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So überlebst du in Schaffhausen, wenn du jung und pleite bist

Und wenn das alles nichts hilft, hast du ja immer noch Freunde. Oder deine Eltern.
Foto: Von der Autorin

"Bloss e chliini Stadt mit bürgerliche Wänd, bloss e chliini Stadt, wo ein de ander kennt." So beschrieb Dieter Wiesmann Ende der 60er Jahre einst in einem Lied seine Heimatstadt. Denn ja, er kam aus Schaffhausen und ja, Schaffhausen hat ein eigenes Lied. Und obwohl dieses Lied zu Anfang nur für ein Cabaret gedacht war, ist es heute doch zur Hymne unserer kleinen Stadt herangewachsen.

"Und wenn au uf'm Globus nienetwo die Name stoot, ischs doch ein Ort, wo sich's guet lääbe loot." Und irgendwie stimmt das ja auch, hier lässt es sich wirklich gut leben. Aber eben nur, wenn's finanziell auch passt. Und das ist bei den meisten von uns Kleinverdienern leider viel zu selten der Fall.

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Auch Schüler, Studenten und Arbeitslose möchten hin und wieder ihr Leben geniessen und dabei dem eigenen Portemonnaie möglichst wenig Schaden zufügen. Als langjährige Expertin auf dem Gebiet "jung und pleite" kenne ich mich mit den alltäglichen Hürden der Illiquidität nur zu gut aus. Während meine Geldbörse über die Jahre immer dünner wurde, vergrösserte sich mein Repertoire an Tipps und Tricks, wie man das Pleitesein überlebt.

Wenn also auch du jeden Rappen zwei Mal umdrehen musst, bevor du dir das nächste Bier im TapTab gönnst, werden diese Tricks dein Leben hoffentlich ein wenig besser machen:

Du bist, wo du wohnst

Da die Mieten in unserer Kleinstadt nur halb so hoch sind wie die in Zürich (und wir zudem keine Universitätsstadt sind), sucht man hier WOKO, JUWO oder ähnlichen sozialen Mietraum vergebens. Varianten für budgetschonendes Hausen gibt es aber trotzdem.

Du kannst aufs Land ziehen (beziehungsweise auf dem Land bleiben)! Wer fast gar kein Geld für Miete ausgeben möchte, nimmt eine halbstündige Fahrt mit dem Landeierbus von Hemishofen, Ramsen oder Bargen in Kauf, um überhaupt in die Nähe der Stadt zu kommen. Ausserdem muss er oder sie sich jedes Wochenende einen urbanen Schlafplatz suchen, weil der letzte Bus ans Ende der Welt nun mal schon um Mitternacht fährt, also bevor die Party überhaupt erst begonnen hat.

Wer jedoch das Kleinstadt-Leben in vollen Zügen zu geniessen beabsichtigt, dem eigenen Portemonnaie aber keinen tödlichen Stich versetzen will, zieht in die Neustadt. Die Neustadt ist das Schaffhauser Hipsterviertel für Kleinverdiener. Dort bekommst du eine süsse, kleine Altbauwohnung, deren Heizung möglicherweise nicht immer funktioniert und deren Wände hin und wieder schräg stehen, aber du hast ein Dach über dem Kopf und kennst (falls du in Schaffhausen aufgewachsen bist) bereits die ganze Nachbarschaft.

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So sieht die Neustadt aus. Foto: Andreas Praefcke | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Wer es aber richtig schlau machen möchte, der zieht auf die andere Seite der Feuerthaler-Brücke nach Feuerthalen oder Flurlingen. Dorthin, wo Dorfpatriotismus und der chronische Alkoholkonsum zu Hause sind. Aber übermässiger Alkoholkonsum und Hilari sind nicht die einzigen Gründe, die dafür sprechen in diese 1.000-Seelen-Dörfer zu ziehen. Feuerthalen und Flurlingen liegen nämlich auf der anderen Seite unserer Stadt und zählen somit zum Kanton Zürich. Das heisst halb so hohe Steuern wie in Schaffhausen bei einem erschwinglichen Mietpreis wie im Kanton Schaffhausen.

Dein Nachbar ist dein Freund

Mit Nachbarn sollte man eine möglichst gute Beziehung pflegen. Mit denen auf der anderen Strassenseite, damit sie dir bei der nächsten Home Party nicht die Polizei auf den Hals hetzen, aber auch mit jenen jenseits der Grenze. Denn was wäre das Ostschweizer Leben hier nur ohne die deutschen Nachbarstädte Singen, Gailingen und Jestetten, in denen du alles, was dein Herz begehrt, für weniger als die Hälfte des in der Schweiz üblichen Preises kaufen kannst?

