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Die rechte Facebook-Welt von Transdanubien

Wir haben uns Facebook-Gruppen wie "Ich lebe auf der richtigen Seite der Donau (21, 22 Bezirk) Spezial" genauer angeschaut.

Titelfoto: Reza.Hosseini | flickr | CC BY 2.0

Für die meisten Bewohner Wiens ist "Transdanubien" nicht viel mehr als das Schwimmbecken von Wien: Im Sommer zieht es einen auf die Donauinsel oder nach Kaisermühlen, im Winter vielleicht ins Donaustädter Bad oder ins Floridsdorfer Hallenbad. Tatsächlich unterwegs in den beiden Bezirken über der Donau waren bisher aber wahrscheinlich die wenigsten von euch.

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Und trotzdem wissen die meisten Wienerinnen und Wiener sehr genau, dass sie dort auf keinen Fall leben wollen. Unter einer Umfrage der Tageszeitung Standard zur Lebensqualität in Floridsdorf, kommentierten User zum Beispiel: "Kultur schwimmt nicht, deshalb ist die Donau die Grenze", "Lebe sehr gerne – nicht dort", oder: "Natürlich kann man in Floridsdorf leben. Aber man muss ja nicht".

Es gibt aber durchaus auch differenziertere Kommentare, die wahrscheinlich auch der Wahrheit über Transdanubien ein bisschen näher kommen: "Floridsdorf ist ein Spiegel der Wirklichkeit, die halt nicht immer schön ist und viele Facetten hat", schreibt da zum Beispiel ein User.

Wie viele Facetten die Wirklichkeit in Floridsdorf und der Donaustadt tatsächlich hat, zeigt sich aber am besten in den verschiedenen Facebook-Gruppen, denen allen eines gemeinsam ist: Alle tragen die Aussage "Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau" im Namen.

Vielleicht reicht es den anderen Mitgliedern aber auch zirka einmal pro Woche Memes mit Sprüchen wie "Vaginas sind wie das Wetter – wird's feucht, musst du rein!!" zu lesen.

Während in den meisten Gruppen hauptsächlich Nettigkeiten ausgetauscht werden, man sich gute (Tier-)Ärzte empfiehlt, Einladungen zu Ü29-Partys kursieren und viele Fotos von der Donaucity geteilt werden, gibt es eine Gruppe, die sich von allen anderen radikal unterscheidet – sowohl in Sprache als auch Inhalt.

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Klickt man sich durch die Gruppe Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21, 22 Bezirk) Spezial, kommt einem Transdanubien wie ein sehr großer Stammtisch vor, bei dem die kürzlich von der FPÖ ausgesprochene 0,5-Promille-Facebook-Regel noch nicht angekommen ist.

Der einzige Unterschied zum großen Stammtisch: In Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21, 22 Bezirk) Spezial tritt Gruppengründer Pierre P. im Grunde als Alleinunterhalter auf. Zwar liken im Durchschnitt 3 bis 4 der insgesamt 499 Mitglieder der Gruppe seine geistigen Ergüsse, die Posts von anderen Mitgliedern sind aber eher rar.

Vielleicht reicht es den anderen Mitgliedern aber auch, zirka einmal pro Woche Memes mit Sprüchen wie "Du musst immer in beide Löcher spritzen – Der richtige Umgang mit Nasenspray ist so wichtig", "So, jetzt masturbiert jeder noch einmal und dann geht's ab ins Bett", "Vaginas sind wie das Wetter – wird's feucht, musst du rein!!" oder "Des anzige Geschenk wos i brauch, is a Fut und a Voirausch" zu lesen.

Ein Meme in der Gruppe, dass Pierre P. gepostet hat. Foto: Screenshot via Facebook

Neben Muschis und Bier gibt es aber noch ein drittes Thema, das Pierre und die Mitglieder seiner Gruppe brennend interessiert: Der "Asylant" und seine Lobbyisten. Egal ob in der Form von Memes, Witzen, oder "Diskussionen" über Flüchtlingsheime – Refugees sind ein Thema, das die meisten in der Gruppe negativ erregt.

Gegenseite Bestärkung in der eigenen Ausländerfeindlichkeit finden die Gruppenmitglieder dann in Losungen wie "Jedes Asylheim ist ein Verbrechen gegen unsere Obdachlosen!" oder "Ich sage es laut, klar und besonnen: Flüchtlinge und Moslems nicht willkommen". Außerdem kommt es schon mal vor, dass Pierre das Foto einer jungen Frau postet, die das Gesicht voller Sperma hat, unter dem zu lesen steht: "Ich bin Mandy – Ich wollte Mettbrötchen an Flüchtlinge verteilen".

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Man könnte diese Facebook-Gruppe als einen von vielen widerlichen Auswüchsen des Internets schnell wieder vergessen – wäre da nicht jenes Posting, bei dem klar wird, dass mittlerweile auch die FPÖ auf diese Gruppe aufmerksam geworden ist.

Konkret postete im Jänner 2016 der FPÖ-Bezirksrat Robert Podany in der Gruppe einen Beitrag der Bürgerinitiative Donaustadt lebenswert, die zu einer Versammlung zum Thema "Flüchtlingsheime in der Nähe von Schulen und Kindergärten" in die Kantine des FC Hellas Kagran einlud – jenem Fußballverein, dessen Präsident Martin Graf ist.

Dass Podany die Einladung zu der Veranstaltung auch in der Gruppe Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21, 22 Bezirk) Spezial teilte, ist ein Indiz dafür, wie hier die ausländerfeindliche Stimmung der Gruppe auch offline genutzt wird und ihre Mitglieder gezielt auf Diskussionsveranstaltungen über Flüchtlingsunterkünfte "hingewiesen" werden sollen.

Dass in Transdanubien aber nicht alle die Positionen der FPÖ und ihrer Anhänger wie Pierre P. teilen, zeigen die anderen Facebook-Gruppen, die es zu Floridsdorf und der Donaustadt gibt. So verweist zum Beispiel die Gruppe Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21, 22 Bezirk) ohne Rassismus schon im Namen auf ein klar gegenteiliges Programm.

Was aber wohl alle diese Gruppen sehr gut illustrieren, ist, dass es sich auf der anderen Seite der Donau auch nicht viel anders lebt als im Rest von Wien: Die einen versuchen, Probleme gemeinsam zu lösen und sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Und dann gibt es da noch die anderen, die lieber verbalaggressiv ihren Frust auf andere lenken, über das "Drecksgsindl" und die Diktatur der "United States of Europa" schimpfen und zumindest in ihrem Bezirk für die Wiedereinführung der Todesstrafe plädieren. Und genau wie überall sonst, in Wien und darüber hinaus, wird so jeder vernünftige Dialog verhindert.

Paul auf Twitter: @gewitterland

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