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Alles, was wir über das Neonazi-Netzwerk "Revolution Chemnitz" wissen

Die rechtsterroristische Vereinigung soll einen Angriff am Tag der Deutschen Einheit geplant haben.
Foto: imago | Uwe Meinhold

Sie waren schon dabei, sich Schusswaffen zu besorgen: Am Montag nahm die Polizei in Sachsen und Bayern mutmaßliche Rechtsterroristen fest. Unter dem Namen "Revolution Chemnitz" sollen sie Anschläge in Deutschland geplant haben.

Alles, was wir bislang über die Gruppe wissen:

Wer zur Gruppe "Revolution Chemnitz" gehört

Am Montag nahm die Polizei in Bayern und Sachsen sieben 20- bis 30-jährige Männer fest und durchsuchte mehrere Objekte. Bis auf einen Verdächtigen sollen alle der rechtsterroristischen Vereinigung "Revolution Chemnitz" angehören. Außerdem hatte die Polizei bereits am 14. September den 31-jährigen Christian K. wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen. Er gilt als Anführer der Gruppe und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. "Die Beschuldigten gehören der Hooliganszene, der Neonaziszene und der Skinheadszene im Raum Sachsen an", sagte eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft am Montag. Die Männer seien in der Szene in Sachsen "fest verwurzelt" und sähen sich darin als führende Personen.


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Laut dem antifaschistischen Recherchenetzwerk Exif sollen fünf der Männer zuletzt an Aufmärschen von "Pro Chemnitz", AfD und Pegida in Chemnitz teilgenommen haben. Ein von Exif veröffentlichtes Foto soll drei mutmaßliche Mitglieder von "Revolution Chemnitz" im Umfeld einer AfD-Demonstration am 1. September 2018 in Chemnitz zeigen.

Einer der Verhafteten, Tom W., war bereits 2008 als Rädelsführer der rechten Kameradschaft "Sturm 34" wegen schwerer Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Gruppe aus Mittweida hatte sich nach einer SA-Einheit benannt und 2006 mehrere Angriffe auf Migranten, Linke und Andersdenkende verübt. Das Gericht erkannte bei dem damals 20-jährigen Tom W. "erhebliche Reifedefizite".

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil später auf und verwies es ans Landgericht zurück. Es sollte erneut der Frage nachgehen, ob es sich bei dem bereits 2007 verbotenen "Sturm 34" um eine kriminelle Vereinigung handelte. 2012 verurteilte das Landgericht Dresden W. schließlich unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu zwei Jahren Bewährung. Die Jugendgerichtshilfe hatte damals laut Freie Presse bei W. keine "schädlichen Neigungen" mehr gesehen. Womöglich lag sie falsch.

Was die Gruppe geplant haben soll

Das erklärte Ziel der Gruppe soll gelautet haben, "gewalttätige Angriffe und bewaffnete Anschläge nicht nur auf Ausländer, sondern insbesondere auch auf politisch Andersdenkende zu verüben", teilte die Bundesanwaltschaft mit. Diese Informationen stammen aus abgefangenen Chatverläufen und Telefonaten. Laut Spiegel sollen die Männer in der Telegram-Chatgruppe "Planung zur Revolution" gemahnt haben, für ihre Ziele "nur gewaltbereite Leute" anzuwerben.

Bei ihren gewaltsamen Angriffen sollen es die Männer auch auf Vertreter politischer Parteien abgesehen haben. Ihr Ziel: den demokratischen Rechtsstaat bekämpfen. Außerdem belege der Chatverlauf, dass die Beschuldigten sich "darum bemüht haben, sich halbautomatische Schusswaffen zu besorgen", teilte die Bundesanwaltschaft mit. Die nächste Aktion hätten die Männer für den 3. Oktober geplant, den Tag der Deutschen Einheit.

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Ab wann das sächsische Innenministerium Bescheid wusste

Durch die Festnahme wurden diese Pläne zerschlagen, doch offenbar wäre es nicht der erste Angriff der Gruppe gewesen. Laut Generalbundesanwaltschaft sollen sich die Beschuldigten "spätestens am 11. September" zusammengeschlossen haben. Am 14. September sollen sie mit einer Gruppe von Neonazis auf der Chemnitzer Schlossteichinsel mit Quarzhandschuhen, Glasflaschen und Tasern mehrere Migranten angegriffen haben. Eines der Opfer wurde dabei am Hinterkopf verletzt. Fünf der jetzt Beschuldigten sollen sich an diesem Angriff beteiligt haben, er sei laut den Ermittlerinnen und Ermittlern ein "Probelauf" für den 3. Oktober gewesen.

Nach Informationen des Stern soll das sächsische Innenministerium jedoch schon viel früher von einer gleichnamigen Gruppe gewusst haben. Laut einem Schreiben vom 20. März 2014 war das Ministerium schon damals über eine Facebook-Seite namens "Revolution-Chemnitz-ANW" informiert. Damit warben die damals noch nicht identifizierten Betreiber auch für Aktionen der Nationalen Sozialisten Chemnitz (NSC). "Als Ziel fordern sie den Nationalen Sozialismus." Mindestens ein Mitglied der inzwischen verbotenen Neonazi-Gruppierung NSC engagierte sich auch im "Sturm 34".

Laut Informationen der Süddeutschen Zeitung wollte "Revolution Chemnitz" noch schwereren Schaden anrichten als der NSU. Unterstützt von einem rechtsextremen Netzwerk hatten die drei Mitglieder des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds zehn Menschen ermordet.

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