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Elitesportler misshandeln Mitschüler in Hamburger Olympiaschmiede

Unter anderem wurde das Opfer in eine Kiste eingeschlossen und musste dort eingezwängt und im Dunkeln ausharren.

Foto: Endlisnis | Flickr | CC BY 2.0

Folter im Elite-Internat. Das klingt nach Tatort, nach Sherlock Holmes, passierte tatsächlich aber in einer Hamburger Sportschule. Dort sollen ein 19-jähriger mehrfacher Deutscher Meister im Badminton und ein 18-jähriger mehrfacher Deutscher Meister im Schwimmen einen Mitschüler gequält haben. Das berichtet die Bild-Zeitung, der Olympia-Stützpunkt bestätigte die Vorfälle mittlerweile in einer Presseerklärung.

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Die Folter begann vor zwei Jahren. Damals wechselte das zu dem Zeitpunkt 14-jährige Nachwuchstalent im Badminton auf die Schule. Dort sollen die zwei älteren Jugendlichen regelmäßig seine Brustwarzen mit Gewalt traktiert haben, sodass sein Oberkörper von Hämatomen übersät war. Er musste sich außerdem in eine Kiste setzen, die dann verschlossen wurde, und dort eingezwängt in der Dunkelheit ausharren und sie mit "Großer Herr und Meister" anreden. Das ist nur eine Auswahl der Misshandlungen. Trotzdem hat niemand eingegriffen, auch nicht die Internatsleitung.

"Das Opfer war zur falschen Zeit am falschen Ort. Das wird selten ausgesprochen, aber: Wenn er nicht auf der Schule gewesen wäre, dann hätte es wohl einen anderen getroffen", sagt Mechthild Schäfer, Mobbingforscherin an der LMU München.

"Es ist eine Pflicht, die Jüngeren zu schützen. Viel schwerer wiegt aber, dass die Älteren nicht in ihre Schranken gewiesen wurden", sagt Schäfer. Das habe die Täter nur bestärkt, denn nicht bestraft zu werden, sei ein Machtfaktor.

Erst im Januar 2016 wurden die Taten aufgedeckt. Noch immer unsicher ist, wie das passierte. Ines Unkelbach, Leiterin des Olympia-Stützpunkts, erklärte gegenüber dem NDR, Erzieher des Internats hätten die Taten festgestellt und ans Licht gebracht. Focus und Welt hingegen berichten, der Junge habe sich seinen Eltern anvertraut, die die Vorfälle gemeldet hätten.

Jedenfalls hat die Mutter des Jungen Anzeige erstattet. Beide Täter wurden vom Internat suspendiert, gehören aber nach wie vor zu den möglichen Teilnehmern der Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Gegen den Älteren wurde nun Anklage wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung erhoben. Er wechselte auf ein Sportinternat in Saarbrücken.

Gegen seinen Kumpel wird noch ermittelt, er kann zwar nicht mehr in der Hamburger Schule leben, aber schon wieder dort trainieren. Mit einer Einschränkung: Er darf sich dem Opfer auf höchstens 20 Meter nähern.

Das sei ein erneutes Versagen der Verantwortlichen, so Mobbingforscherin Schäfer: "Die Sicherheit des Jungen wurde erschüttert. Dass einer der Täter noch immer die Schule besucht, kann ihm sein Sicherheitsgefühl nicht zurück geben."

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