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Politik

Sagt Hallo zur FLÖ, der rechten Alternative zur FPÖ, auf die niemand gewartet hat

Aber hey, immerhin könnte die Partei den Freiheitlichen ein paar Stimmen abknöpfen, bevor sie wieder in der Versenkung verschwindet.

Wenn man sich den aktuellen österreichischen Polit-Diskurs so ansieht, entstehen notgedrungen ein paar Fragen. Da gibt es die einen, die auf den Rechtsruck von Kurz und Co. vor allem mit englischen Drei-Buchstaben-Abkürzungen reagieren (WTF, FML etc.).

Und es gibt anscheinend auch noch andere, die auf die tagespolitische Lage – mit ihren regelmäßigen Debatten um neue Grenzkontrollen und -zäune, den Flüchtlings-Obergrenzen, den Fällen von offenem Antisemitismus und Diskussionen um Bürgermeister, die sich weigern, sich vom Nationalsozialismus zu distanzieren – reagieren, indem sie sich die Frage stellen: Hey, warum gibt es in Österreich eigentlich keine Partei, die sich noch einen Tick weiter rechts positioniert, als alles andere, das wir im Angebot haben?

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Die Frage habt ihr euch noch nie gestellt? Ich ehrlich gesagt auch nicht. Aber wir schreiben das Jahr 2017, die Wege der österreichischen Politik sind teilweise unergründlich geworden – und auch, wenn ihr es womöglich gar nicht mitbekommen habt, gibt es diese Alternative zur FPÖ schon.

In der Vergangenheit fiel Schnell unter anderem auf, weil er den Nazibegriff der "Umvolkung" wieder aufleben ließ.

Sie heißt "Freie Liste Österreich", kurz FLÖ, wurde von Karl Schnell ins Leben gerufen und ja, sie wird bei der kommenden Nationalratswahl tatsächlich auf Bundesebene antreten. Wenn man Schnell fragt, dann ist seine neue Partei die einzige, die die guten alten Interessen der blauen Stammwählerschaft noch wirklich wahrt, während sich Heinz-Christian Strache schon längst an die Großparteien anbiedert.

Karl Schnell, das ist der 63-jährige Arzt, der über Jahrzehnte bei den Salzburger Freiheitlichen das Sagen hatte, bis er 2015 sogar der FPÖ zu intrigant und unberechenbar wurde und Parteiobmann Strache ihn samt eines guten Teils der Salzburger-Führungsriege aus der Partei kickte. Was sich in den Monaten davor abgespielt hatte, kann man eigentlich nur als innerparteilichen Beef bezeichnen – wobei die Wiener Bundes-FPÖ in diesem Fall wohl die East Coast darstellt und die Landesparteiführung Salzburg die West Coast.

Darüber, wie der endgültige Rausschmiss von Schnell und Co. dann genau abgelaufen ist – Strache war ja persönlich nach Salzburg gefahren, um das Ganze zu erledigen –, ranken sich seither einige Mythen.

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Aber um es auf gut Österreichisch zu sagen: Es muss ziemlich schirch zugegangen sein. Strache wirkte jedenfalls selten so glaubwürdig wütend wie bei der folgenden Pressekonferenz und unterstellte Schnell (und wir zitieren hier direkt) "hinterfotziges Verhalten". Schnell erklärte im Gegenzug öffentlich, dass Strache sich in einem Machtrausch befinde und statt Generalsekretär Kickl eher einen Psychologen benötige. Es war unschön (wenn auch ein wenig belustigend).

Danach dauerte es nicht lange, bis Schnell mit der "Freiheitlichen Partei Salzburgs" seine eigene Partei gründete. Jetzt, zwei Jahre später, will er mit dieser Partei unter dem Namen FLÖ ins Parlament. Und obwohl es Schnells Liste offensichtlich an Ressourcen fehlt, um eine ernsthaftere Rolle zu spielen (Zitat Schnell: "Wir haben wenig Zeit und kein Geld"), hat er es bis dato geschafft, immerhin fünf amtierende Nationalratsabgeordnete hinter sich zu bringen. Mittlerweile ist mit Barbara Rosenkranz auch eine vormalige Bundespräsidentschaftskandidatin mit an Bord.

Ihr erinnert euch an Barbara Rosenkranz: Die niederösterreichische Hardlinerin mit der Abneigung gegenüber dem Verbotsgesetzes, die man laut dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offiziell als Kellernazi bezeichnen darf, dem rechtsextremen Publizisten-Ehemann und der Armada an Kindern, deren Namen klingen, als hätten man den Ring der Nibelungen im Alleingang neu zu inszenieren versucht. Nach fast drei Jahrzehnten hat sie der FPÖ den Rücken gekehrt, um als niederösterreichische Spitzenkandidatin für Schnells Partei zu kandidieren.

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Herbert Kickl vermutet, dass "gekränkte Eitelkeit, gepaart mit verletztem Stolz" der Grund für ihren Parteiwechsel sei – die Freiheitlichen hatten bei der kommenden Wahl keinen Listenplatz mehr für sie vorgesehen. Rosenkranz selbst sieht das natürlich ganz anders: Ihr scheint die Gangart der Freiheitlichen mittlerweile zu weichgespült.

"Eine Politik der Showeffekte reicht nicht aus", kommentierte sie die Politik ihrer Ex-Partei unmittelbar nach dem Wechsel. Unter anderem will Rosenkranz bei der neuen Partei übrigens eine Annäherung Österreichs an Orbáns Ungarn und die anderen Visegrád-Staaten forcieren.

"Wir sind sehr heimatverbunden, die FPÖ ist das nicht mehr!" – Karl Schnell (nein, keine Satire)

Die aktuelle Parteilinie der FPÖ scheint in den Augen von Schnell und seiner Gefolgschaft überhaupt verweichlichtes Larifari zu sein. Dem wilden Nationalratsabgeordneten Rupert Doppler, der auch bei der FLÖ an Bord ist, ist die freiheitliche Partei etwa nicht mehr patriotisch genug. Und nein, das ist keine Satire. "Wir sind sehr heimatverbunden, die FPÖ ist das nicht mehr!", erklärte er gerade erst bei einer Parteiveranstaltung.

Heinz-Christian Strache (oder wie Schnell ihn nennt: "Ibiza-Buppo"), ist in den Augen der neuen Partei ohnehin nur ein "Sprengmeister", bei dem man sich nicht mal mehr sicher sein kann, wie EU-skeptisch er wirklich ist.

Nicht so bei Schnell: Bei ihm weiß man in solchen Fragen noch, woran man ist. "Da gibt's Politiker in Brüssel, die den Kopf offensichtlich nur zwischen den Schultern haben, damit's beim schlechten Wetter nicht in den Hals regnet," meinte er letztens in einer Rede.

An grenzwertig harter Rhetorik mangelt es ihm jedenfalls nicht. Schnell scheinen auch Begriffe wie "Masseneinwanderung" zu brav, er setzt lieber auf kreativere und kompromisslosere Wortkreationen wie "Asyltsunami". In der Vergangenheit fiel er unter anderem auf, weil er den Nazibegriff der "Umvolkung" wieder aufleben ließ.

Das deklarierte Ziel von Schnell, Rosenkranz und ihren Parteifreunden ist es, den Einzug in den Nationalrat zu schaffen. Irgendwie könnte man aber auch meinen, dass es sie schon halbwegs glücklich machen würde, der FPÖ zumindest noch ein paar Wählerstimmen zu rauben, bevor sie am Ende vermutlich selber wieder in der Kleinparteien-Ursuppe verschwinden.