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Der Berliner Terror-LKW könnte ins Museum kommen

Das ist gar nicht so irre, wie es klingt.

Foto: Grey Hutton

Ein IS-Terrorist rast mit einem Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt, tötet zwölf Menschen und nur wenige Wochen später entbrennt eine Diskussion, ob das Tatwerkzeug im Haus der Geschichte in Bonn ausgestellt werden sollte oder nicht.

Dabei ist der Ursprung der Diskussion absurd: Ein Journalist der Presseagentur dpa führt mit Hans Walter Hütter, dem Präsidenten des Museums, ein Interview und fragt: "Wird sich das Haus der Geschichte um den Lastwagen bemühen?" Hütter antwortet, es sei noch zu früh für eine Entscheidung, aber man erwäge es.

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Die Schlagzeile bastelte sich der Journalist damit selbst, denn vor der Presseanfrage gab es im Haus der Geschichte "keine konkreten Überlegungen", wie ein Mitarbeiter VICE gegenüber bestätigt. Dass das Thema emotionalisiert, war dem Journalisten wohl klar.

Aber jetzt ist sie da, die Diskussion, ausgelöst von den Medien. Sie muss geführt werden, kommt aber viel zu früh: Noch sind die Gefühle zu stark, die Bilder vom Anschlag zu frisch—noch liegen Schwerverletzte im Krankenhaus und die Ermittlungen laufen.

Das Thema polarisiert: Die Berliner Morgenpost schreibt, ein im Museum ausgestellter Lastwagen wäre nur eine "Trophäe" des IS-Terrors, die ein "fatales Signal" senden würde. Für den Tagesspiegel hingegen gibt es "vielleicht keinen besseren Ort", um den Anschlag "authentisch" und "transparent" darzustellen.

Hütter selbst sagt im Interview mit der dpa, dass es "zeitlichen Abstand" brauche, um die richtige Entscheidung zu treffen, aber der Anschlag des 19. Dezembers zur deutschen Geschichte gehöre. Unter den 7.000 Exponaten der Dauerausstellung liegen schon Nägel der Kölner NSU-Nagelbombe und ein Flächenschussgerät der RAF—jüngst sind auch verbogene Stahlträger der Twin Towers angekommen.

Der offensichtliche Unterschied zwischen 9/11 und dem Anschlag am Breitscheidplatz: der zeitliche Abstand. Nur durch Zeit kann der Anschlag in die größere Geschichte eingeordnet werden. Gegenstände, deren Anblick schmerzt, werden zu Erinnerungsstücken, die uns helfen, jener zu gedenken, die Opfer solcher Verbrechen wurden.

Dass es sich bei dem Anschlag in Berlin um Zeitgeschichte handelt, ist klar—doch würde der Lastwagen zu früh ausgestellt werden, geschähe es doch eher aus Sensationslust als aus Geschichtsinteresse. "Man muss mit Respekt den richtigen Zeitpunkt abpassen", meint auch Hütter, vor allem in Bezug auf die Angehörigen.

Das Museum macht seine Arbeit, wenn es den Lastwagen als Stück deutscher Geschichte sichert. Ansonsten ist er verschrottet und verschwunden, wenn wir in 10 oder 20 Jahren auf den 19. Dezember 2016 als historisches Ereignis zurückblicken. Ein Teil des Lastwagens könnte dann mit vielen anderen Exponaten die bis dahin hoffentlich zurückliegende Geschichte des islamistischen Terrors in Deutschland erzählen.

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