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Schon wieder Wahlen!!!

Matthias Strolz war im Kindergarten – und nein, wir meinen diesmal kein TV-Duell

Für ein Video ließ sich der NEOS-Chef von zwei Burschen auf den Kopf greifen und ständig unterbrechen – und nein, wir meinen das nicht im übertragenen Sinne.

Tagebuch zu schreiben, ist gar nicht so einfach, wie ihr denkt. Erst recht nicht, wenn es auch noch gut und kurz sein soll. Ein gutes Beispiel für beides war Leo Tolstoi, der zum Beispiel am 25. Jänner 1851 folgenden Eintrag in sein Tagebuch schrieb: "Ich habe mich verliebt oder bilde es mir wenigstens ein; ging auf eine Feier und verlor meinen Kopf. Kaufte ein Pferd, das ich absolut nicht brauche." Was für ein Burner von einem Tagebucheintrag!

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Andererseits schrieb Tolstoi auch über Partys und Liebe und sinnlose Pferdekäufe und nicht über den österreichischen Nationalratswahlkampf. Das macht unsere Ausgangslage natürlich um einiges schwieriger.

Weil wir aber überzeugt sind, dass ihr im Wahlkampf die Erheiterung viel dringender nötig habt als Tolstoi, wenn er Jahre später seine besoffenen Notizen durchgeblättert hat, versuchen wir trotzdem unser Bestes und schreiben jeden Tag bis zur Wahl am 15. Oktober für euch auf, was sich politisch in unsrem Land und in unsren Köpfen tut.


15. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute war NEOS-Chef Matthias Strolz im Kindergarten – und im Gegensatz zu so ziemlich allem anderen, was Matthias Strolz tut oder sagt, war er das nicht im metaphorischen Sinn, sondern wortwörtlich, weil: "Das ist das Wichtigste, was wir haben. Das sagen wir doch immer als Eltern: 'Die Kinder … sind das Wichtigste …… was wir HA-ben?", wobei ihm wohl alle zustimmen würden, nur dass das leider nicht bedeutet, dass ihn deshalb auch alle wählen; vor allem nicht, wenn er im nächsten Satz sagt: "Am besten, wir hängen einen Link dazu", und das Video dann völlig ohne Link gepostet wird, weil es vielleicht doch nicht ganz so viel ausgearbeitetes Programm von den NEOS zum Thema gibt, wie ein sich auf den Kopf greifen lassender Strolz uns in die Handykamera erzählt – naja schade.


14. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
kaum eine Debatte ist so österreichisch wie die um die Anti-Terror-Mauer vor dem Kanzleramt, die sich in den letzten Tagen zu einem regelrechten Austro-Watergate-Skandal zugespitzt hat – zuerst haben sich alle über die Steuergelder aufgeregt (auch wenn 325.000 Euro so wenig ist, dass man es bei den Staatsausgaben mit der Lupe suchen muss), dann über die Ironie beschwert, eine Terror-Mauer in einer so sicheren Stadt wie Wien zu bauen (obwohl sich die Österreicher genauso schnell darüber aufregen würden, wenn man ihre "Wien darf nicht Chicago werden"-Sorgen zu wenig ernst nimmt) und am Ende darüber lustig gemacht, dass die Mauer jetzt doch nicht kommt, aber stattdessen ein paar Poller aufgestellt werden sollen, um Autos aufzuhalten (und über die bezeichnenderweise niemand weiß, ob es nun 15, 30, 40 oder 42 Pfeiler sind, die da aufgestellt werden sollen).


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13. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute von der Kurz-Clique, Ortsgruppe Graz und Umgebung, daran erinnert worden, dass die "Ehe zwischen MANN und FRAU" (in All-Caps) der "Humus der Gesellschaft" ist, was gleich mehrere Fragen aufwirft, zum Beispiel: Wäre es wirklich unser Untergang gewesen, wenn homosexuelle Persönlichkeiten der Weltgeschichte einander hätten heiraten dürfen (wie Alexander der Große, Hatschepsut, Alan Turing oder Oscar Wilde)?, oder auch: Wenn die Ehe so heilig ist, wie OK findet es die türkise ÖVP dann, dass sogar Stephen Hawking mehr Ehen hatte als er Finger bewegen kann (nämlich zwei)?, oder auch: Wenn Wikipedia Recht hat und Humus "die Gesamtheit der toten organischen Substanz eines Bodens" beschreibt, ist "Humus der Gesellschaft" dann nicht eine ziemlich akkurate Beschreibung der ÖVP?


12. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
durften gestern erneut erläbän, wie kompliziert Rechtsextremismus heute geworden ist – jetzt werfen die Freiheitlichen den Grünen im Puls4-Duell Ulrike Lunacek vs. Heinz-Christian Strache von allen Dingen ausgerechnet Antisemitismus vor, weil es den unter muslimischen Zuwanderern eben auch gebe und die Grünen davor die Augen verschlössen – ignorieren aber gleichzeitig die "Einzelfälle" in den eigenen "Neuen Juden"-Reihen und zeigen gleichzeitig in Tirol ihre eigene Toleranz, indem sie die Namen von Schulkindern mit Migrationshintergrund öffentlich machen, obwohl sie selber Povysil, Vilimsky und Belakowitsch heißen


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11. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
haben erst heute, nach unserem Tanja-Playner-Binge am Wochenende, gesehen, dass am gestrigen Sonntag der übermalte "Never Again"-Schriftzug am Flakturm im Wiener Augarten jetzt angebracht wurde – weil auch die zuständige Bezirksvorsteherin und eine Wiener Gemeinderätin gemeinsam mit Aktivisten denken, dass Erinnerung nicht ausgelöscht werden sollte, was ganz gut zum heutigen 11. September passt, von dem eine ganze Generation an Unter-18-Jährigen schon nicht mehr selbst mitbekommen hat, was hier im Jahr 2001 passiert ist.


10. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute hat Pop-Art-Artistin Tanja "Pop-Art" Playner, Artistin "bei Tanja Playner Pop Art artist" und laut eigenen Angaben bekannteste Pop-Artistin des Landes, sich doch wieder mit ihren FPÖ-Fans versöhnt und wir sind endgültig verwirrt – obwohl das vielleicht einfach Pop-Art ist, wovon wir als Banausen wenig verstehen, und es nur einmal mehr zeigt, dass FPÖ und ÖVtürkisP halt doch ein bisschen wie die Volksfront von Judäa und die judäische Volksfront sind.


09. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
die berühmte Pop-Art-Artistin Tanja "Pop-Art" Playner, die laut ihrer Facebook-Bio "Künstlerin bei Tanja Playner Pop Art artist" ist, hat heute zum vielleicht ersten Mal einen Politiker, der nicht Norbert Hofer oder Heinz-Christian Strache heißt, mit ihrer abfärbenden Anwesenheit geadelt – nämlich den allseits beliebten Anstands-Hünen und Party-Recken Sebastian Kurz, der seine ganze Stattlichkeit in den Schnappschuss legt und zur zweiten Hälfte des First-Popart-Artist-Couples des Landes avanciert; pop-artist haters gonna hate #popartartisttanjaplayner!


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08. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
nachdem wir die Plakate aller Parteien einer gründlichen und total seriösen Analyse unterzogen haben, wissen wir jetzt, dass die Grünen nicht mitdenken, die Roten nicht mehr lächeln können, die Schwarztürkisen nichts zu sagen haben, die NEOS nicht wirklich wen umwerben außer sich selbst, die Liste Pilz nicht blöd bei der Ressourcen-Planung ist und die Blauen nicht sehr viel Kontrolle darüber haben, wen sie auf ihr Fahrrad steigen lassen.


07. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute von der ÖVP endlich mit Frauenpolitik beschenkt worden – wenn auch nur genau vier Sätze lang – und in der begleitenden Illustration gelernt, dass sich Menschen mit XX-Chromosomenpaar durch Füllfeder, Babyflasche, Gurke, Lippenstift, iPad und Stöckelschuhen darstellen lassen.


06. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute den Selbsttest auf wahlkabine.at gemacht und nicht nur gelernt, was die Parteien eigentlich wirklich wollen, sondern auch, dass bei absolut jedem Menschen die KPÖ rauskommt – wenn man Twitter glauben darf, sogar bei Sebastian Kurz (und wenn es auf Twitter steht, ist es bekanntlich die Wahrheit).


05. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute hat ein SPÖ-Mitglied auf Kerns Stammtisch-Video reagiert und gemäß dem antiken Verständnis von Rhetorik als "die Kunst des angemessenen Redens" folgenden Leitsatz formuliert: "Gebt diesen reaktionären Scheißdreck weg, entschuldigt euch und schämt euch in Grund und Boden, dass sowas überhaupt durchgegangen ist!"


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04. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute hat Sebastian Kurz beziehungsweise die Neue Volkspartei beziehungsweise die Liste Kurz beziehungsweise die ÖVP den ersten Teil seines/ihres Wahlprogramms an die Medien weitergeleitet – was ziemlich klug von ihnen ist, weil sie bisher so inhaltsleer waren, dass schon die bloße Existenz des Wahlprogramms genug Inhalt für eine Meldung ist, wie zum Beispiel beim ORF, der heute schreibt: "Wahlprogramm: ÖVP leitet ersten Teil an Medien weiter" und sehr viel mehr muss man dann eigentlich auch gar nicht mehr über die ÖVP sagen, außer vielleicht: Lorem ipsum.


03. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute breit angelegtes Staunen über SPÖ und ÖVP bei Im Zentrum, weil beide alles ändern und eine dynamische Bewegung für junge Menschen sein wollen, aber gleichzeitig beide Parteien seit 1945 nur 7 Jahre (SPÖ) beziehungsweise 17 Jahre (ÖVP) nicht selbst mitregiert haben.


02. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute Straches "Bitte wählt nicht den Kurz"-Wahlkampfauftakt in der Lugner City mitverfolgt und anschließend beim Swipen auf Tinder heute den Kanzler entdeckt – wenn auch nicht als User, sondern nur in der Form eines Wahlkampfspenden-Aufrufs –, woraufhin wir uns gefragt haben, wie oft wohl sexhungrige Millennials wirklich 10 Euro auspacken, um dem Regierungschef unter die Arme zu greifen, wenn sie eigentlich da sind, um andere Dinge auszupacken und noch mal ganz andere anzugreifen.


01. 09. 2017

Liebes Tagebuch,
heute biedert sich Christian Kern in einem neuen SPÖ-Werbevideo der FPÖ-Wählerschaft an, indem er sich an einen Stammtisch setzt und den rassistischen Ressentiments der "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!"-Kundschaft freien Lauf lässt – anstatt zum Beispiel auf so sinnbefreite Sager wie "Wenn ich auf der Kärntner Straße, meinem Heiligtum, jemanden in Burka sehe, bekomme ich Angst; ich weiß ja nicht, ob da ein Mann oder eine Frau drinnen ist" sowas zu antworten wie: "Wenn Sie, gnädige Frau, auf der Kärntner Straße jemanden in einer Burka sehen, ist das erstens mit ziemlicher Sicherheit eine Frau, auch wenn sie ihr Geschlechtsteil nicht frei einsehbar trägt, und zweitens wahrscheinlich eine steinreiche Touristin aus den Emiraten, keine radikalisierten Ottakringerin … denkt denn niemand an die armen Juweliere???"

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