Essen ist mit Abstand das teuerste Vergnügen, mit dem sich ein Kleinverdiener oder Student (etwas anderes bist du nicht, sonst würdest du diesen Artikel nicht lesen) herumschlagen muss. Lust auf asiatisch? Nur zehn Autominuten oder eine kurze Zugfahrt entfernt in Jestetten befinden sich gleich drei Restaurants, in denen du dir für etwa 18 Euro den Bauch am all-you-can-eat-Buffet vollschlagen kannst. In Gaillingen schaffst du das bereits für 10 Euro.

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Willst du einfach nur deinen Kühlschrank füllen, dann schnapp dir 50 Euro und einen guten, autofahrenden Freund und mach dich auf den Weg über die Grenze. Dort wirst du von Discountern wie Aldi, Lidl oder Edeka mit günstigen Angeboten überhäuft und speist eine ganze Woche wie ein König.

Das Geld liegt auf der Strasse

Sei es die neue 50er Note oder das alte Collier deiner Grossmutter—Geld kommt bekanntlich in allen Formen und Farben daher und es muss nicht alles glänzen um Gold zu sein. Schon mal das Sprichwort "One man's trash is another man's treasure" gehört? Ganz recht. Denn, ein Becher (oder 30) kann dich manchmal vor der Betreibung bewahren—vor allem wenn es ein Becher am Hoffest der Kammgarn ist, für den man zwei Franken Pfand bekommt.

Für manche sind zwei Franken nur zwei Franken. Aber für dich und mich sind diese zwei (plus zwei plus zwei plus zwei plus…) Franken die halbe Miete. Einen Abend im Jahr alle einsam herumstehenden Becher einsammeln und du hast bis zu 350 Franken in der Hand—je nachdem natürlich, wie fleissig du warst. Und ja: Ich spreche aus Erfahrung.

So könnte einer der unten erwähnten Becher aussehen. Foto von der Autorin.

Wenn dir ein Abend im Jahr jedoch zu wenig ist und du auf der Arschloch-Skala noch ein bisschen höher steigen möchtest, gibt es auch andere Möglichkeiten (oder Becher), die zum gleichen Resultat führen. Einige Bars wie beispielsweise der Cuba Club, das Tabaco oder das Domino hauen gerne auf einige ihrer geliebten (Schüttel-)Becher bis zu 20 Franken Pfand, das man als Gewissenloser zu seinem Vorteil ausnützen kann. Man könnte beispielsweise zufällig den (Schüttel-)Becher eines sehr betrunkenen Gastes an dessen Stelle abgeben—nur um den Angestellten die Arbeit zu erleichtern, versteht sich. Oder man könnte per Zufall einen ungebrauchten (Schüttel-)Becher in der Nähe (beziehungsweise hinter) der Bar finden, ihn mit einfachem Bier anfeuchten und dafür weitere 20 Franken einsacken. Aber sowas tut man natürlich nicht.

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Ausgehen bedeutet nicht (immer) ausgeben

Neben den 0815-Tricks wie zu Hause vorglühen, sich draussen mit Billigbier zu besaufen oder einfach Alkohol in einer Rivellaflasche in den Club zu schmuggeln, gibt es auch die ein oder andere, ein wenig anspruchsvollere Masche.

Seit ich im Getümmel der Nacht unterwegs bin, haben die Clubs hier bei bestimmten Partys stets dieselben Einlass-Stempel. Mit einem schwarzen Stift oder Kajal wäre es für eine geübte Hand deswegen ein Leichtes, eine zum Verwechseln ähnliche Kopie des besagten Stempels auf das eigene Handgelenk zu zeichnen. Willst du aber dein "catch me if you can"-Talent unter Beweis stellen, kannst du dir hier für circa 30 Franken deinen eigenen Kopie- beziehungsweise "Vier in einem"-Stempel machen lassen und zahlst nie mehr 20 Franken für einen Party-Eintritt.

Foto: Asher Floyd | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Die Alternative wäre natürlich, an Outdoorpartys wie das NZN zu gehen, wo du mit guten Freunden Bier trinken und Zigaretten rauchen kannst, ohne von einem zwei Meter breiten Türsteher schief angesehen zu werden. Oder du gehst halt wieder über die Grenze nach Deutschland feiern. Die Musik im Top10 in Singen ist zwar unerträglich und du wirst wahrscheinlich von jeder Seite blöd angemacht werden, aber da gibt's wenigsten Shots und Pizza für je zwei Euro.

Und wenn das alles Nichts hilft, hast du ja immer noch Freunde. Oder deine Eltern.

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