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Rechtsextreme Tathandlungen sind um mehr als 50 Prozent gestiegen

Der neue Verfassungsschutzbericht bestätigt den befürchteten Rechtsextremismus-Trend.
Rechtsextreme Straftaten 2015

Screenshots via BMI

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Die Flüchtlingskrise führt zu einem Ansteigen bestimmter Kriminalitätsfelder—nämlich vor allem der Gewalt gegen Flüchtlinge. Was lange vermutet wurde, bestätigt nun der soeben veröffentlichte 2015-Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). 2015 registrierten die österreichischen Sicherheitsbehörden 1.156 rechtsextreme Tathandlungen, 2014 waren es noch 750. Das ist ein Anstieg um 54,1 Prozent. Von diesen Fällen aufgeklärt wurden, ähnlich wie 2014, rund 60 Prozent.

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Dabei kann eine Tathandlung mehrere Delikte und Anzeigen umfassen. Als rechtsextrem gelten die Handlungen dann, wenn sie fremdenfeindlich, rassistisch, islamophob oder antisemitisch motiviert durchgeführt wurden. So gab es etwa 282 Anzeigen wegen Verhetzung (2014: 182)und 953 nach dem Verbotsgesetz (2014: 663). Gemeint sind damit nicht nur rassistische Lausbubenstreiche. Der Radikalisierung der Sprache folgen oft andere Tathandlungen, meint auch der Verfassungsschutz in seiner Interpretation, und sieht eine Gefahr, dass Rechtsextremisten zu Rechts-Terroristen werden könnten:

"Diese versuchen, meist unbedarfte und ideologisch nicht gefestigte junge Menschen zu ideologisieren und zu rekrutieren bzw. für ihre Anliegen zu mobilisieren. Durch das Schaffen von Feindbildern und verhetzenden Aggressionen wird versucht, gesellschaftliche Gruppen gegeneinander aufzubringen. Verfassungsfeindliche extremistische Einstellungen, die sich in bestimmten Szenen des gesellschaftlichen Spektrums verfestigt haben, bilden oft den Nährboden für gefährliche Angriffe auf verfassungsmäßige Einrichtungen und gefährden die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger."

2014 wurde die "Identitäre Bewegung" im Lagebericht des Verfassungsschutzes zwar nicht wörtlich, aber eindeutig angesprochen. Diesmal wird nur die Bedeutung der "Neuen Rechten" unterstrichen, die mittels Internet und Aktionismus eine Popkultur entwickeln wollen, um sowohl Jugendliche als auch junge Erwachsene anzusprechen: "Sympathisanten der 'Neuen Rechten' legen in ihrer öffentlichen Selbstdarstellung Wert auf rassismusfreie und nicht verhetzende Terminologien. Ihr Ziel ist es, fremdenfeindliche und Ängste generierende Themen in der 'Mitte der Gesellschaft' zu verbreiten." Das würden sie schaffen, indem sie eigentlich eindeutige Begriffe verklausulieren und "Kulturen" statt "Rassen" sagen und statt "Ausländer raus!" vor der Islamisierung Europas warnen.

Dass die Rechtsextrem in der Mitte ankommen wollen, zeige sich auch daran, dass sie nicht mehr einer einschlägigen Gesellschaftsschicht zugeordnet werden könnten. "Es wird penibel darauf geachtet", meint das BVT, dass das Erscheinungsbild nicht mehr dem der rechtsextremen Szene entspricht.

Für diejenigen, die jetzt vermuten, dass diese Radikalisierung auf der linken Seite sicherlich genauso stark zugenommen habe, liefert der BMI-Bericht übrigens auch eine Antwort: Im Phänomen Linksextremismus sieht die Lage nämlich ganz anders aus. Hier sind die Tathandlungen von 371 im Jahr 2014 auf 186 gesunken—ein Rückgang von 49,9 Prozent (und damit fast gleich viel wie Rechtsextremismus zugenommen hat).

Christoph auf Twitter:@Schattleitner