Donald Trump Puppe in Disney World

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Popkultur

Make Mickey Great Again

Präsident Donald Trump spaltet selbst die heile Spaßwelt Disney World. Unser Fotograf war unter Fanatikern, Muppets und Kitsch in Orlando.

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Im November 2001 war ich das erste und einzige Mal zu Besuch in Disney World. Nach den Anschlägen vom 11. September nahm mein Vater zu Recht an, wir würden günstige Flugtickets von Newark in New Jersey nach Orlando bekommen. Ich war elf und noch nicht oft geflogen, also merkte ich nicht, wie viel strenger die Sicherheitskontrollen waren – und dass mein Vater für uns einen Vorteil aus der Tragödie geschlagen hatte.

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Der 11. September 2001 war vielleicht das erste Mal überhaupt, dass die Realität in Walt Disneys Welt eindrang. Wie die Huffington Post nach den Anschlägen berichtete, durfte das Personal an jenem Tag den Gästen nur auf Nachfrage sagen, warum Disney World schon morgens geschlossen wurde. Um sie zum Gehen zu bewegen, bildeten die Mickys, Minnys und Goofys eine Kette und trieben die Besucher auf die Ausgänge zu. Grund dafür war die Sorge, so Huffington Post, "die Terroristen könnten es auch auf Disneyland und Walt Disney World Resorts abgesehen haben".

Es grenzt an Absurdität, wie sehr die Disney-Illusion um jeden Preis von den Geschehnissen der Außenwelt abgeschirmt wird. Disney World ist eine touristische Vision der USA als Paradies. Der Vergnügungspark steht seit 1965 für den unvergleichlichen Einfluss, den die Staaten auf die globale Popkultur haben – und für den amerikanischen Traum, laut dem alle Menschen sein können, was sie möchten, wenn sie sich nur genug anstrengen. "Als Disney World gebaut wurde", schrieb John Jeremiah Sullivan 2011 in der New York Times, "verkörperte es die Vorstellung von Amerika als reine kapitalistische Fantasie." Überall auf der Welt gebe es Menschen, für die Orlando gleichbedeutend mit Amerika sei.

Doch Walt Disney gelangte auf zwielichtige – man könnte fast sagen Trump´sche – Art an seinen Park. Er nutzte Strohfirmen und verschleierte vor den Einheimischen, wer da so viel Land in ihrer Region kaufte – die Wahrheit hätte vermutlich die Grundstückspreise in die Höhe getrieben.

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In letzter Zeit geht mir mein Besuch in Disney World wieder durch den Kopf. Nicht aus Nostalgie, sondern weil Berichten zufolge jemand dort im September – unter Jubel und Buhrufen – ein Banner aufgehängt hat: "Re-elect Trump 2020". Die US-Politik hält Einzug in die bunte, fröhliche Disney-Blase. Als Trump sich im Sommer 2017 aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzog, verließ Disney-CEO Bob Iger aus Protest einen Beratungsausschuss des Präsidenten. Trump quittierte das mit einigen seiner berüchtigten Tweets. Vergangenen Dezember ergänzte Disney World seine Hall of Presidents um einen animatronischen Donald Trump. Von NPR über die Washington Post bin hin zu Elle hagelte es Spott über das Aussehen der Figur: Trumps Teint und Frisur seien nicht getroffen, sie wirke "scary", sie ähnele der Horrorpuppe Chucky.

Die Debatten über das realitätsferne Erscheinungsbild eines Disney-Roboters haben eine neue Meta-Ebene eröffnet. Parallel dazu haben gewerkschaftlich organisierte Disney-Arbeiterinnen und -Arbeiter in Florida einen Mindestlohn von 15 Dollar die Stunde erkämpft, der bis 2021 eingeführt werden soll. Bisher können viele Angestellte von ihrem Lohn kaum leben.

Diese aufgewühlte Ära hat unser Bewusstsein für die sozialen und ökonomischen Klüfte geschärft, die die Welt beherrschen. Entertainment und Politik sind nicht länger klar getrennt. Donald Trump zog gefühlt direkt vom Set seiner Reality-Show ins Weiße Haus, Disney World verliert seinen Status als amerikanische Version des Gartens Eden.

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Vor diesem Hintergrund haben wir den Fotografen Chris Maggio in der Woche der US-Zwischenwahlen am 6. November nach Disney World geschickt. Anstelle des amerikanischen Traums fand er in Orlando eine surreale Dystopie vor, in der Trump-Fans nachgemachte Disney-Figuren für den Wahlkampf nutzen. Zeichentrickfiguren werden genutzt, um ein politisches Klima zu schüren, das ohnehin schon an eine absurde Zeichentrickwelt erinnert. Maggios Fotos konfrontieren uns mit der Frage: Gibt es für uns heute überhaupt noch so etwas wie Realitätsflucht?

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