Ich habe versucht, wie Dan Bilzerian zu leben, und wurde mir dabei seiner Probleme bewusst

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Ich habe versucht, wie Dan Bilzerian zu leben, und wurde mir dabei seiner Probleme bewusst

Der amerikanische Instagram-Star scheint den ganzen Tag lang nur Party zu machen sowie mit Frauen und Waffen in Privatjets durch die Gegend zu fliegen. Ich wollte herausfinden, ob dieser Lifestyle wirklich glücklich macht.

Dan ist die bärtige Maschine, ich bin der Typ rechts | Foto: Ben Thomson

Dan Bilzerian verkörpert das, was sich 13-jährige Jungs unter dem Erwachsenendasein vorstellen: Der amerikanische Profi-Pokerspieler wurde auf Instagram berühmt, weil er sowohl viel Kohle als auch einen mächtigen Bart besitzt. Dazu scheint er den ganzen Tag lang nur mit Waffen rumzuballern, Party zu machen, in Privatjets durch die Gegend zu fliegen sowie ständig unkomplizierten Sex mit unzähligen Frauen zu haben.

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Dan Bilzerian ist jedoch weniger Mensch und mehr eine Art ständige Werbung für das Junggesellendasein. Er ist das Aushängeschild dafür, wie das Leben aussehen würde, wenn man als Mann keine Angst mehr hätte und das Trainieren anfangen würde. In der echten Welt gibt es Probleme wie Bankrotte, Geheimratsecken und Selbstreflexion, aber Dan lebt nicht in der echten Welt. Dan hat stattdessen 16,9 Millionen Follower, die seine Hyperexistenz mithilfe von Smartphones verfolgen können und dabei sowohl Faszination als auch ein wenig Traurigkeit verspüren—denn wenn wir ehrlich sind, sieht unser Leben mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so aus.

Mich betrübt das Ganze schon ein wenig. In Bezug auf Lifestyle-Helden für weiße Single-Männer gibt es nämlich quasi nur eine Option: Dan Bilzerian. Wenn ich nachts alleine nach Hause komme, die Wohnung im Dunklen liegt und ich feststellen muss, dass meine Katze das Katzenklo verwüstet hat, dann gibt es keine männliche Version von Bridget Jones oder Carrie Bradshaw, die mich denken lässt: "Ach na ja, alles nicht so schlimm, ich habe ja immer noch meine Freunde und eine Schachtel Pralinen." Nein, mir bleibt dann nur Dan Bilzerian und dessen übertriebenes Leben. Und obwohl Dan wahrscheinlich ein ziemliches Arschloch ist und seine Fotos alle gestellt sind, lässt er in mir dennoch den Gedanken aufkommen, dass ich wohl glücklich wäre, wenn ich nur so leben könnte wie er.

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Und genau deswegen habe ich mich dazu entschieden, wie Dan Bilzerian zu leben.

Montag

Dan Bilzerian trägt Cargohosen und ich habe keine Ahnung, wieso. Selbst abenteuerlustige Wanderer tragen keine Cargohosen mehr. Und trotzdem habe ich im Walmart-Verschnitt um die Ecke acht verschiedene Varianten gefunden. Ein gewisser Bedarf muss ja also noch immer bestehen.

Mein Plan sah folgendermaßen aus: Fünf Tage lang würde ich eine Paleo-Ernährung durchziehen, ausschließlich Protein-Shakes trinken und dazu noch einige Fotoshootings im Dan-Bilzerian-Stil durchführen. Außerdem wollte ich pokern, viel trainieren und die gleichen Klamotten wie der Lebemann tragen. Deshalb legte ich mir auch direkt ein paar Cargohosen zu.

