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Österreich

"Free Oida" ist die Satire, die die Oida-Causa verdient

Eine Petition setzt sich für den Fortbestand der schönsten vier Buchstaben ein.

Screenshot via idipferl.net/freeoida

Vergangenes Wochenende hat das Landesgericht Oberösterreich den Begriff "Oida" als Bezeichnung für einen Polizisten für strafbar befunden. Zum konkreten Vorfall kam es während eines Fußballspiels in Pasching: Ein Fan hatte außerhalb des Stadions ein Transparent angebracht. Ein Beamter wollte ebendieses entfernen, woraufhin der Fan – wohlgemerkt in Höflichkeitsform – entgegnete: "Lassen Sie los, Oida!"

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Ein Wort wie "Oida" – so vielsagend und trivial zugleich, so einzigartig in seinem Klang, so essentiell für unser aller Wortschatz, so sehr Österreich, wie es wohl kaum ein anderes Wort jemals sein könnte. Voller Stolz haben wir es schon auf T-Shirts getragen, haben ganze Hauswände damit beschmiert, es der Krocha-Bewegung zum Abschied hinterhergerufen und einen wohlverdienten Eintrag auf Urban Dictionary erstellt. Sogar diesen einen Trackshittaz-Song haben wir irgendwie geduldet. Die wahrscheinlich schönsten vier Buchstaben der Republik: "Oida" ist Poesie in ihrer reinsten Form.

Dem Fußballfan wurde Anstandsverletzung vorgeworfen. 100 Euro Geldstrafe, die der Beschuldigte nicht bezahlen wollte und deshalb Einspruch erhob. Die Geldstrafe wurde letztendlich zwar in eine Verwarnung umgewandelt, dem Vorwurf der Abschätzigkeit stimmte das Landesverwaltungsgericht allerdings zu. Demnach sei "Oida" ein Synonym für "Hawara" – mit dem Gebrauch gegenüber dem Beamten werden "Amtshandlung und das Einschreiten des Polizisten in Frage gestellt", heißt es im Urteil.

Die Absurdität, die der Oida-Causa innewohnt, wird nun unterstrichen von einer (Satire-)Petition, die sich dem "literarisch und gesellschaftlich wertvollen Fortbestand" des Wortes, das "fast schon ein UNESCO-Kulturerbe" sei, verschrieben hat. "Free Oida" fordert Unterstützer dazu auf, aktiv zu werden, das Anliegen elektronisch zu unterschreiben und Profilbild-Solidarität zu zeigen.

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Dahinter steckt Gregor Onatcer – der Mann, der uns schon im letzten Jahr den Wahlplakate-Generator geschenkt hat, mit dem wir alle so viel Spaß hatten. Onatcer gegenüber VICE: "Das Ganze ist natürlich ein Spaßprojekt, soll aber wenn möglich dazu führen, dass sich die Leute ein bisschen kritisch mit der Rolle der Polizei auseinandersetzen." Als Adressat der Petition habe er sich notgedrungen für Gott entschieden, weil er nicht das Gefühl habe, dass sich jemand aus der Politik ernsthaft damit auseinandersetze. "Also musste ich mich an nicht existierende Kräfte wenden, die man aber zumindest beim Namen nennen kann."

Auch der Untertitel "Since 1945" ist schnell erklärt: "Ich hab leider keine konkreten Daten zum erstmaligen Aufkommen von 'Oida' gefunden. Aber ich habe mir gedacht, seit es die ÖVP gibt, braucht es auch sicher das Wort 'Oida' als Ausruf der Verzweiflung. Also habe ich einfach deren Gründungsjahr genommen."

Wie die Petition außerdem richtig hervorhebt, gilt "Einspruch, Oida!" in Österreich sogar als Rechtsmittel. Zu dieser Erkenntnis kam das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erst im vergangenen Jahr, als eine E-Mail mit ebendiesem Betreff für zulässig erklärt wurde.

Österreich scheint dabei ein Faible für bizarre Fälle von Anstandsverletzung zu haben – im Februar 2016 wurde ein Wiener Barkeeper zu einer Geldstrafe von 70 Euro verurteilt, nachdem er am Praterstern in der Nähe von Polizeibeamten einen etwas zu lauten Kebab-Rülpser von sich gegeben hatte. Plot-Twist: Der Beschuldigte wurde Monate später von einer türkischen Kebab-Kette nach Istanbul eingeladen, wo er einen Scheck über 70 Euro erhielt. "Das Dönerimperium wollte seine Spezialität durch den Vorfall nicht in Verruf bringen lassen und zeigte Solidarität mit dem Täter", berichtet der ORF. So was kann man nicht erfinden.

2017 ist Satire vielleicht die einzige Möglichkeit, um auf Nachrichten wie diese zu reagieren, ohne sich dabei eine kopfschüttelbedingte Nackenstarre zuzuziehen. Satire kann und soll aber auch zum Nachdenken anregen – in diesem Fall scheint das mehr als angebracht. Und überhaupt wirft "Free Oida" eine wichtige Frage auf: "Welcher normale Mensch kommt auf die Idee, jemanden anzuzeigen, weil dieser 'Lassen Sie los, Oida' gesagt hat?"

Franz auf Twitter: @FranzLicht