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Drogen

Wiener Weed ist besser als sein Ruf

Wir haben auf den Wiener Straßen Gras gekauft und getestet.

Seien wir mal ehrlich: Gras rauchen ist weder so schlimm wie einige Konservative tun, noch so toll wie einige Hippies behaupten. Wie jede Droge—und überhaupt so ziemlich alles, was man in seiner Teenager- und Studentenzeit macht—ist es eigentlich ziemlich unnötig. Falls Gras für dich im Gegenteil schon mehr als nötig ist, solltest du vielleicht mal bei einer dieser Suchthilfe-Seiten vorbeischauen.

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Für alle anderen, die weder total vernünftig noch total suchtgefährdet sind, und die sowieso Gras rauchen würden, ganz egal, was irgendwer dagegen schreibt, wollen wir an dieser Stelle ein paar Vorurteile überprüfen, damit ihr zumindest nicht das beschissenste Gras raucht.

Denn das Gras auf den Wiener Straßen hat einen gewissen Ruf, den ihr vermutlich auch kennt, wenn ihr schon mal zu völlig überteuerten Kursen eine Notfallration gekauft habt, die noch dazu ekelhaft schmeckte und keinen Effekt hatte. Manche hartgesottenen Weed-Käufer haben uns sogar erzählt, dass sie auch schon Oregano oder anderes Grünzeug angedreht bekommen haben. Um diese Gerüchte nicht einfach glauben zu müssen und diesen wichtigen Wirtschaftszweig der Wiener Nächte damit nicht auszublenden, haben wir das Cannabis der Straßen-Dealer einem Qualitätscheck unterzogen.

Nachdem die Route feststand, brachte uns eine Freundin auf die Idee, das Gras auch einer professionellen Prüfung zu unterziehen und nicht nur unsere eigenen Geschmacksknospen urteilen zu lassen. Geplant war ein THC-Check, eine Sortenschätzung und eine Prüfung auf Streckmittel—Brix, Haarspray, Zucker, Glasstaub etc. (eine sehr gute Übersicht gibt's übrigens beim Hanfverband Deutschland). Es war eine lange und beschwerliche Suche. Ich fragte zuerst natürlich Check your drugs, die euch sehr ans Herz legen möchte, wenn ihr Kokain-Konsumenten seid, denn es ist verdammt viel Scheiß im Schnee-Umlauf—aber mir konnten sie nicht weiterhelfen, da im Krankenhaus nur chemische Drogen untersucht werden.

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Nachdem uns das Drogenreferat und die "Spitze der Wiener Tatortgruppen" eine Abfuhr erteilt hatten, erklärte uns endlich ein Typ von einem toxikologischen Labor, dass es in Österreich jeder Forschungseinrichtung verboten ist, Cannabis-Proben auch nur anzunehmen. Er könnte maximal im Blut der Patienten die THC-Konzentration ermitteln. Auf den Vorschlag ihm eingerauchte Leute ins Labor schicken und an deren Blut den THC-Wert unserer Proben abzulesen, reagierte der Laborant ziemlich schockiert. Das wäre Misshandlung, wenn vorher keine Ethik-Kommission unsere Untersuchung für sinnvoll befindet.

Ihr seht, wir haben wirklich alles probiert und sogar am Ende einen Experten getroffen, der uns zumindest oberflächlich mit Lupe, Brenn- und Riechtest einige Eckdaten zu den Proben geben konnte. Zuerst haben wir mehrere Freunde eingespannt, die das Gras gemeinsam mit uns kaufen und rauchen mussten.

1. Gras Josefstädter Straße

Unsere Tour begann am Gürtel, den wir achtsam hoch und runter liefen, bis ein Freund einfach jemanden direkt nach Gras fragte. Obwohl schräg gegenüber gerade ein Typ von einer Polizeistreife mit dem Gesicht auf die Straße gedrückt und durchsucht wurde, haben uns zwei Typen unsere erste Probe für 15 Euro verkauft. Der Kurs war echt in Ordnung und so suchten wir gleich einen Spielplatz in der Nähe auf, um die erste Verkostung durchzuführen.

Der Freund, der uns treu und wacker am ersten Abend zur Seite stand, ist ein langjähriger, erfahrener Kiffer. Sehr zielsicher bezeichnete er den Geruch der Josefstädter Probe als „unterschwellig" und schloss aus diesem Eindruck und der sorgfältigen materiellen Prüfung beim Grinden, dass das Weed lange und vielleicht sogar offen gelagert wurde. Er befand, dass es sich um eine schwache Sorte handeln musste. Der Geruch des harten Buds war angenehm zitronig. Wir kamen beide zu dem Schluss, dass es sich eher um grünen Kupfer als grünes Gold handelte, aber dass wir es unserem Dealer nicht übelnehmen würden, wenn er es uns verkaufte.

