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Was hat der Linzer Vize-Bürgermeister mit dem rechten "Kongress der Verteidiger Europas" zu tun?

Neben seiner Funktion als Linzer FPÖ-Chef ist Detlef Wimmer auch ein aktives Mitglied in der schlagenden Burschenschaft Arminia Czernowitz, die den Kongress organisiert.

2012 zitierte das Nachrichtenmagazin News aus Papieren des österreichischen Abwehramts (einem Geheimdienst des Bundesheers) und sorgte damit für einiges an Aufsehen. Nicht weil damit ein Abhörskandal aufgedeckt wurde. Auch nicht, weil damit Dokumente, die die nationale Sicherheit betreffen, veröffentlicht wurden. Sondern wegen Detlef Wimmer. Und genauer gesagt deshalb, weil der Linzer FPÖ-Chef und damalige Sicherheitsstadtrat in diesen Papieren als "Gefahr für die militärische Sicherheit" bezeichnet wurde.

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Detlef Wimmer galt damals als aufstrebender FPÖ-Politiker. Gleichzeitig bezeichnete ihn Profil bereits 2009 als "Star" der extrem rechten Szene. Seine Bekanntschaft mit (ehemaligen) Aktivisten rechtsextremer Organisationen war es auch, die das Abwehramt dazu veranlasste, Wimmer bereits 2007 im Rahmen von Ermittlungen im Bereich des Rechtsextremismus zwei Mal einzuvernehmen.

Wie News aus den Akten des Abwehramtes zitiert, soll Wimmer bei den Befragungen Aussagen getätigt haben, die "nachweislich nicht den Tatsachen entsprachen". Konkret ging es dabei um Kontakte zu "verfassungsfeindlichen beziehungsweise bedenklichen Organisationen", die dem damaligen Soldaten nachgewiesen werden konnten.

Während diese Erkenntnisse des Abwehramtes Detlef Wimmer eine Karriere beim Bundesheer verhinderten, schadeten sie seiner politischen Karriere nicht. Heute ist Detlef Wimmer nämlich nicht nur Parteichef der Linzer FPÖ, sondern auch Vizebürgermeister der oberösterreichischen Landeshauptstadt.

Die Veröffentlichungen von News waren aber nicht der erste und auch nicht der letzte Eklat des Politikers. 2009 sorgte Detlef Wimmer bei einer Sitzung des Linzer Stadtparlaments für heftige Diskussionen zum Thema Homo-Ehe (das Protokoll liegt VICE vor). Der Politiker befürchtete, dass es mit der Einführung der Homo-Ehe eine "Bresche in die Migrationsabwehr Maria Fekters" gäbe. Er zitierte den ehemaligen Chefredakteur der Presse und rechtskonservativen Blogger Andreas Unterberger mit den Worten:

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"Eine besonders drastische und bisher völlig verschwiegene Folge [der Homo-Ehe] werden künftige Partnerschaften mit wirklich oder vorgeblich Schwulen aus Emigrationsländern sein. Damit wird ein neuer breiter Weg zu Staatsbürgerschaft eröffnet. Selbstverständlich werden die schwulen Partner aus dem Ausland aber auch noch ein weiteres Recht haben, nämlich jenes auf Familienzusammenführung."

2015 stieß vor allem die Verleihung des "Ehrenzeichens für Verdienste um die oberösterreichische Jugend" an Wimmer auf Unverständnis—neben dem Einsatz eines privaten Militärfahrzeugs von Wimmer, das im Rahmen des FPÖ-Wahlkampfs verwendet wurde.

Begründet wurde die Ehrung mit Wimmers Arbeit als Obmann des Ring freiheitlicher Jugend Oberösterreich. Allerdings war es genau die Zeit beim RFJ, bei der Wimmer laut Abwehramt auch Kontakt zu Personen von "verfassungsfeindlichen Organisationen" gehabt haben soll.

Heute mag der Linzer Vizebürgermeister zwar keine direkten Kontakte zu verfassungsfeindlich eingestuften Organisationen mehr haben. Seine Mitgliedschaft bei der vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem und deutsch-völkisch bezeichneten Burschenschaft Arminia Czernowitz zeigt aber, dass sich Wimmer immer noch in rechten Gruppen engagiert.

Im April 2010 zum Beispiel veranstaltete die Arminia Czernowitz einen Vortragsabend mit Richard Melisch, einem rechtsextremen, laut dem DÖW auf "antisemitische Verschwörungstheorien spezialisierten" Publizisten. Thema des Abends war die "Kriegserklärung der Globalisierung an alle Völker der Welt". Beworben wurde der Vortrag mit dem Sujet, das stark an ein Propagandaplakat der NSDAP von 1931 erinnert.

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Flyer der Arminia Czernowitz. Bild: stopptdierechten.at

Dass die Arminia Czernowitz nicht nur eine harmlose Studentenverbindung ist, die "für Abwechslung im grauen Studienalltag" sorgt und in deren Haus ein leistbares Studentenheim angesiedelt ist, zeigt zum Beispiel auch, dass die Burschenschaft Hauptorganisatorin für das rechtsextreme "Europäische Forum" in Linz ist.

So fungiert die Burschenschaft, bei der Detlef Wimmer Mitglied ist, als Mieterin für die Linzer Redoutensäle, in denen das Meet-and-Greet der rechtsextremen Szene Österreichs und Deutschlands am 29. Oktober über die Bühne geht. "Für die Vermietung der Räume hat ausschließlich die akademische Burschenschaft Arminia-Czernowitz angesucht", bestätigt Andreas Hörtenhuber, Pressereferent von Landehauptmann Pühringer.

