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Drogen

Selbst Deutschlands Kriminalbeamte wollen Cannabis legalisieren

Ein Tabu soll es aber weiterhin geben, sagt der Bund der Kriminalbeamten.
Foto: Imago | Kai Horstmann

Das Verhältnis von Polizei und Kiffern gleicht der Jagd von Kater Tom nach Maus Jerry. Tom stellt so ziemlich alles an, um Jerry zu fangen – doch er wird ihn niemals fressen. So gibt es Polizisten, die wegen eines Joint-Fotos auf Facebook ermitteln, oder Beamte, die Cannabis-Patienten trotz Rezept schikanieren. Gekifft wird trotzdem. Auch deshalb haben viele Polizisten keine Lust mehr auf das elendige Katz-und-Maus-Spiel.

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Nun forderte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), die Gewerkschaft der Kriminalpolizei, das Cannabis-Verbot aufzuheben. "Die Prohibition von Cannabis ist historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend", sagte BDK-Chef André Schulz am Sonntag der Bild. Es habe in der Menschheitsgeschichte noch nie eine Gesellschaft ohne Drogenkonsum gegeben und dies müsse akzeptiert werden, so Schulz. Daher setze sich der BDK für eine "komplette Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten" ein.


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Der 47-jährige Hauptkommissar des LKA Hamburg forderte, die deutsche Drogenpolitik zu überdenken: "Durch unser derzeitiges Rechtssystem stigmatisieren wir Menschen und lassen kriminelle Karrieren erst entstehen", so Schulz. "Es gibt bessere Möglichkeiten in der Drogenpolitik, als größtenteils auf Repression zu setzen." Deshalb müsse man lernen, mit einem verantwortungsvollen Drogenkonsum umzugehen. Dazu gehöre auch, den Konsumenten und Suchtkranken zu helfen und einen wirksamen Kinder- und Jugendschutz möglich zu machen.

"Das Verbot ist gescheitert", erklärte André Schulz erst im November auf der "Cannabis normal"-Konferenz in Berlin, wo Experten, Politiker und Konsumenten über eine Legalisierung diskutierten. Laut Schulz gab es noch nie so viele Verfahren wegen Cannabis in Deutschland wie im Jahr 2016. Die ernüchternden Ermittlungserfolge deutscher Behörden beliefen sich im Schnitt auf rund "zweieinhalb Tonnen Gras pro Jahr" – was selbst bei konservativer Schätzung "für alle deutschen Kiffer nur rund eine Woche" ausreichen würde, scherzte Schulz. In einem Kommentar in der Hamburger Morgenpost kritisierte er zudem Anfang Januar, dass die Drogenbekämpfung zu viel Arbeitskraft verschlinge und die Falschen treffe: "70 Prozent der Drogenfälle der Kripo befassen sich mit den Konsumenten, nicht mit Dealern." Seinen Frust teilen in der Polizei offenbar viele Beamte: Der BDK – für den Schulz spricht – zählt laut eigenen Angaben etwa 15.000 Mitglieder und wirbt damit, dass dies die überwiegende Mehrheit aller Kriminalbeamten sei.

Ein Tabu gebe es laut Schulz aber immer noch: Menschen sollen hinterm Steuer weiterhin nüchtern bleiben. Er wisse aber, dass es dort bis heute noch einige rechtliche Unsicherheiten und Gesetzeslücken gebe. So wird Gras – anders als Alkohol – auch noch Tage nach dem letzten Joint festgestellt und kann den Konsumenten auch nüchtern den Führerschein kosten. Für die 13.000 Kiffer, die medizinisches Marihuana konsumieren, gelten diese strikten Grenzwerte aus dem deutschen Fahrerlaubnisrecht derzeit nicht – das könnte sich aber nun auch ändern.

In der Bild prophezeite Schulz Deutschlands Kiffern, dass es bald zu einer Legalisierung kommen könnte: "Cannabis, so meine Prognose, wird in Deutschland nicht mehr allzu lange verboten sein." Dann könnten sich Tom und Jerry wichtigeren Themen widmen.

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