen will. Und im Gegensatz zu mir hat sie auch keine Angst vor dem Sterben. „Wovor soll ich denn Angst haben? Das Leben passiert einfach und du kannst dir sicher sein, dass Angst es nicht aufhalten kann", sagt sie mir regelmäßig. Das von einer Frau zu hören, die jeden zweiten Tag das WLAN ausschaltet, weil „der Router ist zu heiß, das könnte einen Brand verursachen"—das hat einfach was.MUNCHIES: Alte indische Frauen sind die besten Köche der Welt