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Popkultur

Warum Van der Bellen sagt, dass bald alle Österreicherinnen Kopftuch tragen werden

Ein Zitat des Bundespräsidenten sorgt im Internet für Aufruhr. Dass es völlig aus dem Kontext gerissen wurde, interessiert seine Gegner nur wenig.
Foto: Parlamentsdirektion | Johannes Zinner

Seit Dienstag sorgt ein Zitat von Bundespräsident Alexander van der Bellen für Aufsehen in den sozialen Medien, das er bei einem Auftritt im Haus der Europäischen Union in Wien getätigt hat. Konkret geht es um die Aussage: "Es wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen", die nun vor allem vom anderen Ende des politischen Spektrums aus dem Kontext gerissen und stark vereinfacht verbreitet wird.

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So zum Beispiel von FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache, der auf seiner Facebook-Seite schreibt: "Bedenklich!!! Das sind die Ideen von unserem österreichischen Bundespräsidenten…" Auf der Facebook-Page der FPÖ können die User währenddessen abstimmen, wie schlimm sie den Sager von Van der Bellen finden: Schlimm oder doch eher skandalös.

Dass seine Aussage lediglich ein in gewohnt trockener Art vorgetragener, überspitzter Kommentar zur Kopftuch- und Kreuzdebatte ist, bleibt dabei unerwähnt. Er bezieht sich auf die versteckte Islamophobie, die durch das so oft geforderte Koptfuchverbot zum Ausdruck kommt – und auf die Doppelmoral in Hinblick auf andere religiöse Symbole. Was Van der Bellen meint, ist vielmehr: Wenn es so weiter ginge, müssten sich bald alle Frauen mit Kopftuchträgerinnen solidarisieren.

Aber lest am besten einfach selbst. Hier Van der Bellens Äußerung im Wortlaut:

Ich persönlich sehe nur ganz wenige Situationen, wo es problematisch sein könnte, ein religiöses Symbol zu tragen. Eine Situation könnte sein: Eine Richterin oder ein Richter. Das trifft aber dann für alle religiösen Symbole zu, da muss ich dann auch das Kreuz am Hals verbieten, wenn das als Problem gesehen wird, oder den Davidstern, oder was auch immer. Also bei bestimmten behördlichen Verfahren, wo die Neutralität des Betroffenen in Frage gestellt werden könnte, aufgrund einer deutlichen religiösen Zugehörigkeit, da kann man drüber reden. 

Überall sonst finde ich, ist es das Recht der Frau – tragen Männer auch Kopftücher? Nein. –, sich zu kleiden, wie auch immer sie möchte. Das ist meine Meinung dazu. Im übrigen können nicht nur muslimische Frauen, sondern jede Frau kann ein Kopftuch tragen. Und wenn das so weiter geht, und damit bin ich schon bei der nächsten Frage dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle.

Aus Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun. Das ist nicht so weit hergeholt. Wenn ich mich richtig erinnere, haben die Dänen während der deutschen Besatzung doch etwas Ähnliches gemacht und nicht-jüdische Dänen haben angefangen, den Davidstern zu tragen – als symbolische und tatsächliche Geste des Widerstandes gegen die Deportation von Juden damals.

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