Aber auch Proteinpulver musste sein. Ich halte das Ganze zwar für Abzocke und wenn ich das Zeug bei dir im Küchenregal finde, dann finde ich dich ziemlich peinlich, aber für Dan sah ich mich einfach in der Pflicht, über meinen Schatten zu springen. Die vor mir liegende Woche sollte ja schließlich anders sein. Ich wollte meine eigentlichen Instinkte ignorieren und mich in den Momenten des Zweifels lieber fragen, was Dan in dieser Situation wohl machen würde. Und Dan schlägt beim Proteinpulver natürlich sofort zu und trinkt das Wundermittel, als ob es kein Morgen gäbe.

Dann ging es weiter ins Casino. Ich hatte mich vorher im Internet darüber informiert, wie Poker überhaupt funktioniert, und dabei feststellen müssen, dass das Ganze ziemlich langweilig und kompliziert ist. Im Grunde geht es doch eigentlich nur um gleiche Karten—gleiche Nummern, gleiche Farben und gleiche Bilder bedeuten Kohle.

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Ich muss hier wohl kaum erwähnen, dass ich keine Ahnung hatte, was ich da eigentlich machte. Genau dieser Umstand schien meine Mitspieler allerdings auch zur Weißglut zu treiben. Jeder hielt ständig kurz inne, stieß einen lauten Seufzer aus und schaute dann, ob ich noch mehr Chips in die Tischmitte geschoben hatte. Mir wurde klar, dass Poker ungefähr so ist wie damals in der Schule, als man krampfhaft versucht hat, nicht aufzufallen und auf die Mütze zu bekommen. Niemand lächelte, niemand machte den Eindruck, geduscht zu haben, und ich konnte nicht aufhören, das wirre Muster des orangen Teppichs anzustarren. Schließlich verlor ich auch noch meine letzten Chips und ging nach Hause.

Dienstag

Ich begann den Tag mit einem Ausflug ins Fitnessstudio. Ich bin dort Mitglied, weil ich gerne Sachen stemme und dabei denke "ICH HEBE EUCH GERADE HOCH". Außerdem gibt es da noch diese eine junge Frau, die hinter der Empfangstheke arbeitet und mich sogar mit meinem Namen grüßt.

Nach meinem Workout gönnte ich mir dann einen Protein-Shake. Und der schmeckte nicht mal gut. Ich würde hier sogar behaupten, dass das Ganze staubtrocken und gleichzeitig richtig feucht war. Ungefähr so wie Cranberry-Saft.

Am Abend stand dann ein Besuch im Stripclub auf dem Programm. Du fragst dich jetzt vielleicht, wie ich als armer Schlucker den ganzen Millionärskram durchziehen konnte, den Dan tagein tagaus macht. Nun, Dan kauft sich das Zeug mit Geld, ich finanzierte mir das alles durch Hyperlinks. So rief ich bei Bar 20, also Melbournes bestem Stripclub, an und fragte, ob dort ein paar Lapdance-Runden aufs Haus gehen würden, wenn ich den Laden hier in diesem Artikel erwähne. Sie sagten ja.

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Schließlich kam es zu diesem Lapdance-Menschenhaufen-Hybrid. Mein pubertierendes Ich jauchzte fröhlich vor sich hin, der Rest von mir war jedoch eher damit beschäftigt, wie mein Freund die Fotos schießen würde. Ich wollte ja schließlich, dass alles perfekt aussieht. Allerdings befand ich mich mitten im Haufen und war deshalb auch anderweitig beschäftigt.

Dieser Augenblick war auch der Moment, in dem ich mich Dan am nächsten fühlte. Das liegt daran, dass Dans Instagram-Feed zwar wie ein Auszug aus seinem täglichen Leben anmutet, das Ganze in Wahrheit jedoch unglaublich viel Planung voraussetzt. Diese ganzen Frauen hängen nicht mit dem Millionär ab, weil er so gut im Bett ist, sondern weil sie fürs Posieren bezahlt werden. Was oft vergessen wird, ist die Tatsache, dass man als Instagram-Promi auch einen gewisse Erfindungsgabe besitzen muss—für mich bedeutete das den Konsum einer Champagner-Protein-Shake-Mischung sowie die Sorge, dass ich den den ISO-Wert für den Blitz zu hoch eingestellt hatte.

