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Der Nazipornodarsteller und sein Asperger-Syndrom

Der Typ, der mit Kitty „Rassenschande“ Blair SM-Pornos gedreht hat, spricht mit uns über seine Porno-Vergangenheit.

Wir haben letzte Woche über die verschiedenen Sex-Skandale der NPD berichtet und natürlich ging es dabei auch um Ina Groll, aka Kitty Blair, die ehemalige Pornodarstellerin, die doch so gerne bei der NPD wäre. Weil sie aber mit einem schwarzen Darsteller geschlafen hat und sich deshalb der „Rassenschande“ schuldig gemacht hat und weil es scheinbar sogar Dinge gibt, die der NPD peinlich sind, hat sich die Partei von ihr distanziert und sie wird mittlerweile als „unerwünschte Person“ bezeichnet. Jedenfalls haben wir in dem Artikel auch Screenshots aus einem Film von 2012 benutzt, auf denen Kitty gerade von einem jungen Mann in einem SS-Anzug gezüchtigt wurde. Dieser junge Mann, nennen wir ihn mal Hermann G., hat sich daraufhin bei uns gemeldet und uns (wirklich sehr nett) gebeten, doch bitte sein Gesicht zu schwärzen, weil es ihm mittlerweile ziemlich unangenehm ist, bei diesem Meisterwerk dabei gewesen zu sein, und es das erste und letzte Mal war, dass er bei einem Porno vor der Kamera gestanden hat. Mittlerweile ist Hermann 24 und studiert ein naturwissenschaftliches Fach. Wir haben ihn angerufen und mit ihm über seine kurze Nazi-Porno-Karriere gesprochen

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VICE: Wie ist es dazu gekommen, dass du mit Kitty „Rassenschande“ Blair gedreht hast?
Hermann G.: Ich hatte damals ein psychisches Problem, das mich in diese SM-Szene gebracht hat. Mir wurde Asperger-Syndrom und ADS diagnostiziert. Die meisten sozialen Dinge fallen mir schwer. Ich mache eigentlich einen vollkommen normalen Eindruck, weil ich inzwischen gelernt habe, wie man kommuniziert, aber ich hatte kein inneres Verständnis, was unangenehm oder peinlich ist. Das ist auch die einzige Erklärung für mich, warum ich das gemacht habe.

Wie lief das damals für dich?
Relativ genau bis ich 17 oder 18 war, wollte ich genau das studieren, was ich jetzt mache, worin ich gut bin und so glücklich, wie in meinem ganzen Leben noch nie zuvor. Aber ab diesem Zeitpunkt ging es für mich nur noch darum, wie ich Frauen kriege. Nicht mal um den Sex an sich, sondern um eine Form psychologischer Bestätigung. Seit ich nochmal bei einem Arzt war und der festgestellt hat, dass die Diagnosen richtig waren, und mir Ritalin verschrieben hat, läuft mein Leben eigentlich perfekt. Das hier war jetzt seit gut einem Jahr die erste Störung.

Oh, sorry. Das tut mir jetzt ein bisschen leid.
Nein, es ist ja auch richtig, über sowas zu berichten.

Aber wie bist du damals da reingerutscht?
Zunächst nur mit Bildern und dann habe ich Filme gemacht. Weil es auch ein bisschen leichter ist, als junger Filmer dort Fuß zu fassen. SM ist eher eine persönliche Neigung und es ist jetzt auch nicht so, dass ich das dringend brauche. Ich habe mit 18 mit Webdesign und Fotografie angefangen. Ich hatte in meiner Schulzeit viele Preise gewonnen und wollte eigentlich auf die Filmhochschule, oder Fotografie studieren und habe dann selbstständig gearbeitet. Viel im völlig normalen Bereich, Porträtfotografie. Und dann habe ich ein paar Filme im S/M-Bereich gemacht.

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Und wir sprechen jetzt schon über Pornos?
Die Sachen waren schon wesentlich krasser. Aber da war ich nur hinter der Kamera. Mein engerer Freundeskreis kennt meine Neigungen im SM-Bereich. 2009 habe ich angefangen, Werbefilme und Trailer für den Kit Kat Club in München zu machen, bevor er endgültig geschlossen hat. 2012 hatte ich dann die Idee, mit hochqualitativen Pornos Geld zu verdienen. Was aber nicht funktioniert hat, aber als Darsteller 400 Euro am Tag zu bekommen, ist jetzt auch nicht wenig.

Wir war Kitty so drauf?
Ich kannte Kitty schon länger, aus der Zeit, als ich noch hinter der Kamera war. Ich habe sie als relativ intelligent eingeschätzt. Man konnte sich mit ihr unterhalten, aber politisch habe ich gar nichts mitbekommen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt aber eine Freundin, deren Vater aus Trinidad kam und die auch deutlich dunkler ist. Die hat mit ihr mal gedreht, ich war hinter der Kamera. Meine Freundin als Domina. Kitty hat sich ihr gegenüber nicht komisch benommen und meine Freundin hat, was das angeht, eine viel bessere Menschenkenntnis als ich.

Die Uniform, die du in dem Film trägst, ist deine eigene. Warum hast du die?
Ich mache das hauptsächlich, weil unglaublich viele Frauen darauf stehen. Wenn man sich diese SM-Portale wie Sklavenzentrale anschaut, haben wirklich viele Frauen da bei Vorliebe „Uniform“ stehen. Sie hat auch keine verfassungsfeindlichen Symbole dran und ist auch nur ähnlich einer SS-Uniform.

Aber diese Nazi-Ästhetik ist dann apolitisch für dich? Also es geht nur darum, dass die Uniform für Macht steht.
Genau, ich bin kein Faschist, weil ich eine schwarze Uniform, und kein Kommunist, weil ich DDR-Orden trage. Innerhalb der SM-Szene, die ich kenne, gibt es keinerlei politische Richtung. Generell ist die Toleranz recht hoch. Jeder hat ja da was, was von der Öffentlichkeit abgelehnt wird, deswegen habe ich eigentlich das Gefühl, dass diese Szene sehr offen ist.

Wie würdest du denn deine politische Einstellung beschreiben?
In die normalen politischen Lager kann ich mich schlecht einteilen, weil ich ein absoluter Humanist und Vertreter von möglichst großer, persönlicher Freiheit bin. Jeder Mensch ist für mich gleichviel wert. Egal ob Mann, Frau, Trans, wie auch immer. Im Zuge all meiner philosophischen Überlegungen bin ich für mich zu dem Schluss gekommen, dass man sein Leben so leben soll, dass es für möglichst viele so wenig Leid wie möglich beinhaltet. Referenzieller Utilitarismus könnte man sagen.

Also die Ideologie, wie sie Kitty oder die NPD vertritt, ist für dich nicht annehmbar?
Genau. Das ist abstoßend, das genaue Gegenteil davon.

Trägst du die Uniform noch?
Eigentlich weniger. Ich würde sie nicht mehr auf Partys oder auf SM-Treffen tragen. Ich finde es in der Öffentlichkeit mittlerweile kritisch. Der Film war vor der Geschichte mit dem NSU. Ich habe auch das Gefühl, dass in den letzten zwei Jahren die Rechten viel mehr in den Vordergrund getreten sind. Ich würde mich damit nicht mehr wohlfühlen.