Dass Schwule immer noch vom Blutspenden ausgeschlossen sind, ist eine Frechheit
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LGBTQ

Dass Schwule immer noch vom Blutspenden ausgeschlossen sind, ist eine Frechheit

Homosexualität unter Männern wird nach wie vor pauschal als sexuelles Risikoverhalten eingestuft. Das ist nicht nur rückständig, sondern auch nicht bis zum Ende durchdacht.

"Immer weniger wollen Blutspenden", titelt ORF.at am heutigen Weltblutspendetag. Vor allem die Wiener seien sogenannte "Blutspendemuffel", dort würden im Schnitt nur zwei Prozent der Einwohner zum Blutspenden gehen – so wenig wie sonst nirgends in Österreich. Unterm Strich decken die in Wien gespendeten Blutkonserven gerade mal die Hälfte des Bedarfs der Hauptstadt ab.

Blut kann Leben retten und Spender werden laufend gesucht. Im ORF-Text kommt jedoch auch ein Satz vor, der so einfach nicht der Wahrheit entspricht, wie auch einem Twitter-User schon aufgefallen ist: "Blutspenden darf jeder gesunde Mensch ab 18 Jahren."

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Es gibt verschiedene Gründe um vom Österreichischen Roten Kreuz als Teil einer Risikogruppe eingestuft und damit von der Blutspende ausgeschlossen zu werden. Wurde man etwa kürzlich gepierct oder tätowiert, bekommt man ein viermonatiges Spendeverbot erteilt. Ebenfalls vier Monate aussetzen müssen Menschen, die gerade ein größere Operation hinter sich haben. Permanent ausgeschlossen wird man hingegen etwa für Epilepsie, HIV, Krebs – oder Homosexualität unter Männern.


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Auf der Website der Wiener Blutspendezentrale wird ein schneller Online-Check angeboten, der feststellen soll, ob man als Blutspender in Frage kommt. Dabei werden einem lediglich vier Aussagen vorgesetzt, die einfach mit Ja oder Nein zu beantworten sind: "Ich bin 18 Jahre oder älter", "Ich wiege über 50 Kilo", "Ich fühle mich gesund" und "Helfen liegt mir im Blut" – all das kann ich getrost bejahen. "Du kommst als Spender in Frage!", teilt man mir anschließend mit. "Lüge", denk ich mir.

Würde ich nun einen der mir vorgeschlagenen Termine zum Blutspenden wahrnehmen, würde man mich vor Ort, nach Ausfüllen eines Fragebogens, abweisen – weil ich ein Mann bin, der Sex mit Männern hat, und demnach zu einer Gruppe mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko gehöre, die pauschal von der Blut-, wie auch von der Plasmaspende ausgeschlossen wird. Prinzipiell überlässt das Rote Kreuz allen Spendern selbst die Möglichkeit, das eigene Blut durch den "Freiwilligen Selbstauschluss" nachträglich sperren zu lassen – heißt, man darf sich nochmal überlegen, ob man nicht vielleicht doch ein sexuelles Risikoverhalten an den Tag gelegt hat. Homosexuellen Männern wird diese Möglichkeit gar nicht erst geboten.

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Das Rechtskomitee Lambda rechnete bereits vor einem Jahr nach der Ausstrahlung eines ORF-Beitrags zum Thema Blutspenden recht ausführlich mit darin vorkommenden Fehlinformationen ab. Demnach würde nicht das Gesetz ausschließen, sondern vielmehr das Rote Kreuz. Weiters wird hervorgehoben, dass weniger nach Risikogruppe, sondern vielmehr nach Risikoverhalten vorgegangen werden müsste. Der einzig bekannte Fall der letzten Jahre, bei dem HIV in Österreich durch Blutkonserven übertragen wurde, erfolgte übrigens durch die Spende einer heterosexuellen Frau.

Dass die in Österreich geltenden Richtlinien nicht mehr ganz zeitgemäß sind, beweisen internationale Entwicklungen. In Frankreich dürfen homosexuelle Männer seit 2016 Blut spenden – die Aufhebung der Diskriminierung passiert, wenn auch nur schrittweise. So dürfen zunächst nur schwule Männer zur Spende, die in den letzten zwölf Monaten keinen Sex hatten. Man wolle zunächst mittels Studien beobachten, wie sich die Zulassung auf das allgemeine Risiko auswirkt, bevor man homosexuelle Spender gleich behandelt wie Heteros. Unter ähnlichen Bedingungen dürfen seit diesem Jahr schwule Männer in der Schweiz ihr Blut spenden – die "nicht optimale" Lösung wird auch dort als Zwischenschritt betrachtet.

Die Annahme, Schwule dürften nicht Blutspenden, stimmt so aber nicht. Streng genommen hat das Österreichische Rote Kreuz nämlich nichts gegen schwules Blut per se. Von der Spende ausgeschlossen werden lediglich Männer (egal ob homo-, hetero- oder bisexuell) die nach 1977 Sex mit einem anderen Mann hatten – und darüberhinaus auch Frauen, die jemals mit einem solchen Mann Sex hatten.

Das heißt: Ein Hetero-Typ, der sich in der Pubertät mit einem Kumpel ausprobiert hat, hat ebenso lebenslängliches Blutspende-Verbot wie eine Hetero-Frau, die mal ein Techtelmechtel mit ihrem Bi-Freund hatte. Das heißt aber nun mal auch, dass jeder schwule Mann, der nicht zölibatär lebt, pauschal diskriminiert wird. Schwule Jungfrauen hingegen – go for it.

Es ist frustrierend, wenn meine bloße sexuelle Orientierung in Österreich mit Drogenabhängigkeit, Hepatitis und AIDS gleichgesetzt wird. Mindestens genau so frustrierend wie die Annahme, alle schwulen Männer wären automatisch promiskuitiv. Natürlich geht Sicherheit beim Blutspenden vor – diese sollte aber auch rational erklärbar sein und nicht auf Vorurteilen basieren.

Franz auf Twitter: @FranzLicht Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.