Mittwoch

Am Mittwoch gönnte ich mir dann einen Privatjet. Mein Ziel: nirgendwohin. Der Grund dafür bestand darin, dass Dan wirklich einen Privatjet besitzt, ich mir jedoch einen leihen musste, der eigentlich einem Unternehmen namens Airly gehört. Und da es sich hier nur um ein Fotoshooting handelte, blieb die Maschine auch auf dem Rollfeld stehen.

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Eigentlich hatte ich ausgemacht, dass ein paar der Stripperinnen mitkommen würden, aber das Shooting fand um 10 Uhr morgens statt und keine der Frauen tauchte auf. Es gab einen kurzen Moment der Verzweiflung, in dem ich dachte, das Flugzeug alleine besteigen zu müssen, aber dann kam doch noch alles anders.

Das ist Julia. Da ich sie gut kenne, war es OK und kein Stress, sie darum zu bitten, sich schick anzuziehen und mir Champagner zu servieren.

Das rechts ist Mariam. Sie schreibt für uns und deshalb war es ein bisschen komisch, sie um ihre Hilfe zu bitten. Klar, es handelte sich hier um ein Fotoshooting und nicht um eine Orgie, aber Dan schmückt seine Bilder ja aus relativ einfachen und stumpfsinnigen Gründen mit Frauen aus—und diese Gründe lassen sich nicht wirklich mit Mariams Arbeitsvertrag vereinbaren. Sie verhielt sich jedoch wie ein Profi und wandte ihre Augen kein einziges Mal von ihrem Smartphone-Bildschirm ab.

Das bin ich als Dan Bilzerian nach einem anstrengenden, aber sexy Wochenende in Las Vegas während des dreiminütigen Rückflugs nach Los Angeles. Im Gepäck: zehn Millionen Dollar und eine neue Waffe.

Das bin ich als Julian, der die Toilette eines Privatjets benutzt, weil er vorgibt Dan Bilzerian zu sein und weil Protein-Shakes ziemliche Arschlöcher sind.

Donnerstag

Ich musste mir ein neues Proteinpulver besorgen. Man könnte zwar davon ausgehen, dass "Nature's Way" und Proteinpulver nicht gerade Hand in Hand gehen, aber dem ist wohl nicht so.

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Wir machten uns daran, ein bisschen rumzuballern, und dabei wurde mir vor allem eine Sache klar: Waffen sind eigentlich ziemlich beschissen. Mehr habe ich bei dieser Übung eigentlich nicht wirklich gelernt. Sie sind gefährlich und laut. Auf was man damit auch schießt, es geht kaputt und zerspringt in Tausend Teile—selbst eine Zielscheibe aus Papier. Dan ballert viel mit Waffen herum und ich freute mich eigentlich darauf, es ihm gleichzutun, aber anscheinend ist das doch nicht so mein Ding. Ich bin in Australien aufgewachsen, also in einem ruhigen und harmlosen Land. Hier gibt es zwar nicht so viele coole Sachen, aber uns erscheint es doch ziemlich dumm, die Grundlage für Amokläufe zu liefern, damit sich die Leute vor Amokläufen schützen können. Also halte ich mich von Waffen lieber fern.

Das andere Problem beim Abfeuern einer Waffe ist, dass sich das Ganze so ähnlich anfühlt wie früher das Nachspielen der Power Rangers. Dan Bilzerian schlägt aber im Grunde in eine ähnliche psychologische Kerbe: Der Millionär ist irgendwann um 2013 herum zum großen Ding geworden und etwa zur gleichen Zeit war in der Werbebrache das Bild des "ultimativen Manns" unglaublich angesagt. Vielleicht erinnert ihr euch noch an diese Phase mit Ausdrücken wie etwa "Männergrippe" oder "Männerhöhle" sowie unzähligen Produkten (Sportdrinks, Kondome, Dosenchili und so weiter), die alle in "Männergrößen" daherkamen. Dazu gesellten sich dann noch geschätzte 25.000 Bierwerbungen, die sich alle an richtig männlichen Klischees bedienten. Dan Bilzerian passte da als ultimativer Mann natürlich genau ins Schema, aber drei Jahre später wirkt diese ganze Kiste doch etwas ausgelutscht. OK, Waffen. Echt cool.

