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Eine Oma im Kampf gegen die Kunst

In Innsbruck hat eine alte Dame der Streetart den Krieg erklärt.

Dass sich Omas in letzter Zeit gerne mit Streetart beschäftigen, wissen wir spätestens, seitdem diese 70-jährige Oma aus Wien zum Antipenis-Puber mutiert ist (und damit dieselbe Diskussion über Geschlechtsteile bei uns einführt, die es in den USA schon in den 50er Jahren gab). So hat es sich nun auch ergeben, dass im Alpenembryo Innsbruck—gebettet in den schützenden Mutterleib aus feinstem Kalkstein und Quarzphyllit—eine rüstige alte Dame der Wandkunst ihren persönlichen kleinen Krieg erklärt hat.

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Bewaffnet mit einem Marmeladenglas, gefüllt mit grauer Wandfarbe in den verschiedensten Nuancen, und einem Borstenpinsel der Stärke 14, streunt sie in aller Herrgottsfrüh durch die Unterführungen der Innpromenade und überdeckt etwaige Schandflecken von Dosenmalern mit kubistisch anmutenden geometrischen Formen. Dabei bedient sie sich stets den vier Ecken eines Rechtecks, welche jedes noch so kleine Detail zu überdecken vermögen.

Sie lässt sich nur ungern in flagranti erwischen und wird somit nur selten bei ihren Abenteuern gesichtet—ein echter Profi. Vielleicht wird sie auch deshalb kaum auf frischer Tat ertappt, weil Studenten in dieser Stadt nichts Besseres zu tun haben, als nicht zu arbeiten und täglich saufen zu gehen, weshalb sie es kaum schaffen, vor 18:00 Uhr das Haus zu verlassen. So munkelt man zumindest.

Zurück zum Thema. Es gibt gar nicht so wenige von diesen grausigen Schmutzfinken, womit Omi jede Menge zu tun hat und dabei nicht zu bemerken scheint, welchen gar nicht mal so kleinen Teil sie selbst zum Stadtbild beiträgt. Reiht man ihre Verbesserungsversuche nämlich aneinander, ergeben sie ein nicht minder ansehnliches Gesamtkunstwerk. So lässt sie ihre Arbeiten langsam aber stetig wachsen und vergrößert so ihr Revier unaufhörlich.

Es muss wohl kaum erwähnt werden, dass es für die Künstler der übermalten Kunstwerke mehr als demütigend sein muss, wenn ein bloßes Rechteck, ähnlich dem Schwarzen Quadrat von Malewitsch, über mehr Aussagekraft verfügt, als der klägliche Versuch, seine Gedanken auf die Wand zu bringen.

Doch Oma unterscheidet nicht zwischen Toys und Großmeistern und so macht sie auch vor wahren Meisterstücken keinen Halt, womit sie sich oft etwas weit aus dem Fenster lehnt. So wie es die Legende sagt, haben es bisher nur wenige gewagt, einen Gegenangriff zu starten, denn jegliche Versuche wurden bisher radikal im Keim erstickt. Somit ist und bleibt sie die unangefochtene Königin ihres Viertels, welches sie weiterhin wacker zu verteidigen weiß.

Mehr von Jan Weiler könnt ihr euch auf seinem Blog Jans Wurst anschauen.