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Wer bei G20 mit welchen Waffen durch Hamburg läuft

Wie viele Polizisten beschützen den Gipfel? Welche Waffen tragen Spezialeinheiten? Dürfen Trumps Bodyguards auf Demonstranten schießen? Die Antworten.

Foto: Peter | Flickr | CC BY-SA 2.0

Wenn Hartmut Dudde, Hamburgs leitender Polizeidirektor, diese Woche am Freitagmorgen aufwacht, könnte es sein, dass er seine Hose falsch herum anzieht, weil er so aufgeregt ist. Es ist sein großer Tag. Trump, Putin und Erdoğan kommen zum G20-Gipfel in seine Stadt. Und er soll sie beschützen.

Unter seinem Kommando stehen 15.000 Polizeibeamte aus ganz Deutschland. Und dann muss Dudde auch noch im Blick haben, dass sich die Bodyguards der G20-Teilnehmer gut benehmen, er muss die GSG 9 und alle anderen koordinieren, die an diesem Wochenende schwer bewaffnet durch Hamburg laufen. Wir haben die Leute gezählt, die ihr dort treffen werdet – und besser nicht provoziert.

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Die Polizei

Hartmut Dudde hat den Begriff der "Hamburger Linie" erfunden. Was nach einem Kosenamen für gammeliges Speed aus der Hansestadt klingt, ist in Wirklichkeit nur ein anderes Wort für: Null-Toleranz. Deeskalation durch Stärke. Schlagstöcke, Wasserwerfer und Reizgas, Handschellen. Dudde verspricht, dass in Hamburg "alles an Polizeiequipment zu sehen sein wird, was es gibt".


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Die Polizisten kommen aus Hamburg, ganz Deutschland und den Nachbarländern. Unter anderem sollen rund 100 Polizisten aus Österreich dabei helfen, den Flughafen zu sichern. Die niederländische Wasserpolizei hat dagegen wieder abgesagt, weil die juristische Grundlage für eine Zusammenarbeit nicht rechtzeitig geklärt werden konnte. "Und die dänischen Verkehrskräfte – da weiß ich gerade nicht, ob wir die bekommen haben", sagt ein Sprecher der Hamburger Polizei zu VICE. Dabei wären gerade die wichtig.

Denn die Konvois von Trump und den anderen müssen – ja, müssen! – ohne Unterbrechung vom Flughafen zum Gipfel fahren können. Ernsthaft. Eine Blockade wäre laut Hamburgs Innensenator Andy Grote ein "diplomatischer Zwischenfall der höchsten Kategorie". Heißt: Wenn ihr einen Konvoi blockiert, werten das die Bodyguards als Attacke. Mit allen Konsequenzen. Aber dazu später mehr.

Denn bevor die Staatschefs in ihre Limousine steigen und die Journalisten in die Taxis, müssen sie erstmal in Hamburg ankommen. Damit das läuft, werden rund 4.000 Beamte der Bundespolizei die Bahnhöfe und Flughäfen schützen. Und wer mal einer Hundertschaft der Bundespolizei auf einer Demo begegnet ist, weiß: Die werden nicht nach Hamburg kommen, um Fischbrötchen zu essen.

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Zwischenstand: rund 19.000 offiziell Bewaffnete

Das Bundeskriminalamt (BKA)

Das BKA sorgt dafür, dass Wladimir Putin nicht mit Farbe beworfen oder von Femen-Brüsten überrascht wird. Die BKA-Beamten sind in Deutschland zuständig für den Schutz der Regierung und ihrer Staatsgäste. Für den G20-Gipfel hat sich das BKA neben 2.500 eigenen Beamten noch die Unterstützung von der Polizei des Bundestags besorgt. Sind die auch alle bewaffnet? Ja, sagt eine Sprecherin des BKA: "Bloß die Servicekräfte in der IT tragen keine Waffen." Nerds, die ihre Server mit Pistolen verteidigen, gibt es also nicht.

Neuer Zwischenstand: rund 20.500 offiziell Bewaffnete

Die Spezialeinheiten

Das SEK und die Anti-Terror-Einheit GSG 9 bringen Schrotflinten mit, Blendgranaten, Rammböcke und das Heckler & Koch PSG1, das präziseste Halbautomatikgewehr der Welt. Es schießt aus 300 Metern ein ganzes Magazin in ein Ziel mit der Größe eines iPhones. Dass ein iPhone so groß ist wie die Stirn eines Menschen ist eine Tatsache, bleibt aber hoffentlich nur ein morbider Vergleich.

Zu den einheimischen kommen Spezialeinheiten anderer Länder. So rückt etwa das Einsatzkommando Cobra an, die Elitepolizei Österreichs. Die Cobra bekam erst Ende vergangenes Jahres neue Schutzwesten, Helme und Maschinenpistolen, die auch unter Wasser schießen können.

Sie und die deutschen Spezialeinheiten sind so in Hamburg verteilt, dass sie innerhalb von einer Minute an jedem Ort eingreifen können, sagte Polizeipräsident Ralf Meyer auf einer Pressekonferenz. Wie viele Cobras kommen, verrät die Hamburger Polizei jedoch genauso wenig wie die Anzahl der SEK– oder GSG9-Beamten. Deshalb müssen wir schätzen.

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Neuer Zwischenstand: rund 20.800 offiziell Bewaffnete

Die Bodyguards

Die ausländischen Staatschefs bringen ihre eigenen Bodyguards mit. Damit der Secret Service auch in Deutschland Waffen tragen darf, musste die US-Regierung vorher einen Antrag beim Bundesverwaltungsamt stellen. Dort gingen solche Anträge aus insgesamt 17 Ländern ein. Allen wurde zugestimmt. 159 bewaffnete Bodyguards werden aus den USA und anderen Ländern anreisen. Offiziell dürfen sie die Polizei nur beraten. "Da wird keiner wahllos rumballern", heißt es vom Bundesverwaltungsamt gegenüber VICE.

Aber: Wenn ihr zum Beispiel den US-Konvoi blockiert, wird der Secret Service seinen Präsidenten verteidigen. Auch gegen eine Sitzblockade aus schmalschultrigen Autonomen und Alt-68ern – zur Not mit Schüssen. Die Sprecherin des Bundesverwaltungsamt sagt: "Das ist doch nichts anderes, als würden man sein Kind schützen."

Im Anschluss würde die deutsche Staatsanwaltschaft prüfen, ob ein Schuss gerechtfertigt war. Bodyguards sind keine Diplomaten. Sie besitzen keine Immunität, die sie vor Strafverfolgung schützt. Doch die Staatsanwaltschaft könnte auf Nothilfe entscheiden. Das ist im Grunde dasselbe wie Notwehr, nur stellvertretend für andere. In dem Fall würde der Bodyguard freigesprochen werden.

Also, geht lieber auf die angemeldeten Gegendemos. Da gibt es wenigstens nur verlässliches deutsches Reizgas und keine Bodyguards durchgeknallter Präsidenten.

Endstand: rund 20.959 offiziell Bewaffnete

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