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Freitag

An meinem letzten Tag peppte ich meinen Protein-Shake mit ordentlich Wodka auf. Drauf geschissen!

Schließlich brachte ich noch eine Ziege mit ins Büro, weil Dan auch etwas für Ziegen übrig hat. Wenn man sich durch seinen Instagram-Account scrollt, dann findet man unzählige Fotos, auf denen der Lebemann mit einer Ziege namens Zeus abhängt. Die beiden schauen dabei zusammen fern oder genießen im Beisein einiger Stripperinnen auf irgendeiner Dachterrasse ein BBQ. Dan hat eines seiner Autos sogar mit einem riesigen Abziehbild von Zeus versehen lassen. Dan scheint eine Art Obsession zu haben.

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Und so hingen wir ab und ich versuchte, währenddessen zu arbeiten. Die Ziege heißt Two Stroke und sie wollte eigentlich die ganze Zeit nur essen. Als ich in die länglich geformten Pupillen des Tieres blickte, konnte ich vor allem Hunger und eine gewisse Leere sehen. Vielleicht handelt es sich dabei einfach nur um den Rand eines tiefen und wunderschönen Abgrunds.

Hier gibt es aber vielleicht auch einige Parallelen zu Dan, denn auch ihm scheint nur eine Sache wichtig zu sein—und diese Sache ist Macht. Dan bezahlt Frauen für seine Fotos, Dan trainiert für seine Fotos und Dan benutzt die Waffen für seine Fotos. Mit seinen Fotos will Dan schließlich neue Follower anlocken und mehr Follower bedeuten mehr Macht.

Dan Bilzerian treibt die niemals endende Suche nach mehr auf die Spitze. Alles, was er macht, ist massiv, bombastisch sowie mit einer Schicht Kokain und heißen Frauen überzogen. Er stellt so etwas wie die fleischgewordenen USA dar und ich als Typ, der einfach nur ein paar gute Kumpels haben und ab und an mal campen gehen will, kann da natürlich nur schwer mithalten.

Nachdem ich eine Woche lang wir der Instagram-Promi gelebt hatte, wurde mir klar, dass dessen Dasein gar nicht mal so cool ist. Für mich fühlt sich das Leben einfach nur wie das Leben an. Dabei ist es egal, was ich tue. Klar, Privatjets sind schon ganz lässig, aber im Grunde handelt es sich dabei nur um eine Hülle mit Flügeln. Und ja, es hat sich auch ziemlich gut angefühlt, unter einem kleinen Haufen Stripperinnen begraben zu sein, aber letztendlich sind das auch nur Menschen. Irgendwie hatte ich bei der ganzen Sache oft das Gefühl, wie ein Tourist durch eine Großstadt gescheucht zu werden—so nach dem Motto "Alles klar, das ist eine alte Kirche. Was geht sonst noch so?"

Für Dan besteht jedoch nicht die Möglichkeit, einfach auszusteigen. Sein ganzer Ruhm basiert schließlich auf Instagram und somit ist er in diesem großen, bedeutungslosen, anstrengenden und für immer unbefriedigenden Hamsterrad gefangen. Nach einer langen Woche ist es mir nun endlich möglich, an Dan Bilzerians Geld und Möglichkeiten vorbeizuschauen und meinen Blick direkt auf die Ziege im Hintergrund zu richten. Zeus weiß nämlich, dass es sowieso nichts Besseres gibt als Essen.