Als Kontaktperson ist laut Hörtenhuber Ulrich Püschel aufgetreten. Püschel ist selbst Mitglieder der Arminia und in der FPÖ aktiv. Auf Mails an die offizielle Adresse des Kongresses antwortet außerdem eine gewisse Hermine Püschel. Sie kandidierte zuletzt 2015 bei den Gemeinderatswahlen für die FPÖ.

Die beiden Herren im Vordergrund: Vizebürgermeister Detlef Wimmer (links) und Stadtrat Markus Hein (rechts). Neben Detlef Wimmer: Hermine Püschel. Bild: Screenshot via Facebook

Auf unsere Anfrage bestätigt Detlef Wimmer, dass nicht nur seine Verbindungsbrüder und Parteikolleginnen, sondern auch er selbst am rechten Kongress teilnehmen werden.

Die Burschenschaft lässt sich das rechte Event jedenfalls einiges kosten. Etwa 2500 Euro kostet die Anmietung von Redoutensaal und Spiegelsaal—ohne Technik und Verpflegung. Angemietet wurden die beiden Säle allerdings nur für den 29. Oktober. Wo der Begrüßungsabend am Vorabend stattfinden wird, für den zum Beispiel FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl angekündigt ist, ist nicht bekannt. Auch nicht, was mit den etwa 11.000 Euro Gewinn aus dem Kartenverkauf passieren wird.

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"Ich bin nicht in der Identitären Bewegung aktiv und kann darüber deshalb keine näheren Informationen geben."

Der Linzer Vizebürgermeister hat sich laut Profil bereits selbst als Organisator für zumindest ein rechtsextremes Treffen in den Linzer Prachträumen hervorgetan. So soll Wimmer am 25. April 2015 die Linzer Redoutensäle angemietet und die Präsentation der zweiten Ausgabe des rechtsextremen, pro-russischen Magazins Info-DIREKT ermöglicht haben. Gegenüber VICE bestreitet Wimmer die Vorwürfe und beschreibt sich selbst nur als Leser von Info-DIREKT.

Eine weitere Verbindung der Arminia Czernowitz zum Rechtsextremismus wurde Ende September deutlich. Am 25. September 2016 kündigte die selbsternannte Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ) via Facebook die Eröffnung eines patriotischen Zentrums in Linz an. Das sogenannte "Khevenhüller Zentrum" soll in Zukunft als "Ausgangspunkt für die Reconquista in Oberösterreich" dienen. Die Adresse des Kellerlokals ist dabei identisch mit jener der Arminia Czernowitz.

Nachdem Fotos aufgetaucht waren, die die Identitären zeigen, wie sie mutmaßlich in den Räumlichkeiten der Burschenschaft ein Transparent malen, gab es bereits 2013 Spekulationen darüber, dass weite Teile der Arminia Czernowitz-Burschenschafter auch bei den sogenannten Identitären aktiv sind. Wimmer selbst hat mit den selbsternannten Identitären laut eigenen Angaben bis heute nichts zu tun. "Ich bin nicht in der Identitären Bewegung aktiv und kann darüber deshalb keine näheren Informationen geben", sagt der Vizebürgermeister gegenüber VICE.

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Dass das von der Burschenschaft des Linzer Vizebürgermeisters organisierte Treffen österreichischer und deutscher Rechtsextremer nicht nur stattfindet, sondern noch dazu in Räumlichkeiten des Landes abgehalten wird, scheint unausweichlich.

Und das, obwohl es zuletzt einen offenen Brief an Landeshauptmann Pühringer gab, der von knapp 70 Personen unterzeichnet wurde—darunter Politiker unterschiedlicher Parteien, Künstler, Wissenschaftler und KZ-Überlebende. In dem Brief ist vom "dringenden Appell, für die einseitige Auflösung des Mietvertrages zu sorgen" die Rede.

Außerdem protestieren italienische Opferbände gegen das Treffen. Sogar der italienische Botschafter und der luxemburger Konsul sollen sich an Pühringer gewandt haben.

Trotz der möglichen Teilnahme von Personen aus dem rechtsextremistischen Lager gibt es keine Gründe für die Aufkündigung des Mietvertrages.

Gegenüber VICE schließt der Pressereferent von Landeshauptmann Pühringer eine Aufkündigung des Mietvertrages erneut aus. Es gäbe "trotz der möglichen Teilnahme von Personen aus dem rechtsextremistischen Lager" derzeit keine Gründe "für die Aufkündigung des bestehenden Mietvertrages", heißt es dazu in einer Stellungnahme mit Verweis auf die Einschätzung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).

Sowohl beim BVT als auch im Pressebüro des Landeshauptmanns verweist man stattdessen auf die möglichen Gefahren, die von Protesten gegen das rechtsextreme Treffen ausgehen könnten. "Insbesondere die autonome Szene könnte Gegenveranstaltungen nützen, um dezentralen Aktionismus gegen Veranstaltungsteilnehmer oder auch gegen die Exekutive umzusetzen", heißt es dazu in einer Stellungnahme des Verfassungsschutzes, die VICE vorliegt.

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich werde als zuständige Sicherheitsbehörde jedenfalls "die nötigen Vorkehrungen für die geordnete Durch­führung der Veranstaltung treffen", heißt es aus dem Büro des Landeshauptmanns. Pühringer scheint also entschlossen, den "Kongress der Verteidiger Europas" in Linz stattfinden zu lassen.

Paul auf Twitter: @gewitterland