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Die Wirkung war für meinen Freund schwer festzustellen, denn er ist, wie gesagt, ein sehr disziplinierter Kiffer und da seien die Geschmackssinne „nicht mehr so wach", erklärte er. Ich bemerkte auch keinen Eigengeschmack, aber dafür spürte ich einen starken Effekt. Meine Beine wurden weich und mein Mund trocken. Wir beide konnten jedoch nicht sagen, in welche Richtung der Trip geht. Dazu muss man sagen, dass wir in einer außergewöhnlichen Kiff-Situation waren: Wir waren auf einer Mission. Unser High durfte uns nicht plätten. Außerdem hatten wir die Aussicht darauf, den ganzen Abend so viel zu kiffen, wie wir konnten.

Der Experte, den ich im Nachhinein konsultierte, konnte an dem Gras auch nicht viel aussetzen. Es enthielt keine Additiva, aber der Bud war dafür sehr braun, was auf Outdoor Grow schließen lässt. Vielleicht war er auch im Glasbehälter gereift oder vom unteren Teil einer schlecht beleuchteten Cannabispflanze gepflückt worden. Am enttäuschendsten war jedoch das spärlich Glitzern von Cannabinoiden auf der Blüte. Es war also unspektakuläres Gras. Bilanz: kein Superweed.

2 und 3 Schottenring Flex

Danach fuhren wir zum bekanntesten Spot, an dem so ziemlich jeder in Wien mal für einen mickrigen Zehner Abend-Weed geholt hat: zum Schottenring. Im Flex hielten wir inne und tranken ein Bier, während wir feinsäuberlich das Gras analysierten. Der Geruch war ebenfalls leicht zitronig, aber im Grinder hat es schon so gut wie nix mehr hergemacht. Der Geschmack war auch nicht besonders, nur leicht würzig im Vergleich zur Josefstädter Straße. Wir hatten sogar zwei Proben gekauft, was nicht einfach war, weil uns unsere Verkäufer für Zivilpolizisten hielten. Ich glaube, das lag an der Lederjacke von meinem Freund, die stark an eine pseudo-legere, insgeheim stramme Freizeit-Polizisten-Jacke erinnerte.

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Wir trafen einen weiteren Freund und Langzeit-Stoner, der unsere Joints zu tabaklastig, den Kurs ziemlich scheiße und den Trip ermüdend fand. Das Gras roch wie verbranntes Heu und kratzte im Hals. Die Erklärung dafür ist, dass das Gebrösel zwar ungestreckt, aber dafür schlecht produziertes Indoor- oder sonnenverbranntes Outdoor-Weed war.

4. Schwedenplatz

Wir rundeten den Abend mit exquisitem, selbst angebautem Pott ab und hörten dabei Gabber. Dann aßen wir einen sehr wohlschmeckenden Austrian Hotdog am Schottenring. Auf dem Weg zum Schwedenplatz fragte uns ein vorbeilaufender Typ, ob wir ihm Gras abkaufen wollten. Das haben wir natürlich, besonnen auf unseren Forschungsauftrag, getan und den schlechtesten Kurs aller Zeiten bekommen. Dafür stellte sich bei der Prüfung heraus, dass dieser arschteure Bud mit Abstand der Schönste von unseren Proben war. Das helle Grün ließ meinen Experten die Abstammung von einer buschigen, wohlgenährten Indoor-Pflanze vermuten. Beim Abbrenntest sagte er, dass er dieses Gras sogar selber rauchen würde.

Als ich das Gras vor dem Naturhistorischen Museum mit zwei Freunden probierte, erwartete ich mir nicht viel. Den Geschmack beschrieb ein Freund als „holzig", eine russischsprachige Freundin als „smooth". Der Effekt war zunächst harmlos: beruhigend, langsam zu einem High-Gefühl stoßend, sagte er—was auch immer das heißen soll. Aber nach zirka einer halben Stunde hat uns das Schwedenplatz-Gras ein sehr schönes, aktives Stoned-Gefühl beschert. Es hat mich ans Besoffensein erinnert. Wir haben uns im Supermark mit Chips, Eis und Bananenmilch eingedeckt und sind dann ins Filmmuseum, um Eraserhead zu schauen, was echt scheiße war, weil ich mich für die noble Stimmung des Publikums nicht mehr genug unter Kontrolle hatte. Ich habe die Hälfte des Films an meine Chips gedacht, die ich im Filmmuseum nicht essen durfte. Erbärmlich, ich weiß, aber der Film gefiel mir trotzdem.

