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Rechtsextremismus

Eine ÖH-Funktionärin hat einen Drohbrief von Rechten bekommen

"Wenn ihr weiterhin eure Spielchen treiben wollt, solltet ihr euch überlegen, mit wem. Wir wissen alles von dir, Bussi."

Kuvert des Drohbriefs | Foto mit freundlicher Genehmigung der Betroffenen

Eine Funktionärin der ÖH Uni Wien, die anonym bleiben möchte, hat vergangene Woche einen Drohbrief von mutmaßlichen Rechten bekommen. Laut einer Aussendung der ÖH soll er von der rechtsextremen Gruppierung "Unwiderstehlich" stammen, einem losen Zusammenhang von Personen aus dem rechten Lager und Hooligans von Austria Wien, Rapid Wien und dem LASK. Auch Akteure aus dem Umfeld des Neonazis Gottfried Küssel sollen laut ÖH der Gruppe angehören, die auch hinter den Angriffen auf den linken Kulturverein W23 stecken könnte. "Unwiderstehlich" selbst deutet in einem Tweet allerdings eine Distanzierung von dem Drohbrief an.

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"Der Brief wurde bereits am 6. Februar aufgegeben, zumindest ist der Poststempel von diesem Tag", erzählt die Betroffene gegenüber VICE, die uns bereits letzte Woche – also deutlich bevor "Unwiderstehlich" ihren Twitter-Account eröffneten – kontaktiert hatte. "Weil der Drohbrief aber an meine Arbeitsstelle geschickt wurde, bei der ich nur zwei Tage die Woche dort bin, hab ich ihn jetzt erst bekommen."

In dem Brief heißt es in Anspielung auf den Twitter-Namen der Aktivistin wörtlich: "Hallo Katze. Wenn ihr weiterhin eure Spielchen treiben wollt, solltet ihr euch überlegen, mit wem. Sonst könnte es ganz schnell unwiderstehlich … unangenehm werden. Wir wissen alles von dir, Bussi."

Foto vom Drohbrief | Foto mit freundlicher Genehmigung der Betroffenen

"Ich nehme den Drohbrief natürlich ernst", erklärt die Betroffene gegenüber VICE. "Meine antifaschistische Arbeit werde ich deshalb allerdings nicht einschränken, denn genau darauf zielen solche Einschüchterungsversuche ab. Sie sollen Angst machen, uns beschäftigen und von unserem Aktivismus abhalten." Solche Aktionen würden einem die Notwendigkeit antifaschistischen Selbstschutzes und Aufklärungsarbeit nur wieder deutlich vor Augen führen. "Angesichts einer gesellschaftlichen Stimmung, in der rassistische Hetze an der Tagesordnung steht, die FPÖ einen Erfolg nach dem anderen feiert und organisierte Rechtsextreme mediale Bühnen geboten werden, steigt natürlich auch das Selbstbewusstsein militanter Neonazis", so die Aktivistin.

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"Der Drohbrief fügt sich ein in eine ganze Reihe von Angriffen auf linke Räume, rechtsextreme Schmierereien und körperliche Gewalt, die in letzter Zeit vermehrt verübt worden sind", sagt auch Elisabeth Weissensteiner von der linken Studienvertretung KSV-Lili.

Solidarität erhält die Betroffene außerdem von der GRAS-Aktivistin Karin Stanger: "Wir nehmen die Bedrohung durch rechtsextreme Umtriebe und deren steigende Gewaltbereitschaft sehr ernst. Unsere Antwort ist die Weiterführung der antifaschistischen Arbeit auf allen Ebenen. Einschüchtern lassen wir uns von den Neonazis nicht."

Zu dem Vorfall gibt es laut der betroffenen Aktivistin eine Meldung an den Verfassungsschutz. Von einer klassischen Anzeige habe sie jedoch abgesehen, weil die Polizei das letzte Mal, nachdem sie eine Körperverletzung angezeigt hatte, ihre Adresse an die Täter weitergegeben habe. Einen Umstand, den auch Alina Bachmayr-Heyda vom Vorsitzteam der ÖH Uni Wien kritisiert: "Wie wir in der Vergangenheit mehrfach erfahren mussten, verlaufen Anzeigen bei der Polizei häufig ins Leere. So wurden nach dem Angriff der rechtsextremen Identitären auf die Theateraufführung Schutzbefohlene mehrere Körperverletzungen zur Anzeige gebracht. Diese scheinen bisher aber nicht weiter verfolgt worden zu sein."

Interessant ist, dass der Drohbrief ausgerechnet nach einer Kampagne des RFS kommt, die sich gegen eine "linksextreme ÖH" und Linksextremismus im Allgemeinen richtete. So wurde die jetzt betroffene Aktivistin auf der Facebook-Seite der Kampagne "Stoppt den Wahnsinn" mehrfach ins linksextreme Eck gestellt und ihr vorgeworfen, sie fände "vermummte und bewaffnete Linksextremisten lobenswert". Der Beitrag wurde auch vom RFS Wien und der Gruppe "Unwiderstehlich Wien" geteilt.

Paul auf Twitter: @gewitterland

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