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The Tp For Your Bunghole Issue

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Die Occupy-Wall-Street-Proteste fingen im September, vage vom arabischen Frühling inspiriert, an und hatten einen, oberflächlich betrachtet, ziemlich dummen und

Die Occupy-Wall-Street-Proteste fingen im September, vage vom arabischen Frühling inspiriert, an und hatten einen, oberflächlich betrachtet, ziemlich dummen und oberflächlichen Ansatz: Lasst uns alle in einem Park im New Yorker Finanzdistrikt abhängen und sehen, ob wir so den Kapitalismus zu Fall bringen können. Die Idee aber setzte sich durch und es gibt mittlerweile Occupy-Proteste in Städten weltweit, sogar in Deutschland. Harry Cheadle hat ein bisschen Zeit am Geburtsort der Occupy-Bewegung verbracht, und hat die Demonstranten gefragt, was sie eigentlich mit der ganzen Sache bezwecken. In den ersten paar Wochen der Occupy-Wall-Street-Proteste hängten Nachrichtensprecher und andere wichtige Leute sich daran auf, wie unklar die Ziele der Protestierenden seien und dass es der Bewegung an „spezifischen Forderungen“ mangele. Diese Kritik ist im Wesentlichen noch immer zutreffend. Offenkundig wollen sie, dass es den Armen besser geht und das Finanzsystem strenger reguliert wird. Wie genau das funktionieren soll, ist allerdings heute so unklar wie zu Beginn der Proteste. Im Zucotti-Park, einer privaten Grünfläche, die zur Basis der Bewegung wurde, überzeugte ich mich davon, dass im Grunde nur ein konkretes Anliegen unter den Protestierenden konsensfähig ist, nämlich im Park auszuharren. Am 12. Oktober kündigte der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg an, den Park durch das NYPD räumen zu lassen, um das Areal säubern zu können. Die Aktivisten machten sich in der darauf folgenden Nacht daran, den Abfall zusammenzufegen und die Bodenplatten zu schrubben, in Freudengeschrei ausbrechend, wann immer das Nieselwetter sich in einen Platzregen verwandelte. Diese Säuberungsaktion mag nicht sonderlich effektiv gewesen sein und Bloomberg ging es offensichtlich weniger um Sauberkeit, als um einen Vorwand für die Räumung des Platzes, aber versuch’ mal, solche zynischen Argumente gegenüber einem Typen vorzubringen, der mit einem Schild um den Hals auf allen vieren herumrutscht und Farbe vom Boden kratzt. Ann Coulter, die sich weiterhin von irgendwem dafür bezahlen lässt, bestimmte Sachen zu sagen oder zu schreiben, nannte die Occupy-Wall-Street-Bewegung einen „Mob“ und zog Vergleiche zu epochalen Ereignissen wie der Französischen Revolution und der Oktoberrevolution, eine der stupidesten Äußerungen, die überhaupt über diese Zerreißprobe gemacht wurden. Verglichen mit den blutigen Protesten im Nahen Osten wirkt die Besetzung in New York wie ein Mitternachtsfrühstück im Aufenthaltsraum eines Studentenwohnheims. Während die Bewegung ihre Message via Internet weltweit verbreitete, mutierte die Real-Life-Version von Occupy Wall Street zu einer organisierten, politisch gesonnenen Zeltstadt mit eigener Küche, Sicherheitsdienst und gelegentlichen Konzerten (Jeff Mangum, Talib Kweli und andere traten spontan vor den Menschenmengen auf). Und wenn auch die Besetzung des Zucotti-Parks erst noch zeigen muss, ob sie die Regulierung des Bankensystems beeinflussen kann, so bietet sie doch jetzt bereits die Möglichkeit, in angenehmer Atmosphäre herumzuhängen. Ich traf Leute, die kaum in der Lage sind, auch nur eine tatsächlich politische Äußerung zu tun, aber darin aufgehen, im Park zu übernachten. „Du wachst sauzufrieden auf, weil alle anderen um dich herum auch sauzufrieden sind“, sagte einer von ihnen. Und er sah tatsächlich glücklich aus. Wenn es dich glücklich macht Schilder zu schwingen, T-Shirts mit linken Slogans zu tragen und dich in schmutzige Abdeckplanen zu hüllen, spielt es dann wirklich noch eine Rolle, ob du die Welt damit veränderst? Warten wir ab, was passiert, wenn der erste Schnee fällt.


OCCUPY-WALL-STREET-SLANG: GENERALVERSAMMLUNG
So heißt die tägliche Zusammenkunft der Besetzer, auf der die Gruppe über wichtige Fragen diskutiert und abstimmt, wie etwa „Wir wollen hier bleiben, oder?“ und „Bitte nicht auf den Boden kacken.“ Sie dauert gewöhnlich mehrere Stunden. KOMITEES
Wie alle Linken lieben es die Aktivisten, „Arbeitsgruppen“ ins Leben zu rufen und Komitees für Belange wie „sanitäre Anlagen“ (ein sehr großes Komitee), „direkte Aktion“, „Medien“ oder „Sicherheit“ zu bilden. Hier sind die engagierteren und kompetenteren Leute aktiv, nicht die Hänger, die sich üblicherweise die Kante geben und ein Zeug herumjohlen wie „Weg mit dem System!“. DIE 99 PROZENT
Arme und die Mittelschicht, vor allem die Protestierenden und eigentlich fast jeder, den du kennst, außer Millionäre. DIE 1 PROZENT
Die Reichen—die miesen Typen. Du kannst aber auch zu den 1 Prozent gehören und kein mieser Typ sein, vorausgesetzt du lässt dich bei den Protesten blicken. So taten es Alec Baldwin und Russell Simmons. Selbst Kommunisten mögen Prominente. VOLKSMIKROFON
Die Protestierenden dürfen keine Mikrofone benutzen und haben daher ein System eingeführt, nach dem die Gruppe von Reihe zu Reihe wiederholt, was ein Vorredner sagt, sodass es jeder hören kann. Gelegentlich beeindruckend, wenn es großräumig funktioniert, leider oft einem Poetry-Slam ähnlich. EINKESSELN
Eine Polizeitaktik, die darauf zielt, Demonstranten auf engem Raum zusammenzudrängen, oft unter Einsatz von orangefarbenen Netzen, um die Leute einfacher festnehmen zu können. DIE 53 PROZENT
Eine rechte Tumblr-Bloggerkampagne als Antwort auf die Proteste, getragen von Leuten, die sagen: „Ich bin genauso arm und beschissen dran wie ihr faulen Hippies, aber ich beschwere mich nicht.“ #OCCUPYWALLSTREET, #OWS, ETC.
Ein Haufen von Tags, die Leute, von denen viele noch nie wirklich an Protesten teilgenommen haben, im Internet nutzen, um so zu tun, als wären sie dabei. KONZERNGESTEUERTE MEDIEN
Leute, die negative oder halbherzige Sachen über die Proteste schreiben.