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5. Schwarze Katze

Die schwarze Katze und das Fluc suchte ich mit einer langjährigen Freundin auf—wir haben schon sehr viel zusammen gekifft und sind triptechnisch ein eingespieltes Team. Die schwarze Katze kennt wahrscheinlich jeder, deshalb lasse ich die Details außen vor. Wir wurden fündig und ich konnte mich in dem Laden nicht entspannen, weil ich dachte, dass jeden Moment eine Razzia passiert und mir ein sehr großer Batzen Pfefferminztabak abgenommen wird. Deshalb zogen wir uns in den Prater zurück und rauchten mit Blick aufs Karussell eine großzügig bestreute Tüte.

Der Geschmack erinnerte an Gartenkräuter und wir beide mussten mehrmals husten. Zunächst merkten wir vom Effekt gar nichts. Was sehr gut zu dem Kratzen in der Kehle passte, denn das war mit Abstand der schlechteste Outdoor-Bud von allen. Bei der Analyse fanden wir drei scheiß Samen, also war das nicht einmal eine rein weibliche Pflanze, sondern eine Zwitterpflanze, von der wir die dunkel-gräuliche Blüte rauchten. Beim Abbrennen roch das Gras nach Holzkohle.

Trotz miserabler Qualität hat uns das Gras einen paar lange Lachflashs und einen super erhellenden und erschreckenden Trip im Fluc geschenkt, zu dem wir gleich danach aufgebrochen sind.

6. Fluc

Wir kämpften uns zunächst durch eine gelangweilte Masse von weißen Allerweltsgesichtern im Café, um dann den Raum zu betreten, der allein von schwarzen Dealern bevölkert. Wir fühlten uns beide sehr an Apartheid-Zeiten erinnert. Während weiße Wohlstandskinder im Club feiern, verdienen Migranten und Flüchtlinge ihr Geld in einem von unserer Gesellschaft verachteten Business.

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Das Gras war besser als das aus der schwarzen Katze. Es war grüner, aber hatte einen sehr schwachen Geruch. Es hätte der untere Bud einer Pflanze sein können, die eigentlich für den Heimgebrauch abgeerntet wird. Mein Experte sagte, sie könnte aus Tschechien stammen.

7. Café ohne Namen am Westbahnhof

(Von dieser Probe gibt es leider kein Foto.)

Kommen wir zur letzten Station am Westbahnhof: Das namenlose Café ist eine Bar mit Wutzler, Fußballübertragung, DJ, Sofas, günstigem Bier, manchmal Dealern und jeder Menge Junkies. Zwei Freunde und ich haben uns dort erst mal friedlich hinsetzen müssen, weil man das so macht, wie uns ein Bäche schwitzender Typ mit einem Fahrradhelm auf dem Kopf erklärte.

Wir tranken also ein Bier und wurden dann von allen Seiten von Typen bedrängt, von denen einige so aussahen, als wären sie Meth abhängig. Der Typ mit dem Fahrradhelm hatte Vertrauen zu uns gefasst und gab ein Dada-Gedicht nach dem anderen zum Besten. Meine Lieblingsstelle war ungefähr: „Putin fährt Limousinen auf der Krim und jetzt, weißt du was (freudestrahlend)? Ich weiß, dass in Saudi-Arabien Frauen Auto fahren."

Das Weed verkostete ich viel später mit einem Freund, als wir schon sehr besoffen waren. Ich habe fast alles in einen Joint gestreut und war danach völlig dicht. Ich weiß, dass es ein sehr angenehmes Gefühl war, aber ich konnte nichts mehr tun, außer glückselig auf dem Schoß einer Freundin sitzen. Das Gras war dem am Schwedenplatz sehr ähnlich. Es wurde wahrscheinlich beim Transport gepresst. Soweit wir das erkennen konnten, war es in keinster Weise gestreckt.

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Fazit

Das Fazit kommt in der Form eines klassischen Rankings von streckmittelfreien, teuren Straßenweeds, wobei Platz 1 vertrauensvoll angebautem Gras in sehr wenig nachsteht:

1. Schwedenplatz, Café ohne Namen am Westbahnhof

2. Fluc

3. Josefstädter Straße

4. beide Schottenringproben

5. Schwarze Katze (igitt)